Totenmal
Beobachtungen an der Wärmebildkamera zusammen mit der Auffindesituation sprachen dafür, dass Laura Bordevig ihn kurz nach seiner Ankunft aus höchstens zwei Metern Entfernung erschossen und nach ein paar Sekunden sich selbst getötet hatte.
Das Wie der Tat schien also geklärt zu sein. Aber auf die Frage nach dem Warum wussten Malbek und Lüthje keine Antwort.
Eine Stunde später durchsuchten sie mit ihren Leuten aus Flensburg und Kiel Bordevigs Wohnung und ihr Arbeitszimmer in der Kanzlei in Rendsburg. Dabei fanden sie in der Schreibtischschublade einen DIN - A4 -Umschlag, der mit dem Namen »Andrea Bordevig« und der Adresse versehen war. Sie öffneten den Umschlag und überflogen die Zeilen.
Aus Laura Bordevigs Zeilen über die ehemalige Beziehung zwischen den beiden Toten und über die Welt, in der sie lebte, lieà sich vielleicht noch ihr Entschluss ableiten, Benny Rathke zu töten. Warum sie danach die Waffe gegen sich richtete, blieb unbeantwortet. Malbek und Lüthje trösteten sich damit, dass sie die Aufzeichnungen vielleicht noch nicht gründlich genug gelesen hatten.
Als sie zusammen nach Laboe fuhren, bekam Lüthje einen Anruf aus dem Innenministerium. Ein Staatssekretär gratulierte ihm und Herrn Kriminalhauptkommissar Malbek zu dem Erfolg. Lüthje wies darauf hin, dass sie sich den Ausgang anders vorgestellt hätten. Der Staatssekretär stimmte ihm zu und sagte im selben Atemzug, dass Kriminalrat Schackhaven sich krankgemeldet habe. Ob Lüthje nicht vorerst die Vertretung übernehmen würde. Sein Flensburger Chef Kriminalrat Miesbach sei einverstanden. Lüthje antwortete, er würde es sich überlegen. Er habe zwar das Dienstalter dafür, aber wohl nicht die Reife. Der Staatssekretär lachte höflich über den gelungenen Scherz.
Nachdem Malbek auch noch ein paar Höflichkeiten mit dem Mann ausgetauscht hatte und das Telefonat beendet war, sagte Malbek zu Lüthje, dass er als Vertretung doch die Möglichkeit hätte, gegen Oberkommissar Harder ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Lüthje ergänzte, dass er ihn auÃerdem versetzen könnte. Vielleicht ins Hamburger Randgebiet. Sie freuten sich.
In Laboe schickten sie die Personenschützer mit Dank wieder nach Kiel, aÃen nach der BegrüÃung ein paar Happen aus der Hand. Malbek lieà sich von Sophie auf die Wange küssen, von Tanja und ihrer Tochter schüchtern umarmen und Lüthje von Hilly ausführlich auf den Mund küssen. Danach schickten Malbek und Lüthje alle zum Strand, um zwei nebeneinanderstehende Strandkörbe zu organisieren. Lüthje kannte den Strandkorbvermieter.
Sie schliefen bis zum frühen Nachmittag, Lüthje in seinem Souterrainzimmer und Malbek in seinem Wohnmobil, dessen Bett Frau Jasch schon frisch bezogen hatte.
Danach gingen sie an den Strand. Die Strandkörbe standen gut sichtbar in der Nähe der Lesehalle, von wo sie Richtung Süden den Laboer Fähranleger, den Leuchtturm Friedrichsort und Richtung Westen und Nordwesten Strände und »Hein Bülk«, den Leuchtturm Bülk, sehen konnten.
Tanja schlug ihrer kleinen Tochter vor, ein paar Seesterne an der Wasserlinie zu sammeln und ihnen einen kleinen See im Schlick zu graben. Als sich die beiden zum Wasser entfernt hatten, wurden Malbek und Lüthje von Hilly und Sophie mit Fragen nach dem nächtlichen Finale im Moor bestürmt. Sie diskutierten vor allem über die Frage, warum Laura Bordevig Selbstmord begangen hatte.
Sophie hörte die ganze Zeit schweigend der Diskussion zu. SchlieÃlich sagte sie: »Als sie Rathke getötet hatte, begriff sie wahrscheinlich zum ersten Mal, wie sehr sie ihn geliebt hat. Und dass sie mit dieser Erkenntnis nicht weiterleben konnte.«
Die anderen schwiegen betroffen und nickten nach einer Weile nachdenklich.
Lüthje und Hilly beendeten die kleine Gesprächsrunde, indem sie sich erhoben und ihren Strandkorb Richtung »Hein Bülk« drehten. Danach tuschelten sie leise miteinander. Tanja kam mit Sybille vom Wasser zurück, ohne einen einzigen Seestern gefunden zu haben. Sophie schlug den beiden vor, baden zu gehen, was Sybilles Laune sofort besserte.
Malbek blieb in Tanjas Strandkorb und sah den Badenden zu. Die Leute in den anderen Strandkörben hielten ihn sicher für Tanjas Ehemann und für den Vater der beiden Töchter. Tanja war das sicher klar. Sie hatten sich als Familie
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