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Totenkuss: Thriller

Totenkuss: Thriller

Titel: Totenkuss: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uta-Maria Heim
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der
Nazis konfrontiert worden war. Oder inwiefern in seinem familiären Umfeld der
Umgang mit körperlicher und geistiger Behinderung eine prägende Rolle gespielt
hatte. Besondere Aufmerksamkeit widmete das BKA dem Umstand, dass der Täter
möglicherweise bei seinen postmortalen Riten gestört worden war. Er war mit der
Leiche noch nicht fertig, als die Mountainbiker den, wie die Zeitung schrieb,
grausigen Fund machten.

     
    Fall 3, wieder am Bodensee: Am 10. Juli 2003
gegen 18.20 Uhr machte ein Lokführer am Bahndamm beim Seebad Hegne in
unmittelbarer Nähe des dazugehörigen Campingplatzes eine Beobachtung, die er
umgehend weiterleitete. Ein Pärchen trieb es neben den Schienen! Der
herbeieilende Kollege wurde Zeuge einer grotesken Szene: Ein Mann verging sich
von hinten an einer auf dem Bauch liegenden Leiche, deren Oberkörper und Kopf
mit einem roten Sommermantel bedeckt waren. Das Opfer hieß Loretta Schultis,
war 21 Jahre alt und schwerbehindert. Die Frau war zuletzt wegen akuter Depressionen
in der Psychiatrie auf der Reichenau behandelt worden. Einzelheiten des Falles
wurden nie bekannt. Nirgendwo wurde der bizarre Aspekt vertieft, dass sich der
Täter durch das Herannahen des Zuges von seinem Vorhaben nicht hatte abbringen
lassen. In der Folge der Ermittlungen wurde Olaf Hahnke festgenommen. Er kam in
Untersuchungshaft und war in allen drei Fällen geständig.

     
    Stets war das Opfer auf dem Bauch liegend
aufgefunden worden. Bei allen drei Toten waren die Augen geschlossen. Das alles
entsprach der Auffindesituation im Mordfall Petra Clauss, wo durch die Fotos,
die zwei Jahre zuvor aufgetaucht waren, dokumentiert wurde, dass ihr Gesicht in
einem sandigen Erdhaufen lag. Aber woher wissen wir eigentlich, dass es nicht
noch weitere Fälle gibt?, fragte sich Fehrle plötzlich. Womöglich hat Olaf
Hahnke noch viel mehr Straftaten verübt, als wir bislang mit ihm in
Zusammenhang gebracht haben. Wenn es uns gelänge, an ein weiteres Delikt
ranzukommen, ergäbe sich vielleicht eine Spur, die zu Petra führt.

     
    *

     
    Das Licht war
klar und der Morgen kalt. Der Schwarzwald lag hinter einer Glocke, weil der
Nebel das Tal hochstieg und den Blick verstellte auf die Ruine am
gegenüberliegenden Berghang. Du hast dir eingebildet, ohne dieses Panorama, das
dir Schutz bot, nicht leben zu können. Du hast geglaubt, du müsstest dein
ganzes Leben dort verbringen, weil dich die Aussicht auf das Umliegende nicht
losließ. Das geht den meisten so, die es in den Wald hineinzieht. Sie kommen da
nicht mehr weg, und eben an jenem frühen Maimorgen hast du ganz deutlich
gespürt, wie verwachsen du mit dem Flecken warst, über den du gewandert bist.
Es war in den Pfingstferien, und dich umgab neben der täglichen Arbeit die
tröstliche Langeweile. Du hast damals Hesse gelesen, und du hattest das
Büchlein dabei, du wolltest auf die Lichtung gehen, auf den Jägersitz, um
wieder einmal ganz für dich zu sein, während die Sonne vollends aufging und
sich erhob über die Tannen. Und während du über die taunasse Wiese in den Wald
hineinliefst, ergoss sich zwischen deinen Schenkeln eine Wärme, und zwischen
langen schweren Schatten flirrte die gleißende Helligkeit. Du durftest nicht in
die Sonnenschneisen treten, das war mit dem Tod gestraft, also sprangst du von
Schwärze von Schwärze. Dabei fühltest du dich beobachtet und du dachtest: Da
sind noch zwei Augen, die sehen mehr also du. Du dachtest, dass es vielleicht
der Jäger ist, der mit müden Lidern nach Hause schleicht; neben ihm wankt der
melancholische Dackel mit dem Schwanz auf Halbmast in sein Körbchen. Es hat
geknackt im Geäst und das Knacken lief immer neben dir her. Du fühltest, wie
der Boden nachgab unter dir, also bist du gerannt. Wie durch Sumpf bist du
gerannt mit eingesunkenen Hacken, und es gab ein schlotzendes, schmatzendes
Geräusch, wenn du den Fuß aus dem Morast wieder herausgezogen hast. Du hast
gekeucht. Und aus dem Knacken ist ein Heulen geworden und aus dem Heulen ein
Toben. »Komm heraus!«, hast du gerufen, »komm endlich heraus aus dem Dickicht.«
    Da stand vor dir der Fuchs. Er hatte Schaum an den Lefzen,
Tollwut im Auge und es gab keinen Ausweg. So wachtest du auf, den trockenen
Schrei in der Kehle, du bäumtest dich auf, sprangst aus dem Bett, fuhrst in die
Kleider, nahmst dein Buch und ranntest hinaus. Am Wegrand lief eine Katze mit einer
Maus im Maul. Von fern kam das eingesperrte

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