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Traeume wie Samt

Traeume wie Samt

Titel: Traeume wie Samt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jayne Ann Krentz
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das für mich?«
    »Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Danke, Chris.« Die Aufzugtür glitt sanft auf. Harry schob sich hinein und schaffte es, den richtigen Knopf zu drücken. Als sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, lehnte er sich gegen die Wand. Er schloß die Augen und konzentrierte sich, um das Gleichgewicht auf der Glasbrücke zu finden, die sich über den Abgrund streckte. Diesmal würde er nicht gegen die widerstreitenden Empfindungen kämpfen, versprach er sich. Er würde Mollys Vorschlag befolgen und einfach in seine Sinne eintauchen. So wie er es tat, wenn er mit ihr zusammen war.
    Zu spät. Zu spät.
    Ein nagendes Untier, das Panik hieß, versuchte sich in sein Bewußtsein hineinzufressen. Harry zwang die Kreatur in ihr dunkles Verließ zurück. Es ging nur um eine andere Sinneswahrnehmung. Nicht anders als Sehen, Tasten oder Schmecken. Eine zusätzliche, natürliche Begabung, über die er verfügte. Wie seine Reflexe. Völlig normal. Hatte Molly gesagt. Vollkommen normal. Er mußte die Gabe nur akzeptieren. Sie benutzen. Seinen Frieden mit ihr schließen. Möglicherweise hing Mollys Leben davon ab, daß er seine natürlichen Fähigkeiten anerkannte.
    Mollys Leben.
    Er atmete tief ein und suchte einen festeren Stand auf der Glasbrücke. Wie aus dem Nirgendwo überfiel ihn eine wache Ruhe. Er begann leichter zu atmen. Ohne es ausprobieren zu müssen, wußte er, daß er die Kontrolle über seine Reflexe zurückgewonnen hatte. Das Zittern hatte aufgehört. Harry straffte sich und trat von der Aufzugwand weg. Die Türen öffneten sich. Tief einatmend, sammelte Harry sich. Er trat aus dem Aufzug und ging über den teppichbelegten Korridor zu seiner Wohnung. Dort schob er den Schlüssel ins Schloß und drehte den Türknopf.
    »Molly?« sagte er, während er in den Eingangsbereich trat, absichtlich stolpernd wie ein Betrunkener. Das Gefühl lauernder Gefahr drohte ihn zu überwältigen. »Schatz, ich bin wieder zu Hause. Verdammt wilde Party. Du hättest die Schlägerei in der Kneipe erleben sollen.«
    »So, so. Völlig betrunken.« Lächelnd trat Cutter Latteridge um die Ecke und betrat die Diele. Mit einer Hand hatte er Mollys Arm gepackt und sie an seine Seite gezwungen. In der andern hielt er eine mit einem Schalldämpfer ausgestattete Pistole, die auf Harrys Brust zielte. »Wie überaus günstig.«

22
    »Harry, ich habe versucht, dich zu warnen.« In Mollys Augen glitzerten Tränen der Verzweiflung. »Es tut mir so leid. So unendlich leid.«
    Harry starrte sie an, als hätte er Probleme, den Blick zu fixieren. »Was zum Teufel macht er hier?«
    »Ich bin hier, um einen guten Abgang vorzubereiten, Mr. Trevelyan«, sagte Cutter.
    »Ich gehe nirgendwo hin.« Harry stolperte auf ihn zu. Die unbeholfene Bewegung brachte ihn taumelnd zur Wand, an der er zu Boden glitt. »Nehmen Sie die Pistole weg, Latteridge. Sie können hier niemanden erschießen. Das ist nicht Ihr Stil.«
    »Dank Ihnen hat sich mein Stil geändert, Mr. Trevelyan.«
    »Harry.« Molly versuchte vergeblich, sich aus Cutters Griff zu befreien. »Bist du in Ordnung?«
    »Ich habe mich schon lange nicht mehr so gut gefühlt.«
    Harry kroch auf allen vieren. Unauffällig führte er die Hand an seinem Knöchel entlang in Richtung Messerscheide. Mit übertriebener Anstrengung kämpfte er sich wieder auf die Füße zurück. Das Messer steckte jetzt in seinem Ärmel. »Was geht hier vor?«
    »Er will es so aussehen lassen, als hättest du zuerst mich und dann dich selbst umgebracht«, flüsterte Molly. Mit suchendem Blick tastete sie Harrys Gesicht ab, als wollte sie hinter die Fassade seiner Trunkenheit sehen. »Harry, er wird uns umbringen!«
    »Nein. Wird er nicht.« Harry mühte sich voran. »Nicht wahr, Latteridge, Laxton oder wie Sie sonst heißen?«
    »Bleiben Sie, wo Sie sind«, befahl Cutter hastig. Er wich zurück und zog Molly mit sich.
    »Sie können mich nicht in die Brust schießen«, erklärte Harry vergnügt. »Würde nicht wie ein Selbstmord aussehen, oder? Sie müssen schon auf den Kopf oder in den Mund zielen.«
    »Verdammter Idiot«, zischte Cutter. »Sie sind wirklich verrückt, was? Ihre Schwägerin hat recht.«
    Harry schüttelte traurig den Kopf. »Und ich dachte, ein Seelenklempner müßte solche Geheimnisse für sich behalten.«
    »Halten Sie Abstand, oder ich erschieße Molly«, warnte Cutter. »Sofort, verstehen Sie?«
    »Sicher, klar.« Harry kam schwankend und stolpernd zum Stehen und massierte sich den

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