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Totenreise

Totenreise

Titel: Totenreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Lozano Garbala
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in der Schule im Zusammenhang mit Delaveaus Tod begegnet. Er hatte ihr ein paar Fragen über die verschwundenen Mitschüler beantwortet …
    Ihre Glupschaugen unterzogen Jules’ hagere und große Gestalt einer eingehenden Musterung, als er den Salon betrat, und sie hielt es nicht einmal für nötig, ihn zu begrüßen.
    »Erinnerst du dich an mich? Ich bin Kommissarin Marguerite Betancourt«, sagte sie mit ihrer tiefen Stimme. »Wir haben im Gymnasium über die verschwundenen Schüler gesprochen. Ich ermittle auch im Fall der Ermordung des Lehrers Delaveau.«
    Jules, den die geballte Kraft ihres mächtigen Körpers ein wenig einschüchterte, nickte, während er ihr einen Sessel anbot, in den sie sich hineinplumpsen ließ. Er setzte sich ebenfalls und schlug die Beine übereinander. Sein Haar war noch nass vom Duschen, und es tropfte auf sein schwarzes T-Shirt.
    »Was gibt’s denn?«, murmelte Jules. »Meine Mutter war ein bisschen … überrascht von Ihrem Besuch.«
    »Du nicht?«
    »Doch, natürlich.«
    Jules starrte auf den Teppich und trommelte mit den Fingern auf seinen Oberschenkel. Er wusste nicht, was ihn erwartete, und der Gedanke an die Truhe oben auf dem Dachboden, die Dunkle Pforte, verunsicherte ihn.
    »Du bist sechzehn.«
    »Ja. Kann meine Mutter an dem Gespräch teilnehmen?«
    Marguerite wusste, dass sie nichts dagegen einwenden konnte, da Jules minderjährig war. Doch weil sie ihn lieber ohne Rückendeckung befragen wollte, packte sie ihn an einem empfindlichen Punkt: »Ja. Kann sie. Ich dachte allerdings, du wärst alt genug, um dich selbst um deine Angelegenheiten zu kümmern.«
    Jules überlegte. Obwohl er sie durchschaute, wollte er lieber darauf eingehen, denn seine Mutter sollte unter keinen Umständen Verdacht schöpfen, in welche Richtung auch immer.
    »In Ordnung«, akzeptierte er, »ich brauche sie auch nicht.«
    »Umso besser.«
    Marguerite betrachtete Jules’ Hände, die so blass waren, dass man die Adern durchschimmern sah. Zweifellos die perfekte Haut für Gothic-Klamotten. In diesem Moment erinnerte Jules sie an Brandon Lee in The Crow, auch wenn er viel dünner war.
    »Bist du nervös?«, fragte sie ihn unvermittelt, als die Stille unbehaglich wurde.
    »Nein.«
    Natürlich war er das. Jules hätte längst auf dem Dachboden sein müssen, um die Truhe zu bewachen. Unruhig fragte er sich, was die Frau nur von ihm wollte.
    »Eine ziemlich seltsame Sache, das mit Raoul und Melanie«, begann Marguerite. »Sie waren auf deiner Party und dort sind sie zum letzten Mal lebend gesehen worden. Eine intensive Nacht, dies vergangene Halloween, stimmt’s?«
    »Okay«, dachte Jules bei sich. »Solange die Sache in diese Richtung läuft, ist nichts dabei.«
    »Ja.«
    Die Kommissarin verengte die Augen und betrachtete den Jungen ihr gegenüber noch einmal eingehend: ein Heavy-Metal-T-Shirt, schwarze Hose, Armbänder an beiden Handgelenken.
    »Also, erzähl es mir«, sagte sie trocken. »Was für Spielchen treibt ihr da? Je früher du damit rausrückst, desto besser für alle Beteiligten.«
    Jules hob den Kopf.
    »Vernehmen Sie mich etwa?«
    Marguerite fand die Frage irgendwie amüsant und ihr Gesicht nahm einen sanfteren Ausdruck an. Sie wusste, dass sie ihn einschüchtern konnte, auch wenn sie ihn ein bisschen unterschätzt hatte.
    »Noch nicht«, antwortete sie. »Ich dachte, wir könnten deinen Eltern den Schrecken ersparen, dich auf das Kommissariat zu bestellen … und so weiter.«
    »In Ordnung. Ich weiß nur nicht, was Sie meinen. Welche Spielchen …? Wir haben gefeiert. Das war alles.«
    Die beiden beäugten sich. Marguerite merkte, dass sie ein wenig an Terrain verloren hatte, sie musste aufpassen.
    »Du siehst müde aus«, stellte sie arglistig fest. »Bist du spät ins Bett gegangen?«
    »Nein … ich … na ja, ich hab ziemlich lang gelernt.«
    »In deinem Zimmer, nehme ich an …«
    »Ja … in meinem Zimmer.«
    »Sollen wir deine Mutter bitten, das zu bestätigen?«, fragte sie und blickte Jules durchdringend an.
    Jules schwieg. Unbewusst schlug er mit einem seiner Stiefel auf den Boden.
    »Ich weiß eine Menge Dinge«, behauptete Marguerite in dem Versuch, Jules Hinweise auf die letzte Nacht zu entlocken. »Fangen wir doch mit Daphne an.«
    Jules fuhr in die Höhe. Er sah die Kommissarin mit einer Mischung aus Überraschung und Trotz an.
    »Ich weiß nicht, von wem Sie sprechen.«
    Seine Stimme klang feindselig. Marguerite musste feststellen, dass er sich nicht so leicht geschlagen

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