Tote Fische beißen nicht: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (German Edition)
Rigolen anzubieten, um die Schwarzen Berge bekannter zu machen.«
»Du musst mich unbedingt auf eine dieser Wanderungen mitnehmen«, sagte Pippa mit leicht spöttischem Unterton, »damit ich Rigolen erkenne, wenn ich sie sehe.«
»Entschuldige, meine Begeisterung geht gerade mit mir durch.« Pia lachte. »Rigole sind kilometerlange künstliche Entwässerungsgräben, durch die das Wasser der Berge bis in die Stauseen geführt wird. Erst sie haben den Bau des Canal du Midi von Toulouse bis zum Mittelmeer erlaubt. Und der ist Weltkulturerbe und die älteste …«, Pia unterbrach sich selbst. »Ich halte schon wieder Vorträge. Am besten gehst du im Touristenbüro vorbei. Régine kann dir alles viel anschaulicher erklären.«
»Fährt ein Bus dorthin?« Pippas Interesse war geweckt.
»Pascal leiht dir ein Fahrrad, dann bist du unabhängig und nicht auf die seltenen Busse angewiesen. Besonders an Markttagen sind die rappelvoll.«
Pippa horchte auf. »Ich habe eine Schwäche für Märkte – und für das, was dort angeboten wird.«
»Revels Samstagsmarkt gilt als einer der besten. Dort bekommst du alles, was das Herz begeht.«
»In Knoblauchöl eingelegte Oliven und Ziegenkäse mit einhundert Prozent Fett? Baguette am laufenden Meter und Ströme von Cidre?«
Bei diesem Stichwort wanderten Pippas Gedanken zurück in den kleinen englischen Ort Hideaway, wo der selbstgekelterte Cider des Dorfwirtes ihr nicht nur das tägliche Glas Milch ersetzt, sondern auch durch aufregende Mordermittlungen geholfen hatte.
Pias Stimme weckte sie wieder aus ihren Erinnerungen.
»Hier wird eher Blanquette getrunken, ein spritziger Schaumwein, der dich innerlich von der Sommerhitze befreit – oder dagegen unempfindlich macht. Je nachdem, wie viel du davon trinkst.«
»Hör auf! Ich ahne jetzt schon, dass ich meinen Plan, bis zu meinem Geburtstag ein paar Pfund abzunehmen, vergessen kann.«
»Abnehmen? Dann hättest du dich in die kulinarische Einöde verkriechen müssen, aber nicht nach Chantilly-sur-Lac, wo sämtliche Straßen nach Knoblauchgerichten oder den dazu passenden Weinen benannt sind! Dort lebst du mitten in einer Speisenkarte!« Pia leckte sich die Lippen. »Ich liebe die französische Küche. Sie ist die beste der Welt …«
»Vorsicht«, gab Pippa zurück, »ich habe immerhin sieben Jahre in Italien gelebt – dort versteht man auch etwas von leckerem Essen. Da muss die französische Küche einiges auffahren, um mich zu überzeugen. Dann gibt es noch die deutsche Küche, die ich sehr schätze …«
»Du musst es wissen: Du bist halbe Engländerin, da ist man sicher besonders sensibilisiert.« Geschickt wich Pia einem freundschaftlichen Knuff ihrer Beifahrerin aus.
»Ich wünschte, ich hätte Freddys Statur«, sagte Pippa. »Er kann ungeheure Mengen verschlingen, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen. Eine Gemeinheit.«
»Da pfeif ich drauf. Mein persönliches Idol ist Marilyn Monroe, und ihre Figur kann man nur als saftig bezeichnen. Ihre Ausstrahlung übertrifft diese Twiggytypen um Längen.«
»Du wolltest sicher ›Breiten‹ sagen, gertenschlanke Pia Peschmann«, brummte Pippa.
Pia schüttelte lachend den Kopf. »Pascal wird von dir begeistert sein. Er liebt es, wenn einer Frau sein Essen schmeckt – und es wird dir schmecken!«
»Lass uns bitte das Thema wechseln, sonst halte ich es nicht mehr bis zum Mittagessen aus und zwinge dich, an der nächstbesten Raststätte rauszufahren …«
»Alles, was du willst«, sagte Pia. »Wenn du mir im Gegenzug erzählst, warum du keinen Moment gezögert hast, unser Haus zu hüten, obwohl dein Geburtstag ansteht. Warum sitzt du jetzt neben mir?«
»Es gab einige Gründe, deinen Vorschlag anzunehmen«, sagte Pippa. »Ich hatte Sehnsucht nach südlicher Sonne und warmem Badewetter. Außerdem freue ich mich auf die Übersetzungsarbeit.«
»Und der wahre Grund?«
Nach kurzem Zögern antwortete Pippa: »Ich habe vor einigen Wochen in Berlin die Scheidung eingereicht. Leonardo müsste jetzt alle Unterlagen erhalten haben. Ich wollte einfach weg sein, wenn er aufkreuzt, um seinem Ärger Luft zu machen.«
»Ich dachte, zwischen euch wäre längst alles geklärt. Ist er gegen eine Scheidung?«
»Wäre er nicht, wenn es ohne Aufwand, ohne Kraftanstrengung und vor allem ohne Kosten abginge. Aber das italienische Scheidungsrecht ist kompliziert. Wir haben drei lange Jahre vor uns, bis wir mit allem durch sind. Das wird ihm gar nicht gefallen.«
Pia warf ihr einen
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