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Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Trallafitti: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Trallafitti: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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überall!«
    »Diese nicht«,
knurrte er und trat näher an mich heran. Fast zärtlich strich er mit der Kuppe seines
Zeigefingers über einen dunkelbraunen Pilzhut, welcher mich an einen Regenschirm
erinnerte, dessen Kiele bei starkem Wind nach oben gebogen worden waren. »Das ist
ein Blaugrünfleckender Kahlkopf. Der wächst in Deutschland so gut wie gar nicht.
Der Handel damit blüht; er wird über die tschechische und holländische Grenze nach
Deutschland geschmuggelt, aber seit dem neuen Verbot vor zwei Jahren haben die Preise
stark angezogen.«
    Ich verstand.
»Und du verkaufst sie billiger.«
    »Aber immer
noch teuer genug, dass es sich lohnt.«
    Ich schnupperte
an einem der Pilze. Als Kind war ich oft mit meinem Vater im Grävingholzer Buschwerk
unterwegs gewesen, einer natürlich gewachsenen Grünanlage mit hohem Baumbestand.
Mein Vater war ein frenetischer Pilzsammler und wir brachten eimerweise Hallimasch
mit nach Hause, aber auch Spinnen, Raupen und seltener Frösche, sofern ich einen
zu packen bekam. Meine Mutter kochte die Pilze ein, verpackte sie in Gefriertüten
oder servierte sie sofort. Und obwohl keiner in meiner Familie jemals mit Vergiftungen
vom Stuhl gefallen war, blieb ich skeptisch und verweigerte jedes Mal die Essensaufnahme.
»Und was macht man mit so einem Kahlkopf?«
    Metin zuckte
mit den Schultern. »Keine Ahnung. Vielleicht wird er einfach gegessen oder geraucht.
In einer Pfeife oder so.«
    Ich sah
ihn an. »Du hast es nie ausprobiert?«
    »Ich rühre
so einen Scheiß nicht an, Mann.«
    Ich war
nicht überrascht. Döner und Handys waren seine einzigen Laster. Und Geldgier. Ich
drückte mein Kreuz durch. »Was kostet so was?«
    Metin lachte
höhnisch. »Das würdest du wohl gerne wissen, was?«
    »Ich kann
es googeln.«
    »Pro Gramm
um die 15 Euro.«
    Ich hielt
die Luft an. »Pro Gramm? Aber das ist ja wohl nicht mal ein halber Pilz!« Ich sah
noch einmal den Gang hinunter. In ein Töpfchen passten 10 bis 15 Pilze, in eine
Schachtel weit über 20. Ein einziges Schrankregal bot demnach Platz für gute 100
Stück. Mein innerer Taschenrechner gab sich geschlagen. Es reichte mir zu wissen,
dass hier viel Geld spross. Verdammt viel Geld.
    »Das ist
mir zu hoch«, sagte ich. »Pilze züchten. Das Zeug kann jeder Schüler in seinem Kleiderschrank
anbauen. Wie kann sich das lohnen?«
    »Du hast
von Tuten und Blasen doch keine Ahnung. Diese Pilzfarm ist eine Wissenschaft für
sich! Die Luft muss stimmen. Ist es zu feucht, vergammeln sie, ist es zu trocken,
wachsen sie nicht. Ich hab wochenlang mit den beschissenen Pflanzenlampen experimentiert,
damit die Beleuchtung passt. Und die Holzspäne lass ich mir extra aus der Schweiz
kommen, denn auf den Splittern eurer guten deutschen Eiche wollen sie nicht sprießen.
Und glaub ja nicht, dass das alles war. Es gibt noch Konzentrate und spezielle Dünger,
aber die krieg ich alle vom Dealer.«
    »Vom Dealer?«
    »Genau.«
    Vor meinem
inneren Auge bildete sich eine dunkle, unansehnliche Gestalt ab, die mit einem Bauchladen
voller Pilze an einer Hauswand kauerte. Ich konnte mir ein Grinsen nur schwer verkneifen.
    Metin knuffte
mich in die Seite. »Für diese Plantage kann ich in den Knast einfahren.«
    »Wie lange
machst du das schon?«
    »Nicht lange.
Ich probiere noch rum.«
    Ich runzelte
die Stirn. Wir kannten uns kein Jahr und waren ganz bestimmt nicht auf der Suche
nach Freundschaft gewesen, als wir aufeinandertrafen. Das änderte sich auch später
nicht, denn Metin war ein testosterongesteuerter, aggressiver und Gewalt verherrlichender
Sturkopf, der meinte, über seine Angestellten verfügen zu können wie über sein Auto
oder das Telefon. Dass er zugleich mehrfacher Familienvater war, erfuhr ich erst
später, als er mir den Auftrag gab, seine halbe Familie zu beschatten. Trotz allem
kannte ich ihn kaum und konnte nicht von mir behaupten, genau über seine Wünsche,
Träume und Motivation, etwas so und nicht anders zu machen, Bescheid zu wissen . Gewisse Dinge waren mir allerdings nicht entgangen: Metins Steckenpferde waren Handys,
Autos und Knarren. Technikkram, den man knacken, bespielen oder zur Schau stellen
konnte. Er war einfach nicht der Typ für Pilze.
    »Haben dir
deine Geschäftspartner diese Plantage aufs Auge gedrückt?«
    Er zögerte.
»Sie haben mich gefragt und ich habe ja gesagt.«
    »Warum?«
    »Na, weil
es eine Goldgrube ist.«
    »Das meine
ich nicht. Warum haben sie gerade dich gefragt?«
    Seine Pupillen
glitzerten streng im

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