Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenstimmung

Totenstimmung

Titel: Totenstimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
Vom Netzwerk:
Jeder hatte sein Freund sein wollen. Aber mit den Jahren war er erst dem Charme seiner Gertrud und dann ihren traumhaften Kochkünsten erlegen. In ihr hatte er gefunden, was mit dem Tod seiner Großmutter verloren schien.
    Heinz-Jürgen Schrievers hatte Angst. Todesangst.
    »Hallo, Tommy.«
    Tommy nickte ihm zu. »Ich muss nicht arbeiten. Ich habe frei.«
    Ecki nickte. »Erinnerst du dich an das Armband?«
    Tommy nickte erneut. »Toller Totenkopf. Am Samstag gehe ich ins Stadion, gegen Hamburg.« Er warf sich in die Brust. »Ich bin stark.«
    Ecki lächelte und warf Frank einen Blick zu. »Starke Männer sind toll.«
    »Fühl mal.« Er hielt Ecki seinen Arm hin. »Jaha.«
    »Erzähl uns ein bisschen über das Armband.«
    »Das ist kein Armband, das ist ein Schweißband.« Tommy sah Ecki tadelnd an.
    »Du hast recht.«
    »Ein Totenkopf mit Knochen.«
    »Erzähl uns noch ein bisschen über den Mann, der es dir geschenkt hat, Tommy.«
    Tommy sah Christiane Tenelsen an, die in der Küche des Wohnheims neben ihm saß.
    Die Betreuerin nickte ihm aufmunternd zu.
    »Ich soll nichts verraten, hat er gesagt.«
    »Was sollst du denn nicht verraten?« Frank beugte sich vor.
    »Das mit dem Totenkopf.«
    »Was meinst du genau?«
    »Genau. Ich bin stark.« Tommy grinste stolz und deutete auf seine Oberarme. Dabei nickte er heftig.
    Frank war irritiert. »So kommen wir nicht weiter.«
    Christiane Tenelsen sah ihn an. Frank spürte ihren Blick tief in seinem Inneren. »Sie müssen anders fragen.« Sie wandte sich an Tommy. »Tommy, der Kommissar möchte noch so ein Band. Weißt du, von wem er es bekommen kann?«
    »Sicher weiß ich das.« Seine Stimme bekam einen dunklen, vollen Unterton. »Von Herrn Jennes. Er schenkt dir eins. Er hat auch Tommy eins geschenkt und den anderen.«
    Die Frage sollte beiläufig klingen. »Den anderen?«
    Tommy lachte sein breites Lachen. »Elvira und den anderen.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Ecki leise.
    »Elvira ist meine Freundin. Sie ist jetzt im Himmel.« Er nickte erneut. Seine Stimme klang noch ein bisschen rauer.
    »Wer sagt das?«
    »Herr Jennes. Herr Jennes ist klug. Er sagt, dass ich gut bin. Er will immer, dass ich die Stühle mache. Ich bin gut.« Tommy zeigte wieder seine Muskeln.
    Frank hatte eine Idee. »Kennst du Silvia?«
    Tommy schob seine Brille auf die Nasenwurzel zurück und legte einen Finger an die Nase. Er war sichtlich ratlos.
    »Silvia mag Schmetterlinge. Und Silvia mag Musik. Hat Herr Jennes Silvia auch ein Armband geschenkt?«
    Tommy sah zu Christiane Tenelsen.
    »Frank meint, ob du die junge Frau kennst, die Silvia heißt«, versuchte Ecki zu helfen.
    »Ich kenne keine Silvia. Ich kenne nur Elvira, Sandra, Monika, Michaela, Britta und Tina. Tina ist meine große Schwester. Hast du auch eine Schwester?« Tommy sah Frank neugierig an.
    Frank schüttelte den Kopf. »Magst du Schmetterlinge?«
    Tommy lachte und formte mit seinen Händen Flügel, die er flattern ließ. Dabei hob er seine Arme, als wolle er den Schmetterling in seiner Hand in die Lüfte heben.
    »Man muss aufpassen, dass sie nicht kaputtgehen. Christiane sagt, sie haben ganz dünne Flügel. Ich habe starke Flügel.« Er spannte erneut seine Muskeln an.
    Frank wandte sich an die Betreuerin. »Kann es sein, dass er einmal bei Jennes im Geschäft war?«
    Christiane Tenelsen runzelte die Stirn. »Das glaube ich nicht. Tommy kann sich zwar alleine in der Stadt bewegen, aber lieber ist er in seinem Zimmer. Aber soweit ich weiß, liefert die Werkstatt auch aus. Dann wird der Fahrer auch schon einmal von einem der Mitarbeiter begleitet.«
    »Herr Jennes hat viele kaputte Stühle. Tommy macht sie alle wieder heil.« Er nickte selbstbewusst.
    »Warst du schon oft in seinem Geschäft?«
    Er schüttelte den Kopf und hob stumm zwei Finger.
    »Ist es in dem Geschäft schön, Tommy?«
    »Er hat viele kaputte Sachen und macht schöne Musik.«
    »Er macht Musik?«
    Tommy lächelte, schloss die Augen und wiegte seinen Oberkörper in einem stummen Rhythmus.
    »Welche Musik spielt er denn?«
    »Mundharmonika. Schöne Töne.« Tommy hielt die Hände vor seinen Mund und deutete eine Mundharmonikamelodie an.
    »Mundharmonika?« Frank war sprachlos.
    »Kannst du auch Mundharmonika spielen?«
    Frank nickte stumm.
    »Dann spiel mal.«
    Die Ladenglocke schlug kurz und trocken an.
    Frank und Ecki blieben vor der Theke stehen, die unter den Stoffproben, Schrank- und Türbeschlägen, Musterbüchern von Möbelfirmen aus dem späten 19.

Weitere Kostenlose Bücher