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Totenpech

Titel: Totenpech Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Pleva
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wieder Stille. Die Augen fielen ihm abermals zu, und
er war dankbar dafür. Er hatte Angst, unsagbare Angst. Eine Angst, wie er sie
noch nie in seinem Leben gespürt hatte. Die Angst vor dem Ungewissen, der
Hilflosigkeit, dem Schmerz, dem Tod. Trotz der Wärme fror er. Endlich
übermannte ihn der Schlaf, der ihn davontrug, ihm im Traum vorgaukelte, dass
seine Welt noch in Ordnung war, obwohl sie alles andere als das war. Wenn er
gewusst hätte, was noch auf ihn zukommen würde, hätte er sich sicherlich
gewünscht, nie wieder die Augen öffnen zu müssen und dem Tod auf der Stelle im
Schlaf begegnen zu dürfen.

6. KAPITEL
    Jedes Mal, wenn Sam sich nicht hundertprozentig wohl in
seiner Haut fühlte, wenn er an einem schwierigen Fall arbeitete oder
unausgesprochene Dinge in der Luft lagen, die ihn innerlich quälten, litt er
unter extremen Schlafstörungen. Immer wieder wachte er nachts auf, wälzte sich
von einer Seite auf die andere, klopfte seine Kissen zurecht, in der Hoffnung,
dass der Schlaf ihn dann finden würde. Aber heute war alles sinnlos. Lina hatte
den ganzen Tag ihr Handy ausgeschaltet gelassen. Es war ihre Art, sich an ihm zu
rächen, ihn zu bestrafen, nur weil er ihr die Wahrheit ins Gesicht gesagt
hatte. Wahrscheinlich würde es Tage dauern, bis er sie endlich erreichte und
sie ein Wort mit ihm reden würde. Das Prozedere war das Gleiche wie bei seinem
letzten Fall, als er kaum Zeit für sie gehabt hatte. Lina war zunächst nicht
mehr zu erreichen gewesen, dann hatte sie ihn verdächtigt, dass er eine
Geliebte hatte, mit der er sich durch die Hotels schlief. Bei der Erinnerung an
die scharfen Worte, die sie ihm an den Kopf geworfen hatte, musste er grinsen:
Lina war durch und durch eine temperamentvolle, heißblütige Spanierin.
    Zu allem Übel klemmte seit einer Woche der Rollladen, sodass der
Vollmond wie ein Scheinwerfer direkt auf seine Betthälfte schien. Er sah auf
den Wecker. Ein Uhr.
    Er rollte sich aus dem Bett und holte ein Bettlaken aus dem Schrank.
Dann öffnete er das Fenster und versuchte, das Laken zwischen Rahmen und
Fenster zu klemmen. Erst beim dritten Anlauf hing schließlich das Laken fest
und bedeckte bis auf zwanzig Zentimeter die gesamte Scheibe.
    Er sah noch einmal aus dem Fenster in den dunklen Garten hinaus,
ließ den Blick schweifen und wollte gerade wieder ins Bett gehen, als er einen
Lichtschein wahrnahm. Er blieb reglos am Fenster stehen und spähte durch den
zwanzig Zentimeter breiten Schlitz. Seine Augen gewöhnten sich schnell an die
mondbeschienene Umgebung. Plötzlich erschien es ihm, als würde sich ein Vorhang
vor seinen Augen öffnen. Er überlegte, ob er das erste Mal nach über einem Jahr
aus seinem Schlafzimmerfenster sah oder ob er tatsächlich so ein Ignorant
seiner Umgebung war, dass er nichts von seiner unmittelbar angrenzenden
Nachbarschaft mitbekommen hatte. Er blickte direkt auf den hinteren Teil der
Villa, in der heute früh der ermordete Jachtmakler gefunden worden war.
    Sie hatten fast den ganzen Tag über den jungen Italiener vernommen,
sodass er sich die Akte über das Opfer, die nur ein paar Daten enthielt, und
die ersten Fotos von dem Tatort mit nach Hause genommen hatte, um sie hier
durchzusehen. Die Nachbarin Frau Rehbein, die den Mord gemeldet hatte, war der
Meinung gewesen, dass Herr Senner gar nicht im Hause sei, und deshalb wollte
sie die Katzen füttern.
    Katzen? Er hatte keine lebende Katze dort gesehen!
    Wieder blitzte etwas auf. Ein schwacher Lichtschein war hinter den
zugezogenen Gardinen der großen Fensterfront zu erkennen. Er schien sich zu
bewegen. Die Villa war von der Polizei versiegelt worden. Wie konnte also
jemand darin herumlaufen?
    Fünf Minuten später schlich Sam um das alte Haus herum, und sechs
Minuten später betrat er die Villa beinahe geräuschlos durch die Hintertür, die
sich durch ein Loch in der Scheibe leicht öffnen ließ.
    Zunächst sondierte er den kleinen Raum vor sich, indem er reglos in
einer dunklen Ecke stehen blieb. Dann versuchte er, sein zu schnell klopfendes
Herz durch konzentriertes Atmen zu beruhigen, während er sich fragte, was er
hier eigentlich machte. Er hätte die Kollegen rufen müssen, anstatt auf eigene
Faust in ein versiegeltes Haus einzudringen.
    Seine Augen hatten schnell Umrisse und Konturen in der Waschküche
ausgemacht, sein Herz raste nicht mehr, und der Pulsschlag in seinen

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