Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Brandauer, der die Teilnehmer an den Fingern abgezählt hatte, sah mit unglücklichem Gesicht auf. »Damit sind wir aber dreizehn Leute. Das ist nicht gut. Das ist gar nicht gut! Da hab ich ein ungutes Gefühl, ein ganz ungutes Gefühl.«
Achim Schwätzer verdrehte die Augen. »Anglerlatein schön und gut – aber verschone uns bitte mit deinem Aberglauben, Bruno.«
»Mir wäre es wirklich lieber, die Frauen kämen nicht mit«, sagte Bruno Brandauer zögernd. »Dann wären wir elf. Irgendwie beruhigender, die Zahl, finde ich. Elf. Viel beruhigender.«
»Wie wäre es damit …« Wolfgang Schmidt sah seine Angelfreunde der Reihe nach an. »Wir essen doch abends ab und an im Restaurant Le Vent Fou – könnten wir die Frauen nicht in deren Ferienwohnungen unterbringen? Dann wären sie nicht bei uns im Lager und doch nur einen kurzen Spazierweg über den Staudamm von ihren Ehemännern entfernt. Und wenn ihr unbedingt wollt, kann Abel auch dort übernachten.«
Der Vorsitzende griff zum Telefon, verhandelte kurz mit dem Besitzer des Restaurants und verkündete dann mit fester Stimme: »Es sind nur noch zwei Studios frei, die gehen an Tatjana und Sissi. Ich schlage vor, dass Wolfgangs Schwager bei uns auf dem Zeltplatz schläft.«
Die Männer am Tisch nickten – bis auf Bruno Brandauer: »Dieser Beschluss und die Zahl Dreizehn … Männer, das werden wir noch bereuen.«
Kapitel 1
W as?« – »Das ist hoffentlich ein Scherz!« – »Wieso dat denn? Un wat is mit uns?« – »Das kann nicht dein Ernst sein!«, riefen alle durcheinander.
Pippa Bolle zog unwillkürlich den Kopf ein. Zwar hatte sie erwartet, dass ihre Familie, Freunde und Nachbarn nicht begeistert sein würden, aber mit dieser spontanen Empörung hatte sie nicht gerechnet.
Sie saß mit den anderen Bewohnern der Transvaalstraße 55 im Schatten der großen Kastanie ihres Berliner Hinterhofes an einer langen Kaffeetafel, an der es zwischen Befürwortern und Gegnern ihrer Zukunftspläne gerade zu tumultartigen Auseinandersetzungen kam. Pippa verfluchte sich selbst. Musste sie die frohe Botschaft ausgerechnet an einem der legendären Samstagstreffen der Hausgemeinschaft verkünden? Ihre Mutter Effie hatte diese Tradition vor vielen Jahren eingeführt, um im Haus ein echtes Miteinander zu schaffen. Pippa stöhnte innerlich. Sah ganz so aus, als würde ihr genau dieser unverbrüchliche Zusammenhalt diesmal das Leben schwermachen.
»Die Party im Hof ist bereits geplant«, erklärte Berti Bolle mit seiner ganzen hausmeisterlichen Autorität. »Daran gibt es nichts zu rütteln, liebe Tochter. Du wirst schließlich nur einmal im Leben vierzig. Alle sind seit Wochen dabei, den Tag zu organisieren.«
»Wir haben ein Festkomitee gebildet, um alle Vorschläge unter einen Hut zu bekommen«, warf Miriam ein. Die Schauspielschülerin aus der Wohngemeinschaft im 2. Stock wies auf ihre drei Kolleginnen. »Wir haben ein Stück über deine aufregenden Erlebnisse auf Schreberwerder und in Hideaway geschrieben! Es heißt: Sein oder tot sein – die Premiere soll an deinem Geburtstag stattfinden. Verdirb uns nicht den Spaß!«
Miriams Mitbewohnerin Annett sah sich suchend um. »Wir brauchen nur noch einen jugendlichen Liebhaber und eine dekorative Leiche.«
»Nehmt een von de Jungs als jujendliches Mordopfer, denn jeb ik dir den dekorativen Liebhaber. Janz jefleecht un akkurat. Vasprochen.« Ede Glasbrenner setzte sich mit seinen stattlichen siebzig Jahren in Positur. »Un Pippa, det will’ste doch jewisslich sehn, oda?«
Pippa öffnete den Mund, aber ihre Freundin Karin Wittig kam ihr zuvor. »Es sollte eine Überraschung sein, aber unter diesen Umständen … Und dann auch noch so weit weg! Montagne Noire. Die Schwarzen Berge. Wo ist das überhaupt? Wirklich, Pippa, du darfst diesen Tag nicht allein verbringen.«
»Genau.« Freddy Bolle nickte. »Ich sehe meine Schwester schon mutterseelenallein an einem Extratisch in einer schäbigen Brasserie. Zwischen Küchendurchreiche und Toilette. Unbeachtet. Und alle sprechen französisch!« Seine Stimme bekam einen panischen Unterton. »Willst du mich … dich etwa um unser Geburtstagsbüfett bringen? Alle aus dem Haus steuern etwas Leckeres bei. Ich erstelle gerade eine Wunschliste. Bei der Fülle der kulinarischen Angebote nicht einfach. Eigentlich müsste ich alles einmal probeessen, um ein echtes Ausschlussverfahren durchführen zu können.«
»Jetzt denkt doch nicht nur an euch selbst, sondern lasst
Weitere Kostenlose Bücher