Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totes Meer

Titel: Totes Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Keene
Vom Netzwerk:
diesem Bereich. Ich bin mir allerdings nicht sicher, was sie stattdessen haben. Auf einigen Plattformen gibt es Aufzüge, andere benutzen Kräne, um ihr Personal in Kabinenkörben zu transportieren. Aber darüber müssen wir uns jetzt keine Gedanken machen. Falls an Bord noch jemand am Leben ist und es keinen
Aufzug gibt, bitten wir die Mannschaft, uns in Körben hochzufahren.«
    »Und was, wenn sie sich weigern?«
    »Dann werden Lamar und ich sie erschießen.«
    Carol war schockiert, aber dann grinste der Chief. Sie lächelte zurück.
    Ich sah nach unseren Verfolgern, aber die waren nicht mehr zu sehen. Überall auf dem Wasser gab es Anzeichen, dass unter der Oberfläche Kämpfe stattfanden – spritzendes Wasser, Fontänen und rote Schaumkronen. Aber nichts davon war so nah bei unserem Boot, dass es mich beunruhigt hätte. Ich hoffte, dass die Fische sich weiter gegenseitig bekämpfen und uns lange genug ignorieren würden, dass wir auf die Plattform wechseln konnten.
    Wir kamen näher. Die wuchtige Hubplattform ragte über uns auf. Wir suchten die Decks und Laufgänge ab, auf der Suche nach Zeichen von Leben, sahen aber nichts außer Seevögeln. Sie waren auf der ganzen Plattform verteilt, hockten auf jeder Antenne, jedem Kran, jedem Gebäude und Sicherheitsnetz. Es waren Hunderte. Zumindest wussten wir jetzt, wo die ganzen Vögel hergekommen waren, die wir vorhin gesehen hatten.
    Sie mussten zwischen hier und dem Festland hin und her geflogen sein. Und jetzt, wo die ganzen Reste auf dem Wasser trieben, mussten sie nicht einmal mehr diese Reise unternehmen.
    Der Chief ging zu einem der unteren Anlegeplätze längsseits und stellte den Motor ab. Ich stand mit dem
Gewehr in der Hand Wache und suchte das Meer nach Anzeichen von Ärger ab, während Carol, Malik und Tasha auf die Plattform stiegen. Vom Meer drohte keine unmittelbare Gefahr, aber die Anzeichen einer schrecklichen Schlacht unter der Oberfläche nahmen zu. Große Blutflecken schwammen an der Oberfläche wie Ölteppiche. Abgetrennte Köpfe, Schwänze und Organe trieben auf den Wellen. Eine Möwe ließ sich fallen und schnappte sich mit den Krallen ein paar Gedärme, doch bevor sie wieder aufsteigen konnte, schoss ein großer, blaugrüner Fisch aus dem Wasser und packte sich den Vogel. Der Vogel kreischte ängstlich und schlug mit den Flügeln auf das Wasser. Dann wurde er in die Tiefe gezogen. Ich drehte mich um, um etwas zu den anderen zu sagen, aber keiner von ihnen hatte es gesehen.
    Sobald Carol und die Kinder sicher aus dem Rettungsboot gestiegen waren, reichte der Chief ihnen die Vorräte. Sie stellten die Kisten und Taschen auf dem Deck ab. Malik wollte auf Erkundungstour gehen, aber Carol sagte ihm, dass er in unserer Nähe bleiben sollte. Schmollend fügte sich Malik. Um ihn abzulenken, reichte ihm der Chief ein Gewehr, mit dem Griff zuerst, und Malik legte es zu den anderen Sachen. Dann drehte sich der Chief zu mir.
    »Immer noch alles ruhig?«
    Ich nickte. »Bis jetzt ja.«
    »Okay. Du gehst als Nächster, und dann mache ich uns fest.«
    Ich musterte die Plattform. »Ist das Ding stabil? Es
sieht aus, als würde es einfach nur hier rumschwimmen.«
    »Tut es im Prinzip auch«, erklärte er. »Eigentlich verschiebt die Ölfirma es immer nur da hin, wo sie bohren will. Aber es gibt Stützpfeiler, die bis zum Meeresboden reichen, die Plattform anheben und stabilisieren. Ein bisschen wie ein Anker. Wir werden also nicht abgetrieben werden.«
    Ich reichte Carol mein Gewehr, die es zögernd entgegennahm. Es war offensichtlich, dass die Waffe sie nervös machte. Lächelnd stieg ich an Deck und nahm sie ihr wieder ab. Ihre Haltung und ihr Gesichtsausdruck entspannten sich sofort. Ich starrte nach oben. Falls die Plattform bewohnt war, war zumindest niemand rausgekommen, um uns zu begrüßen. Vielleicht war sie verlassen, vielleicht waren alle tot.
    Im Rettungsboot sammelte der Chief pfeifend die Seile ein.
    »Hey, Wade«, flüsterte ich. »Wir wissen immer noch nicht, ob das Ding verlassen ist. Vielleicht sollten wir uns ruhig verhalten.«
    »Du hast Recht«, stimmte er zu und senkte die Stimme. »Tut mir leid. Schätze, ich sollte sowieso nicht pfeifen. Das tut in der Nase weh. Ich bin einfach aufgeregt.«
    Er wandte sich wieder den Seilen zu und hob sie mit einem angestrengten Grunzen über die Seite. Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Plattform. Malik und Tasha folgten meinem Blick. Carol beobachtete den Chief.

    Keiner von uns sah es

Weitere Kostenlose Bücher