Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Aladins Wunderlampe
„Leila, Leila. Was soll ich mit dir nur anfangen? Aus dir wird nie ein guter Dämon werden.“ Amir, der beleibte Meisterdschinn stützte seine Keulenarme in die Hüften und schüttelte den Kopf, dass sein riesiger, grüner Turban wackelte.
Leila hätte sich am liebsten weggezaubert, aber es wäre sinnlos gewesen, dem mächtigen Amir entkommen zu wollen.
„Diesmal kannst du nicht mehr mein Herz mit deinem Zuckermündchen und deinen traurigen Kulleraugen erweichen. Die Liste deiner Verfehlungen ist zu lang. Wenn es nur deine vielen Missgeschicke beim Zaubern wären. Aber du hast Ali Babas Schatz in einen riesigen Haufen Sesamkörner verwandelt. Das war zu viel.“
„Das war doch nur ein kleiner Irrtum.“ Leila unterdrückte nur mühsam ein Kichern, als sie an Ali Babas verdutztes Gesicht beim Betreten der Höhle dachte, in der er den Räuberschatz vermutete. Aber es hatte ihr in den Fingern gejuckt, dem arroganten Kerl einen Streich zu spielen.
„Ein guter Dschinn treibt kein Schindluder mit seinen magischen Kräften!“, donnerte Amir und knurrte. Leila schrak zusammen, als sie erkannte, wie ernst es ihm war. Mit tränenverschleiertem Blick sah sie zu ihm auf. Das stimmte Amir milder, seine Miene entspannte sich.
Er seufzte auf und legte ihr einen Finger unters Kinn.
„Es ist eine Schande, eine mandeläugige Schönheit wie dich in eine Lampe zu verbannen. Doch die Strafe hast du dir selbst zuzuschreiben.“
„Aber ich konnte doch nicht wissen …“, versuchte Leila sich zu verteidigen, während sie an ihrem kastanienbraunen Zopf zupfte, der über ihrer Schulter hing.
„Schweig! Bei Allah, du hättest deinem Gebieter Husein gehorchen müssen. Er war eine gute Wahl. Aber nein, du verweigerst dich ihm und …“
„Dieser grobschlächtige Kerl besaß keine Manieren und stank wie ein Kameltreiber. Er hat sich strikt geweigert, ein Bad zu nehmen. Ich hätte es nie ertragen, wenn er mich berührt hätte. Dann wollte er mich mit Gewalt zu Liebesdiensten zwingen! Ich musste mich doch wehren.“ Ekel überkam sie, wenn sie an sein ständiges Rülpsen und Schenkelklopfen dachte. Wie sollte sie es da reizvoll finden, in ihm Begierde zu wecken? Leila drückte den Rücken durch und hielt dem wütenden Blick Amirs stand.
Sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm, ihm zu widersprechen und zitterte vor Furcht und Empörung am ganzen Körper. Lieber würde sie lange Zeit in der Lampe verbringen, als sich solch einem abstoßenden Mann hinzugeben.
„Er war dein Gebieter! Deine eigene Wahl war erst recht nicht überzeugend.“
Flammende Hitze schoss in Leilas Wangen. Das Fiasko ihrer Prüfung hätte sie am liebsten vergessen, wie das Gelächter der anderen Dschinn, als sie davon erfuhren.
Jeder Dämon musste geprüft werden, ob er die Wünsche seines Herrn erfüllen konnte. Dazu zählte auch, ihm körperliche Befriedigung zu verschaffen.
Doch Leila hatte mit Husein ihre Chance vertan. Verzweifelt flehte sie Amir um eine zweite an, die er ihr gewährte.
Sie durfte sich selbst einen Gebieter erwählen, an dem sie ihre Verführungskünste erproben konnte. Ihre Wahl fiel auf einen gut gebauten Jüngling mit sanftmütigem Wesen. Vom ersten Moment an war sie von ihm angetan und setzte alles daran, in ihm die Wollust zu wecken.
Am Anfang sah er ihrem aufreizenden Bauchtanz, den sie vortrefflich beherrschte, interessiert zu. Sie schwang lasziv ihre wohlgeformten Hüften und schenkte ihm ihr betörendes Lächeln. Auch ihr zärtliches Massieren und Streicheln seines nackten Oberkörpers auf den plüschigen Kissen genoss er mit wohligem Seufzen. Sie wurde kühner und öffnete seine Hose, um sich seiner Männlichkeit zu widmen. Aber der Anblick, der sich ihr bot, löste in ihr Entsetzen aus, denn es fehlte ihm ein wichtiger Körperteil.
„Wie hätte ich denn ahnen können, einen Eunuchen aus dem Harem des Sultans ausgewählt zu haben?“
„Du hast dich täuschen lassen. Nichts hast du gelernt und unsere dämonischen Gesetze missachtet. Diene deinem Gebieter, messe ihn nicht an seiner äußerlichen Gestalt, und vor allem verliere nicht dein Herz an ihn, sonst trifft dich die Verbannung.“
Leila wollte etwas erwidern, aber Amir bedeutete ihr mit einer Geste, zu schweigen.
„Von diesem Tage an sollst du tausend Jahre in einer Lampe auf deine Befreiung warten“, hob er beschwörend an und klatschte in die Hände.
„Das kannst du doch nicht machen! Ich flehe dich an! Ich verspreche dir bei Allah und allem, was mir
Weitere Kostenlose Bücher