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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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richtete seinen Blick auf Pascal und brüllte gierig auf.
    Schwitzend hob Pascal das Schwert. Die Klinge zitterte in seinen Händen.
    »Festhalten!«, rief der Graf. »Gut festhalten!«
    »Du kannst es!« Beatrices Stimme machte ihm Mut.
    Er umklammerte das Schwert so fest, dass er spürte, wie sich die Fingernägel in seine Handflächen gruben. Das Zittern der Klinge hörte auf, und plötzlich strömte eine beruhigende Wärme durch seine Unterarme.
    »Jetzt«, verkündete er mit ungewohnter Sicherheit.
    Pascal fühlte sich in diesem Moment so ausgeliefert wie ein Gladiator in einer römischen Arena. Die Käfigtür öffnete sich, und der Ghul kam mit zuckenden Bewegungen herausgeschossen. Er streckte die Arme nach ihm aus, und man konnte seine langen schwarzen Fingernägel sehen, die wie Krallen gekrümmt waren.
    Pascal blieb keine Zeit zum Nachdenken. Seine rechte Hand, die nun das Schwert umklammerte, fuhr auf einmal von selbst durch die Luft und die Klinge traf den Körper des Monsters und zerteilte es mit einem einzigen Streich.
    Dem Ghul war es nicht einmal gelungen, seine Beute auch nur zu streifen, bevor er sein Dasein aushauchte. Er war nur noch ein Haufen verwesendes Fleisch.
    Pascal holte tief Luft, und mit überlegener Miene säuberte er das Schwert und steckte es zurück in die Scheide. »Echt abgefahren!«
    »Glückwunsch!« Der Graf umarmte ihn stürmisch. »Du bist wirklich bereit. Verstehst du, dass wir uns davon überzeugen mussten?«
    Dann gab ihm Beatrice einen Kuss auf die Wange und Pascal hasste sich dafür, dass er rot wurde.
    Constantin De Polignac reichte ihm nun den letzten der drei Artefakte für seine Reise in die Welt der Finsternis: einen flachen, durchsichtigen, runden Stein, der an einer seitlichen Stelle hell blinkte.
    »Das wird dein Kompass sein«, sagte der Graf. »Das Blinken zeigt dir die Richtung an. So wirst du auch immer wissen, wohin du gehen musst, und kannst dich nicht verirren.«
    »Okay.« Pascal nahm den Kompass-Stein, betrachtete ihn eingehend, drehte ihn in der Hand und steckte ihn dann in den Proviantrucksack. »Vielen Dank.«
    De Polignac schwieg einen Moment, dann lächelte er.
    »Deine Freunde haben uns außerdem eine Nachricht übermittelt«, sagte er und übergab ihm ein zerknittertes Stück Papier.
    Pascal war gerührt. Er strich das Blatt glatt, bevor er las, was darauf geschrieben stand. Es war nur ein einziger Satz aber er erkannte Dominiques geschwungene Schrift sofort: Wir glauben an dich.
    Pascal schluckte. Wie viel vier kleine Wörter sagen konnten! Er war unendlich dankbar für diese Botschaft und steckte das Stück Papier in die Hosentasche, um es in schwierigen Situationen fühlen zu können, um erneut diesen einen Satz hervorzuholen und lesen zu können, um sich in Erinnerung zu rufen, dass seine Freunde ihm zur Seite standen.
    »Beatrice wird dich begleiten«, teilte der Graf zu Pascals Überraschung mit. »Als umherirrende Seele kann sie sich auch in der Dunkelheit bewegen und dir helfen, schneller voranzukommen.«
    Ihr Gesichtsausdruck verriet Pascal, dass sie bereits darüber gesprochen hatten und sie einverstanden war.
    Zwar war er froh, sich nicht allein in dieses Abenteuer stürzen zu müssen, doch zugleich fand er, dass er dies Angebot nicht annehmen könne. Beatrice kannte Michelle ja nicht einmal: »Bitte«, sagte er, »ich will nicht, dass du dich deshalb in Gefahr begibst …«
    Sie setzte ihr unschuldiges Lächeln auf.
    »Denk daran, dass du der Wanderer bist«, entgegnete sie. »Das Totenreich will dich als Verbindung zur Welt der Lebenden nicht verlieren. Ich begleite dich als Verstärkung, mehr nicht.«
    »Sie hat recht«, stimmte De Polignac zu. »Natürlich geht es dir um deine Freundin, doch es steht viel mehr auf dem Spiel, hier, für uns … Dein Leben ist uns ungeheuer wertvoll; es darf nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden.«
    Pascal schluckte, er wusste nicht, was er darauf antworten sollte. »Je nach Lage der Dinge kann es sein«, fuhr der Graf fort, »dass du plötzlich umkehren musst. Auch ohne das Mädchen.«
    Pascal klopfte das Herz bis in den Hals.
    »Zurückkehren?«, stammelte er. »Ohne Michelle?«
    Constantin De Polignac war anzusehen, dass er sich unbehaglich fühlte. Doch er musste darüber sprechen, jetzt, unmittelbar bevor der Junge aufbrach. Er war derjenige, der ihn auf alles, was ihm zustoßen konnte, vorzubereiten hatte.
    »Wir verstehen, was du für sie empfindest«, begann er erneut. »Doch du

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