Totgeglaubte leben länger: 8. Fall mit Tempe Brennan
Selbstmord sehr schnell ausschließen konnte.
Letztendlich fand die Spurensicherung in der Kammer ein Kugelfragment, das von dem zweiten Geschoss in Ferris’ Schädel abgesplittert war. Eine zweite Kugel wurde aus einer Wand im Gang vor dem Büro gepult. Mit der Kugel, die in der Decke der Kammer sichergestellt wurde, und den Fragmenten in Ferris’ Schädel ergaben sich also insgesamt drei abgegebene Schüsse. Eine ballistische Rekonstruktion ergab, dass Ferris wahrscheinlich mit dem Gesicht zur Tür stand, als er getroffen wurde. Vermutlich merkte er gar nichts von Purviances mörderischen Absichten, als sie die Kammer betrat und sich hinter ihn stellte.
Wie sollte Courtney nun weitermachen? Die Kaltblütigkeit, mit der sie Ferris umgebracht hatte, hatte sie selbst überrascht. Jetzt wollte sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Aus der Stadt verschwinden und wirtschaftliche Verluste wieder gutmachen. Sie buchte einen Flug nach Israel, wobei sie den Namen Channah Purviance benutzte, die prä-kanadische Namensversion in ihrem tunesischen Pass. Dank dieser Diskrepanz konnte sie durch alle Kontrollen schlüpfen.
Da sie wusste, dass Ferris Blotnik angerufen hatte, ging sie zur IAA und behauptete dort, eine Bevollmächtigte ihres Chefs zu sein und die Zahlungsmodalitäten bekräftigen zu wollen. Dort erwartete sie die nächste Ungerechtigkeit. Blotnik hatte das Masada-Skelett nicht erhalten. Purviance bluffte und behauptete, sie wisse, wer es gestohlen habe. Sie könne es ihm liefern, wenn Blotnik Geld oder etwas ähnlich Wertvolles als Gegenleistung anzubieten habe. Blotnik zeigte ihr die Knochen aus dem Leichentuch. Sie erkannte sofort, dass auch die ein beträchtliches Profitpotenzial hatten, schlug ein zweites Mal zu und steckte die Knochen ein.
Kaplans Geschichte war ziemlich schlicht. Miriam Ferris war immer nett zu ihm gewesen, eine gute Freundin, auch in der Zeit, als er im Gefängnis saß. Miriam schickte ihm Pralinen. Schrieb Briefe. Den Zettel, den wir in Kaplans Wohnung gefunden hatten, war nur einer von vielen, mit denen sie ihn ermutigte, den Glauben nicht zu verlieren.
Kaplan wusste von Purviance von ihrer Affäre mit Ferris. Es war seine erste Frage gewesen, als sie ihn anheuerte, ihren Chef zu ermorden. In ihren Verhandlungen kam Kaplan zu der Überzeugung, dass sie heimtückisch und ohne Gewissen sei. Er dachte sich, dass sie, falls sie in der Klemme steckte, ein Ablenkungsmanöver starten würde, um sich selbst zu schützen. Und wer war da gefährdeter als die betrogene Ehefrau? Da er Angst hatte, Purviance könnte Miriam ins Visier nehmen, steckte er mir das Foto zu, um die Ermittlungen in eine andere Richtung zu lenken.
Kaplan befürchtete außerdem, dass Purviance ihn kompromittieren könnte. Oder noch Schlimmeres. Sie hatte vorgehabt, ihren Liebhaber umbringen zu lassen. Falls sie nun selbst in Aktion trat, konnte sie genauso gut den Mistkerl beseitigen, der sie um drei Riesen betrogen hatte. Und Kaplans Kumpel Litvak war sauer, weil Kaplan ihm das Masada-Skelett versprochen, dann aber nicht geliefert hatte. Wie Purviance sah auch Kaplan seine Chance für einen Doppelschlag. Mach dich zu Hause rar und wetze in Israel ein paar Scharten aus. Also buchte auch er einen Flug.
Warum hatte Blotnik die Knochen aus dem Leichentuch gestohlen? In der Hinsicht hatte Jake wahrscheinlich Recht.
Als junger Doktorand in New York war Blotnik ein Überflieger gewesen. Artikel in prestigeträchtigen Journalen noch vor Ende der Promotion. Dann sein großer Wurf, dreihundert Seiten über Ecclesiastes Rabbah , einen rabbinischen Kommentar aus der Talmud-Ära. Jobangebote flossen wie der Wein in Kanaan. Blotnik zog nach Israel, heiratete und erhielt Genehmigung um Genehmigung für Ausgrabungen an den begehrtesten Stätten. Die Welt war die Seine.
Eine jüngere Kollegin beschloss ebenfalls, die Seine zu sein. So beschwingt diese Affäre anfangs war, so schlimm endete sie. Seine Frau verließ ihn. Seine Geliebte verließ ihn.
Vielleicht war es die Peinlichkeit. Vielleicht Einsamkeit. Vielleicht Depressionen. Nach der Scheidung zog sich Blotnik immer mehr zurück. Er organisierte ein paar Ausgrabungen, schrieb ein paar Artikel. Eine dünne Broschüre über die antiken Bäder von Hammat-Gader. Dann zwei Jahrzehnte lang nichts mehr.
Ferris’ Anruf musste Blotnik vorgekommen sein wie Manna, das vom Himmel regnet. Knochen aus Masada, die seit mehr als vier Jahrzehnten verschwunden waren. Während seiner
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