Totenblick: Thriller (German Edition)
Er wird nie wieder aus der geschlossenen Psychiatrie kommen.«
»Also stimmt es, dass er noch lebt.«
Lackmann nickte zögernd. »Ja. Aber er wird Ihnen keine Scherereien mehr machen. Ihnen und keinem sonst.«
»Der Verrückte hat einen Menschen in meinem Ars Moriendi umgebracht, er stand mir gegenüber und bedrohte mich mit dem Tod«, gab Korff in einem Tonfall zurück, der das Licht im Büro dimmte. »Wie könnte ich das vergessen?« Mit einem kundigen Griff fischte er das Foto aus dem Stapel heraus, das den Mörder im Transporter zeigte. »Ich meinte ihn. «
»Bitte?«
»Vorhin. Als ich von der Anzahl der Schusswunden sprach. Das Gerücht geht schon länger um, dass er noch lebt.«
Lackmann sah den ruckenden Augen des Bestatters an, dass er die Einschüsse zählte. »Unter uns: Löwenstein und ich haben alles gegeben, damit Hochstätter das nicht überlebt. Als wäre das Böse mit dem Mörder im Bunde.«
»Mag sein. Es wäre besser für ihn, er wäre mit dem Gevatter im Bunde. Halten Sie mich bitte nicht für verrückt, wenn ich Ihnen sage, dass ich sehr genau weiß, dass der Schnitter ihn nicht mag.«
»Sie erwähnten Ihren guten Draht zum Sensenmann.« Lackmann wunderte sich über die Verschrobenheit, schob es aber auf den Beruf seines Besuchers.
Korff lehnte sich zurück. »Psychiatrie?«
»Ich kann Ihnen nichts Weiteres sagen, Herr Korff.« Lackmann bot dem Besucher einen Kaffee an, der aber abgelehnt wurde. »Ich hätte gejubelt, wenn der Mörder vor mir verreckt wäre, und ich war sicher, dass das geschieht.«
Er fuhr sich über die Augenbrauen. »Ich weiß, der Mann ist krank und traumatisiert und das alles. Sein Haus macht deutlich, was das Grauen, über das er berichtete, mit seinem Verstand angestellt hat.«
Lackmann blickte tadelnd. »Sie waren dort. An einem Tatort, der noch nicht freigegeben ist.«
»Das sagte ich nicht.« Korff erhob sich. »Könnte es nicht sein, dass es ihm einfach nur Spaß machte? Ich nehme an, Sie haben die Aufnahmen der Morde gesehen, die er begangen hat?«
»Dann ist er erst recht krank.« Lackmann wollte den Mörder nicht verteidigen, doch was sollte man gegen einen Menschen sagen, der vom Killer zum Patienten wurde. »Das Gericht wird ihn wegschließen.«
»Das wird es. Zumindest vor den Menschen.« Korff reichte ihm die Hand. »Fragen Sie bitte Herrn Löwensteins Lebensgefährtin. Meine Nummer haben Sie. Mich würde es freuen.«
»Mache ich.«
Korff nickte und verließ das Büro.
Lackmann machte sich an den Schreibkram und schloss mehr und mehr mit dem Fall ab, was die Berichte und Auswertungen anging.
Hochstätter hatte ein schriftliches Geständnis vorbereitet, das sie in seiner Wohnung nach einigem Suchen fanden. Der Mörder mochte es, Spielchen zu spielen. Er gab darin alles zu und berichtete in dem mehrseitigen Dokument haarklein von den Morden, auch vom Tod von Wolke senior.
Der Grund: Weil der Vater des ersten Opfers bei ihm vorbeikommen und ein Dankespaket wegen der Rettung seines Sohnes vor der Tram abgeben wollte, hatte er ihn aus dem Verkehr gezogen. Aus Angst vor einer nachträglichen Entdeckung oder vor Fragen, die ihm der Intendant stellen könnte, um anschließend die Polizei auf ihn aufmerksam zu machen. Deswegen tarnte ihr Verrückter den Mord auch als Unfall.
Nachträglich hatte Lackmann noch versucht herauszufinden, ob eine Verbindung zwischen Hochstätter und Wolke nicht früher in den Akten aufgetaucht war. Fehlanzeige. Das Telefonat mit der Verabredung am Todestag war nicht mit Wolke seniors Handy geführt worden, und somit hatten sie keine Chance bekommen, auf den Fotografen zu stoßen. Wenigstens waren die Bombensets alle gefunden und entschärft. Es hätte Hunderte Verletzte und Tote in Leipzig gegeben, wenn Hochstätter sie zum Einsatz gebracht hätte.
Lackmann sah zu Rhodes verwaistem Schreibtisch. Er wusste nicht genau, warum, aber er hatte das Gefühl, dass es für ihren Täter nicht ausgestanden war.
Doch was konnte ein Bestatter schon ausrichten?
***
Leipzig, Zentrum, 3. Januar
Ares hob die Lider, weil er geglaubt hatte, beobachtet zu werden.
Neben seinem Krankenbett erhob sich eine schwarze Gestalt, die Schatten der Vorhänge schienen ihr zwei gewaltige dunkle Schwingen zu verpassen.
Der Todesengel! Er schluckte und beherrschte sich, um nicht aufzuschreien. Dann erkannte er seinen ganz und gar irdischen Besucher. »Korff?« Er lachte leise und erleichtert. »Sie sind dann wohl zum Maßnehmen hier. Scheiße, ich
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