Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)
in Holzgerlingen durchgeführt. Das ist ein kleiner Ort bei Stuttgart.«
»Und wie kann ich Ihnen in der Frage weiterhelfen?« Seine Stimme hatte sich einen Tick bedeckt.
»Sollte diese Million eines Tages ausbezahlt werden müssen, wer bringt sie auf? Sind Sie daran beteiligt, ich meine QarQ oder Inter-Q-Orporate?«
»Da müsste ich mich kundig machen. Aber wenn diese Experimente, wie Sie eben sagten, durchgeführt wurden , dann stellt sich die Frage wohl nicht unmittelbar.«
Hui. »Sie passen aber genau auf!«
»Das ist mein Job.«
»Sicher kein einfacher Job bei einem Unternehmen wie QarQ, das ja nun hin und wieder in die Kritik gerät.«
»Wenn alle Jobs einfach sein müssten, dann säßen wir heute noch auf den Bäumen. Haben Sie sonst noch Fragen?«
So gefragt, fiel mir keine mehr ein.
»Dann darf ich Ihnen eine Frage stellen. Warum interessieren Sie sich für die Stiftung? Meine Assistentin sagte mir, Sie arbeiten für den Stuttgarter Anzeiger ?«
»Nicht direkt. Ich bin freie Journalistin.« Nicht, dass er noch in der Redaktion anrief, um sich über mich zu beschweren. »Ich arbeite an einem größeren Artikel über Parapsychologie. Er soll am Sonntag in der Sonntagsbeilage erscheinen. Wir haben hier eine Agentur, die eine Geisterbeschwörung im Schloss Ludwigsburg veranstaltet hat …«
»Ihr Interesse hat nicht zufällig etwas mit dem Tod von Professor Rosenfeld zu tun? Der ist doch aufgeklärt. Ein junger Mann sitzt in Untersuchungshaft. Und die Staatsanwaltschaft wird demnächst Anklage erheben.«
»Ach, das hat man in Berlin alles so im Detail mitbekommen?«
Zum ersten Mal kam er ins Schleudern. »Man … liest auch hier Zeitung.«
»Unsere Staatsanwaltschaft ist gerade bei diesem Fall außerordentlich zurückhaltend. Aber als Pressesprecher lesen Sie vermutlich alle lokalen Blätter.«
»Nun, nicht alle. Aber … ich habe in Hohenheim Publizistik studiert. Sie denken vermutlich, dass ich dann besser über diese Stiftung Bescheid wissen müsste. Aber sehen Sie, die Sache ist sowohl von der Summe als auch von der Thematik her ein Exot, wenn Sie so wollen. Ich persönlich glaube nicht an diesen Hokuspokus. Zudem war die Spende an die Edmund-Gurney-Stiftung einmalig und liegt drei Jahre zurück. Von einem Engagement des Konzerns beim Thema Parapsychologie kann keine Rede sein. Das interessiert uns null.«
»Es könnte Sie aber interessieren, wenn es einen gäbe, der per Geisteskraft technische Systeme beeinflussen kann.«
»Inwiefern? Helfen Sie mir auf die Sprünge, Frau Nerz. Ich fürchte, ich habe nicht genug Phantasie. Flugzeuge per Geisteskraft abstürzen lassen? Das Riesenrad in London umstürzen? Das käme Terror gleich. Und ich wüsste nicht, inwiefern das dem QarQ-Konzern von Nutzen sein sollte. Wir liefern Technik, die funktioniert, nicht solche, die havariert.«
»Na, sie funktioniert doch ganz gut, Ihre Phantasie«, sagte ich.
Ingmar Neuner lachte. Ich bedankte mich. Wir schieden.
Schluss für heute mit dem Telefonieren, fang an, den Artikel zu schreiben, sonst wird das nichts. Aber Facebook hatte noch Nachrichten für mich. Meine FreundInnen hatten die Kommentarliste unter meiner Rätselfrage nach der Leiche im geschlossenen Raum verlängert.
Steffi Pelzer-Bartosch: Wie ist das mit dem Paranuss-Psychologen, der da in dem hermetisch verschlossenen Zimmer vor sich hin gammelt? Muss ich bei Conan Doyle nachlesen? (Dir, Dora Asemwald, Axel Starke und 15 weiteren gefällt das.)
Lisa Nerz: Ihr nehmt mich nicht ernst! (Dora Asemwald, Steffi Pelzer-Bartosch, Maria Lehmann, Berufsdemonstrant Schroeder und 3 weiteren gefällt das.)
Dora Asemwald: Und wie! Die Paranuss war hier. (Peter Schlegel gefällt das.)
Dem Kommentar hatte Dora einen Link angehängt zu einem Artikel der Allgäuer Zeitung vom 7 . Januar mit dem Titel: »Geisterjäger in Neuschwanstein. Auch Prof. Rosenfeld kann das Phänomen des schwingenden Leuchters nicht erklären.« Das Foto zeigte Gabriel Rosenfeld in roter Trekkingjacke vor grauen Türmen. Dem Artikel zufolge sahen immer wieder mal Touristen den Kronleuchter im Thronsaal von Neuschwanstein schwingen. Ingenieure und Mechaniker waren dem Phänomen bisher nicht auf die Spur gekommen, so hatte man den Geisterexperten Rosenfeld geholt. Oder er hatte sich von sich aus angeboten. Da legte sich der Reporter nicht so genau fest. Das fiel unter die journalistische Unschärferelation, die da lautet: Wenn etwas gut klingt, dann suche nicht nach der
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