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Träume jenseits des Meeres: Roman

Träume jenseits des Meeres: Roman

Titel: Träume jenseits des Meeres: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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1793
    Susan sah Lowitja nach, wie sie im Busch verschwand, und kehrte dann ins Haus zurück, um sich einen Schal zu holen. Ezra und die Jungen waren in die Stadt gegangen, um sich noch ein letztes Mal mit Richard Johnson zu treffen, und sie war zum ersten Mal seit Monaten allein. Die Kühle des zu Ende gehenden Tages war angenehm nach der erdrückenden Hitze, und der Strand war zu verlockend, um ihn zu ignorieren. Sie würde ein Stück spazieren gehen, ihre Gedanken sammeln und sich bei diesem Ort bedanken, der ihr Trost und Traurigkeit zugleich beschert hatte.
    Der Strand war menschenleer, es gab keine Fußspuren im Sand, und als Susan im Gras auf der Düne stand, wurde ihr mit verblüffender Deutlichkeit bewusst, was der weiße Mann Lowitja und ihrem Volk angetan hatte. Diese urtümliche Gegend war unberührt und unverbraucht gewesen – bis die Erste Flotte eintraf. Nun wurde die Stille nicht durch Vogelgezwitscher und Stammesgesänge durchbrochen, sondern von Axtschlägen und Hammerklängen, Peitschenknall und Gewehrschüssen. Tod und Vernichtung hatten in dieses südliche Paradies Einzug gehalten. Kein Wunder, dass Lowitja fortging.
    Beinahe ängstlich trat sie auf den Sand und ging langsam am Strand entlang. Sie warf einen Blick hinter sich. Ihre Fußabdrücke zeugten davon, dass sie hier war, doch sie würden mit der nächsten Flut weggewaschen, und schon bald würde nichts mehr darauf hindeuten, dass sie diesen Weg gegangen war. Der Gedanke gefiel ihr, sie hob den Saum ihres Kleides und ging schneller, genoss die kühle Brise vom Wasser und die Freiheit, allein, aber nicht einsam zu sein.
    Sie atmete die saubere salzhaltige Luft ein und beobachtete einen Schwarm grellbunter Papageien, die in den gelben Akazien am Strand kreischten und zankten. Lächelnd betrachtete sie ihre Possen, klatschte in die Hände und lachte laut auf, als sie mit wild schlagenden Flügeln aufstoben und davonflogen. Nun vernahm sie das sanfte Trällern von Elstern, die Lowitja kurrawongs nannte und deren Gesang viel schöner war als alles, was sie je in Cornwall gehört hatte.
    Sie setzte ihren Spaziergang fort und ging in Gedanken noch einmal alles durch, was in den letzten Monaten geschehen war. Der schwere Duft von Akazien und Eukalyptus erfüllte ihre Sinne. Ezras Augen hatten sich wieder aufgehellt, nun, da er die Gewissheit hatte, dass sein Gott ihn nicht verlassen hatte, sondern ihn für Seine Mission brauchte. Dafür musste sie Reverend Johnson dankbar sein – und George, denn er hatte seinen Vater aus der Teilnahmslosigkeit gelockt und ihm zu verstehen gegeben, wie sehr sie ihn alle liebten und brauchten.
    Schmunzelnd dachte Susan an seine neue Begeisterung für die Zukunft. Für sie wäre es am Hawkesbury River einsam ohne andere Frauen, mit denen sie reden konnte, aber die Tatsache, dass sie Ezra und ihre Söhne bei sich hatte, würde sie dafür entschädigen.
    Bei dem Gedanken an Florence seufzte sie. Seitdem sie auf ihre Missionsstation im Norden gezogen war, hatte sie nichts mehr von sich hören lassen. Susan konnte nur hoffen, dass das Mädchen eines Tages wieder zur Familie zurückkehrte, so dass der Heilungsprozess einsetzen konnte und sie zu einem neuen Einvernehmen kamen.
    Sie tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch ab, denn trotz der kühlen Brise hatte ihr schneller Schritt sie ins Schwitzen gebracht. Mit zweiundvierzig sollte sie nicht mehr so schnell gehen, schon gar nicht über einen menschenleeren Strand – doch lieb gewonnene Gewohnheiten legte man nicht so schnell ab, und wenn sie noch zu Hause in Cornwall gewesen wäre, hätte sie nicht lange gezögert. Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, als ihr klar wurde, dass sie für die bevorstehende Umwälzung und die Veränderung allmählich zu alt wurde. Noch nie war das Leben so hart gewesen – nicht einmal damals, als sie am Kai in Mousehole arbeitete –, und der Überlebenskampf hier in Australien hatte seinen Tribut gefordert. Sie war zu Tode erschöpft, und bei dem Gedanken, wieder ganz von vorn anzufangen, hätte sie am liebsten geweint.
    Sie war im Begriff umzukehren und sich auf den Rückweg zu machen, als sie ihn sah. Er stand auf der Düne und beobachtete sie; als sich ihre Blicke trafen, ließ er sein Pferd stehen und kam unsicher auf sie zu.
    Sie erstarrte, das Herz schlug ihr bis zum Hals, und heiße Röte schoss ihr ins Gesicht.
    »Susan?«
    Sie schlug ihn. Es war ein fester Hieb, der Abdrücke ihrer Finger auf seiner Wange

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