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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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    Nur selten gestattete sich Harry Stratton Trevelyan absolute Gewißheit. Doch eines hatte er im vergangenen Monat klar erkannt: Er wollte Molly Abberwick. Heute abend würde er sie fragen, ob sie eine Affäre mit ihm begann.
    Für Harry war das eine wichtige Entscheidung gewesen. Ohnehin hatte er fast nur wichtige Entscheidungen in seinem Leben zu treffen.
    Der Einleitungssatz seines letzten Buches hätte ihm auch als persönliches Motto dienen können. Das Gefühl absoluter Gewißheit ist die größte aller Illusionen. Im allgemeinen handelte Harry in Beruf und Privatleben nach diesem Prinzip. Diese Einstellung hatte er sich zur Gewohnheit gemacht. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit und seiner gegenwärtigen Beschäftigung hatte sich in Harry ein Weltbild herausgebildet, das manche Menschen für zynisch hielten. Er selbst zog es vor, seine Haltung als »intelligente Skepsis« zu bezeichnen. Das Ergebnis war dasselbe. Nur selten wurde Harry getäuscht, betrogen oder hereingelegt. Andererseits erweckte er oft den Eindruck, kalt und berechnend zu sein. Doch das störte ihn nicht.
    Seiner wissenschaftlichen Ausbildung und seinem Naturell entsprechend, verlangte er Fakten und wasserdichte Beweise in buchstäblich jedem Bereich seines Lebens. Klarheit war seine Leidenschaft, und er ging an alle Fragen logisch heran.
    Manchmal allerdings kam es auch vor, daß sein fein geschulter Verstand die gewohnten methodischen Schritte auszulassen schien und direkt zur Lösung eines Problems sprang. Die Einsichten, die Harry auf diese Weise gewann, waren derart scharfsinnig, daß er manchmal erschrak. Zutiefst erschrak. Dennoch bediente er sich bei den meisten Gelegenheiten mit Genuß seiner messerscharfen Intelligenz.
    Er wußte, daß er im Denken besser war als darin, Beziehungen aufzubauen.
    Bis jetzt hatte er sich seinem Ziel, eine Affäre mit Molly zu beginnen, langsam und vorsichtig genähert. Harry wollte den Fehler nicht noch einmal begehen, der ihm mit seiner Exverlobten unterlaufen war. Er würde sich nicht mehr mit einer Frau einlassen, nur um eine Antwort auf die dunklen Fragen in sich zu finden, die er nicht in Worte kleiden konnte und wollte. Diesmal würde er sich mit Sex und Kameradschaft zufriedengeben.
    »Ist das alles, Harry?«
    Er sah seine Haushälterin an, die jeden Tag ein paar Stunden bei ihm arbeitete. Ginny Rondell war eine untersetzte Frau in den späten Vierzigern mit angenehmen Gesichtszügen. Sie stand auf der anderen Seite der langen Frühstückstheke aus Granit, die die Küche vom Wohnbereich der Hochhauswohnung abtrennte.
    »Ja, danke, Ginny«, sagte Harry. »Das Essen war übrigens ausgezeichnet.«
    Molly Abberwick, die auf dem schwarzen Sofa gegenüber der großen Fensterwand saß, schenkte Ginny ein warmes Lächeln. »Es war wunderbar.«
    Ginnys breites Gesicht strahlte vor Freude. »Danke, Miß Abberwick. Der Tee ist fertig, Dr. Trevelyan. Und Sie wollen ihn wirklich selbst servieren?«
    »Danke, ja. Ich kümmere mich darum«, sagte Harry.
    »Gut, dann wünsche ich noch einen schönen Abend.« Ginny trat um den langen Tresen und schritt in die mit grünem Marmor ausgelegte Diele. Während sie die Schranktür öffnete, um ihre Tasche zu holen, spürte Harry eine ihm sonst fremde Nervosität. Er wartete darauf, daß Ginny ihre Jacke anzog. Dann öffnete die Haushälterin die Eingangstür und verschwand.
    Eine plötzliche Stille erfüllte das Apartment.
    Endlich allein, dachte Harry. Seine Ungeduld amüsierte ihn. Es war schon lange her, seit er sich zum letztenmal so gefühlt hatte. Er konnte sich nicht einmal mehr an den Anlaß erinnern. Irgendwann in seiner Jugend zweifellos. Harry war sechsunddreißig, doch während der letzten acht Jahre war er sich verdammt alt vorgekommen.
    »Ich hole den Tee«, sagte er und erhob sich.
    Molly nickte. Ihre großen seegrünen Augen blickten erwartungsvoll. Harry hoffte, daß das bezüglich seiner Pläne ein gutes Zeichen war. Er hatte beide Telefone für den Rest des Abends abgeschaltet – eine geradezu unerhörte Handlung. Ginny war erstaunt gewesen. Sicher, den Geschäftsapparat stellte er abends immer ab, wenn er mit seinen Studien beschäftigt war, doch den Schalter des privaten Telefons legte er niemals um. Er war für beide, einander bekämpfenden Zweige seiner Familie immer erreichbar.
    Harry trat zu dem dunklen Steintresen und nahm das Tablett mit der Teekanne und den beiden Tassen. Den teuren Darjeeling-Tee hatte er bestellt, nachdem er es sich

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