Tradingpsychologie
machen, was man wollte: Setzt man auf steigenden Kurs – fällt der Kurs. Setzt man auf fallende Kurse, steigt er. Es folgt der Wunsch, herauszufinden, warum das so ist. Und nun beginnt eine Wissensspirale, die einen immer tiefer in die Materie Trading zieht. Bücher und Zeitschriften werden gelesen, im Internet wird gesurft, Blogs werden besucht und Webinare angesehen oder Seminare gebucht oder andere Trader imitiert. Wie funktioniert der hundertprozentig sichere Trade? Man will wissen, was das Geheimnis für den Trading-Erfolg ist. Plötzlich steht man vor einem Berg Informationen. Doch je mehr Wissen man sich aneignete desto kleiner wird das Handelskonto. »Verdammt! Da scheint doch etwas nicht zu stimmen!«, denkt man. »Ständig lerne ich an allen Ecken und Enden dazu, aber das bringt alles gar nichts!«
Irgendwann bekommt der Trading-Anfänger das Gefühl, die Gesetze der Börse immer weniger zu verstehen. Jeder andere Trader scheint die Lösung schlechthin gefunden zu haben. Nur man selbst ist wohl der einzige Trottel in der Trading-Szene, der es nicht hinbekommt, profitabel zu werden. Wo doch ständig erfolgreiche Trader Interviews geben, wie toll es bei ihnen funktioniert mit dem Börsenhandel. Passend dazu veröffentlichen sie ihre erfolgreichen Beispiel-Trades – natürlich alles Treffer. Na, super! In dieser Gedankenspirale habe ich mich Jahre befunden. Bis ich wusste, dass ich von den klassischen Marktgesetzen überhaupt nichts verstand. Ich wusste nur eines: »Ich will Geld verdienen!«
Der Fallstrick beim Trading ist die Tatsache, dass es einfach aussieht, aber letztlich doch umfangreicher ist, als es auf den ersten Moment scheint. Man muss sich Fachwissen aneignen und genau selektieren, was man selbst davon für seinen Trading-Stil braucht: Technische Analyse, Markttechnik, Pivot-Punkte, Indikatoren, Oszillatoren etc.
Es gibt unendlich viele Hilfsmittel beim Traden, doch man wird später vielleicht nur ein oder zwei davon benutzen, wenn überhaupt. Man kann es mit einem Puzzle vergleichen. Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein Puzzle zusammensetzen. In Ihrem Puzzlekasten befinden sich 55 Puzzleteile. Sie möchten aber nun gerne ein Motiv zusammenmontieren, welches Ihnen gefällt. Sozusagen eines, welches genau zu Ihnen passt. Nun müssen Sie erst mal sortieren. Welche Teile brauche ich? Diese Teile suchen Sie sich zusammen und am Ende werden Sie Ihr ganz persönliches Puzzlebild haben. Ihr Spiel kann losgehen!
Innerhalb dieser Wissenssammlung bekommen Sie vermutlich schon ein Gefühl dafür, welches System profitabel sein könnte. Aber dieser Prozess dauert seine Zeit. Dann machen Sie sich auf die Suche nach Ihrem ganz eigenen Trading-System. Eines, das zu Ihren Persönlichkeitsanteilen passt. Und an der Stelle wird es interessant. Denn wahrscheinlich werden Sie ständig neue Systeme ausprobieren, weil Sie das Gefühl haben, das System passt nicht zu Ihnen, denn es gewinnt ja nicht ständig.
Kann stimmen, muss aber nicht. Ein dauerhafter Test schafft Abhilfe! Aber irgendwann entscheiden Sie sich für ein profitables Handelssystem und konkretisieren es. Dabei werden Sie merken, dass Sie sich immer wieder davon abbringen lassen, Ihr System diszipliniert durchzuhandeln. Das hat seinen Grund: Während dieser Phase der Regelwerk-Findung und der sauberen Umsetzung Ihres Systems sind Sie am intensivsten mit Ihren psychischen Konflikten konfrontiert. Das ist der schwierigste Teil der Trading-Ausbildung.
Dieser Aspekt macht Trading so schwer! Traden zu lernen bedeutet, einen Veränderungsprozess an sich durchzuleben. Denn Trading betrifft den ganzen Menschen und nicht nur das Trading-Handwerk allein! Das macht die Sache so anstrengend und mühevoll und den Lernprozess so langwierig. Die Widerstände, denen Sie in diesem Prozess begegnen, sind die stärksten, die Sie als Mensch erleben können. Sie nehmen es mit der Veränderung Ihres Hormonhaushaltes auf. So wie ein Drogensüchtiger vom Stoff loskommen will, so wollen Sie von alten Verhaltensweisen loskommen und sich neue aneignen. Das ist für Ihren Körper und Ihre Psyche eine enorme Herausforderung. Das ist auch ein Grund, weshalb die Persönlichkeitsveränderung so viel Zeit benötigt. Schließlich bringen wir uns als Mensch voll und ganz ins Traden ein – unsere Gedanken, unsere Lebenserfahrung und – unsere Veranlagung – und werden dabei ständig von den stärksten Gefühlen gesteuert, ohne erst einmal darauf viel Einfluss nehmen zu
Weitere Kostenlose Bücher