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Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition)

Titel: Totensonntag: Ein Westfalen-Krimi (Westfalen-Krimis) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Reitemeier , Wolfram Tewes
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wo das Fernlicht des alten Fords weit und breit die einzige Lichtquelle darstellte, tauchten nun auf der rechten Seite einige Lichter auf. Zwei Straßenlampen warfen ein diffuses Licht auf flache Militärbaracken. Die Gebäude wirkten unbewohnt.
    Ein großer Teil der Heidelandschaft zwischen Paderborn und Bielefeld war schon 1881 ein bedeutender Truppenübungsplatz gewesen. Damals hieß es bei den Soldaten: »Gott schuf in seinem Zorn die Senne bei Paderborn.« Heute sprechen die Soldaten hier mehrheitlich Englisch. Das riesige militärische Übungsgelände war, wenn sich nicht gerade Panzer hindurchpflügten oder Schießübungen stattfanden, ein Paradies für Wildtiere. Die Tiere hatten sich an das Militär gewöhnt und gelernt, dass von Panzern keine Gefahr für sie ausging. Nachts wimmelte es hier von Rehen, Hirschen und Wildschweinen. Menschen hingegen hätte man hier vergeblich gesucht. Das Gebiet war nur zu befahren, wenn die britische Rheinarmee oder bisweilen auch die Bundeswehr es gerade einmal nicht für sich beanspruchte. Andernfalls versperrten Schranken alle Zufahrten. Auch die Baracken, an denen sie gerade vorbeifuhren, wurden nur sporadisch genutzt. Derzeit lag hier alles brach und still.
    Patrick Rademacher stammte ganz aus der Nähe, aus Hövelhof. Außerdem hatte er hier Teile seines Militärdiensts absolviert und kannte sich in der Gegend gut aus. Als vor ihnen eine Querstraße auftauchte, bremste er ab und bog rechts in die Staumühler Straße. Auch hier gab es keine Straßenlampen.
    »Auf der linken Seite ist der Knast!«, sagte Rademacher zu seinem Beifahrer Mike, der kurz vor dem Einschlafen war und bei diesen Worten hochschreckte.
    »Wieso Knast?«, fragte er hektisch. »Was sollen wir im Knast?«
    Rademacher grinste böse. Im schwachen Schein des Tachos wirkten seine Gesichtszüge geradezu diabolisch.
    »Keine Angst, das ist nur ein Jugendknast. Dafür bist du zu alt.«
    Nach vierhundert Metern lenkte Rademacher den Ford durch eine offen stehende Schranke nach rechts in einen noch schmaleren, kaum befestigten Weg. Kurz darauf ging es noch einmal rechtsherum, nun war es nur noch ein etwas festerer Sandweg, der nach einem halben Kilometer für einen Pkw unbefahrbar wurde. Rademacher stoppte und atmete tief durch.
    »So, da wären wir!«
    Mike starrte ihn entsetzt an. »Wie? Hier, mitten in der Wildnis?«
    »Ja, genau hier. Komm, wir müssen leider unseren Gast noch ein paar Meter zu Fuß schleppen. Da hinten steht eine Baracke. Eigentlich nicht viel mehr als eine Holzhütte. Zu meiner Militärzeit war das ein Lagerraum für alle möglichen Gerätschaften, die für die Waldarbeit gebraucht wurden. Soweit ich weiß, wird die Hütte nicht mehr benutzt. Wir haben sie also für uns. Das geilste Versteck der Welt. Hier sucht uns keiner.«
    Mike schien davon keineswegs überzeugt zu sein. Er brummte missmutig, sagte aber nichts.
    Der nach wie vor in eine Decke gewickelte Wilfried Kloppenburg war am Ende der Fahrt von tiefer Ohnmacht in ein Zwischenstadium zwischen Bewusstlosigkeit und Wachzustand gelangt. Rademacher wusste, dass sie sich beeilen mussten. Ein hellwacher Kloppenburg würde schreien. Auch wenn sie hier im Herzen der Finsternis steckten, wollte er kein Risiko eingehen.
    Gemeinsam zerrten sie ihren Gefangenen aus dem Auto. Rademacher zog eine starke Taschenlampe hervor und machte Licht. Mike, der seine eigenen Verletzungen offenbar vorübergehend vergessen hatte, wollte sich den mächtigen Körper Kloppenburgs locker über die Schultern werfen, schrie aber schmerzhaft auf und beendete den Versuch, indem er Kloppenburg einfach in den weichen Sennesand fallen ließ. Erst als Rademacher mitanfasste, gelang es den beiden, den Zweizentnermann etwa dreißig Meter weit bis zu einer kleinen Lichtung zu schleppen. Hier war im Licht der Taschenlampe eine Holzbaracke zu sehen, die in keinem sehr guten Zustand mehr war.
    »Wie kommen wir denn hier rein?«, fragte Mike, als er die verschlossene Tür sah.
    Rademacher stieß ein blechernes Lachen aus. »Was weiß ich? Du bist doch der Mann, der alles kann«, hetzte er. »Ein Kerl wie du wird doch wohl in eine alte Holzhütte eindringen können.«
    Rademacher wusste, dass er sich auf vermintes Gebiet begab, wenn er Mike provozierte. Dieser unterdrückte offenbar sein Bedürfnis, ihn schnell und gründlich zusammenzuschlagen. Schließlich waren sie hier nicht im Urlaub. Der Chef hatte sie zusammen hierhergeschickt, um einen Job zu machen, und da hatte sich

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