Träume der Dunkelheit: Erzählungen (German Edition)
Schwangerschaft haben und das Kind auch danach am Leben erhalten können.«
Sara erhob sich und runzelte die Stirn. Sie war noch ein wenig unsicher auf den Beinen. Sie konnte das Zischen von Feuer hören, das auf Wasser traf, die Geräusche von Insekten und andere alarmierende Laute, die sie nicht einordnen konnte. Den Kampf draußen konnte sie sich deutlich vorstellen. Sie sah vor sich, wie die Armee des Bösen versuchte, die Zauber zu durchbrechen, die diejenigen schützten, die sich innerhalb der Mauern aufhielten. Erstaunlicherweise fühlte sie sich jedoch sicher tief unter der Erde bei den beiden Frauen, zu denen sie schon eine gewisse Affinität verspürte. Und sie wusste, dass Falcon zu ihr unterwegs war und nichts ihn würde aufhalten können.
Es schien verrückt, aber auch vollkommen natürlich, hier unten in diesem Zimmer zu sein und sich mit Raven und Shea zu unterhalten, während direkt über ihnen der uralte Vampir sich Zugang zu verschaffen suchte. »Werde ich Probleme haben, ein Kind zu bekommen, wenn ich ganz und gar Karpatianerin bin?«, fragte Sara.
In einer Geste der Kameradschaft, des Mitgefühls und der Solidarität reichten Shea und Raven ihr die Hände. »Wir arbeiten sehr hart daran, die Antworten zu finden. Savannah und zwei kleine Jungen überlebten, aber bisher war sie das einzige Mädchen. Ich habe einige Theorien entwickelt, doch wir werden noch sehr viel intensiver forschen müssen. Gary ist aus den Vereinigten Staaten herübergekommen, um mir zu helfen, und in ein paar Wochen wird Oregon, ein weiterer Wissenschaftler, zu uns stoßen. Ich denke, dass wir einen Weg finden können, die Babys am Leben zu erhalten. Ich glaube sogar, dass ich nahe daran bin, den Grund dafür zu finden, dass so wenige Mädchen geboren werden. Nur bin ich mir leider gar nicht sicher, dass ich die Situation verbessern kann, wenn ich die Ursachen aufdecke. Ich glaube, dass jede Frau, die einmal menschlich war, gute Chancen hat, ein weibliches Kind zur Welt zu bringen. Und das wäre ein unschätzbar kostbares Geschenk für unsere aussterbende Rasse.«
Sara ging nervös im Zimmer auf und ab, weil sie plötzlich das Gefühl hatte, es keine Minute länger ohne Falcon auszuhalten. Je länger sie von ihm getrennt war, desto schlimmer wurde es. Die Sehnsucht nach ihm ergriff Besitz von ihrem ganzen Sein, verkrampfte ihr den Magen und erschwerte ihr das Atmen. Sie fand sich damit ab, weil sie mit diesem Gefühl schon sehr lange hatte kämpfen müssen, bevor sie Falcon tatsächlich begegnet war. Sie hatte sein Tagebuch überallhin mitgenommen, obwohl seine Worte sich unauslöschlich in ihrem Kopf und ihrem Herzen eingeprägt hatten. Sie hatte ihn damals schon gebraucht, und heute war es, als hätte ein Teil von ihr ohne ihn aufgehört zu existieren.
»Such die geistige Verbindung zu ihm«, riet Raven ihr sanft. »Er ist immer für dich da. Hab keine Angst, Sara, denn auch wir werden stets für dich da sein. Unser Leben ist wundervoll, voller Liebe und erstaunlicher Fähigkeiten. Ein Seelengefährte ist es wert, das Leben aufzugeben, das du vor ihm hattest.«
Sara fuhr sich wieder mit der Hand durchs Haar und verstrubbelte es noch mehr. »Vor Falcon hatte ich so gut wie gar kein Leben. Erst durch ihn habe ich wieder gewagt zu träumen: von einer Familie, einem Zuhause. Von einem Menschen, der zu mir gehört. Ich habe keine Angst.« Sie lachte plötzlich. »Na ja … ein bisschen nervös bin ich wahrscheinlich schon.«
»Falcon muss ein bemerkenswerter Mann sein«, sagte Shea.
So bemerkenswert nun auch wieder nicht. Jacques gab seine geistige Verbindung zu seiner Seelengefährtin nie ganz auf. Im Laufe der Jahre war es ihm gelungen, viele Dinge, die ihm einst aus dem Bewusstsein ausgelöscht worden waren, wieder neu zu erlernen, doch er brauchte seine Seelengefährtin, um ihm jederzeit und immer Halt zu geben. Früher wäre er eifersüchtig und gereizt gewesen, aber heute klang der pure Schalk in seiner Stimme mit.
Shea lachte leise mit ihm und sandte ihm eine zärtliche Berührung und erotische Bilder von sich zu. Das genügte. Sie war seine Seelengefährtin, seine Welt.
Sara sah die ständig wechselnde Mimik auf Sheas hübschen Zügen und wusste ganz genau, was zwischen ihr und ihrem Seelengefährten vorging. Es gab Sara das Gefühl, als wäre sie wirklich wieder ein Teil von etwas, ein Teil einer Familie. Und Raven hatte recht, denn sowie Sara Falcons Geist anrührte, war er augenblicklich in ihrem Bewusstsein
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