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Transfer

Transfer

Titel: Transfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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ausgeschaltet zugunsten toter Vorrichtungen - Automaten.
    Diese Welt war der Gefahr unzugänglich. Dem Grauen, dem Kampf und jeglicher Gewalt- dafür gab es dort keinen Platz; es war eine Welt der Milde, der weichen Formen und Sitten, der unscharfen Übergänge und undramatischen Situationen, genauso staunenswert wohl, wie meine oder unsere - hierbei denke ich an Olaf - Reaktion darauf.
    Denn gerade wir hatten zehn Jahre hindurch so viele Schrecken geschluckt, so vieles, was dem Menschen zuwider ist, was ihn verletzt und zerbricht, und er kam so satt zurück, so schrecklich satt davon; jeder von uns, wenn er gehört hätte, daß sich die Rückkehr verspäten könnte, daß man neuen Monaten der Leere die Stirn würde bieten müssen, wäre wohl dem, der das verkündete, an die Gurgel gesprungen. Und eben wir, die dieses ständige Risiko nicht mehr ertragen konnten, diese blinde Chance eines Me-teoriten-Treffers, diese ewige Spannung des Erwartens, die Qualen, die wir erlebten, wenn da irgendein Arder oder Ennesson von einem Erkundungsflug nicht wiederkam - ausgerechnet wir fingen plötzlich an, uns auf jene Schreckenszeit als auf etwas einzig
    Richtiges, Angemessenes zu berufen, das uns Würde und Sinn gegeben hat. Obwohl ich jetzt noch zusammenzuckte, wenn mir die Erinnerung kam, wie wir sitzend oder liegend, in den eigenartigsten Stellungen über der runden Radiokabine hängend, gewartet und gewartet hatten in einer Stille, die nur durch das gleichmäßige Brummen eines Signals unterbrochen wurde, das von der automatischen Raumschiffanlage kam, und die Schweiß -tropfen in dem toten blauen Licht von der Stirn des Funkers fließen sahen, der in der gleichen Erwartung erstarrte - während die betätigte Alarmglocke lautlos weiterging, bis der Augenblick kam, in dem ihr Zeiger den roten Punkt auf dem Blatt berührte und Erleichterung brachte. Erleichterung, denn nun konnte man auf die Suche gehen und selbst umkommen, und das schien wirklich leichter als diese Wartezeit. Wir Piloten, keine Wissenschaftler, waren alte Jungen, unsere Zeit blieb schon drei Jahre vor dem eigentlichen Start stehen. Innerhalb dieser drei Jahre erlebten wir verschiedene Arten einer ansteigenden psychischen Belastung.
    Es gab davon drei Hauptstadien, drei Stationen, die kurz Mangel, Geisterschloß und Krönung genannt wurden.
    Das Geisterschloß war ein Einschließen in einem kleinen Behälter, der so vollkommen, wie man es sich nur vorstellen kann, von der Welt abgeschnitten war. In sein Inneres gelangte kein Ton, kein Lichtstrahl, kein Lufthauch, nicht die allergeringste Bewegung von außen. Dieser Behälter - einer kleinen Rakete gleich - war mit Phantom-Apparatur, mit Wasser-, EB- und Sauerstoffvorräten ausgestattet. Und dort mußte man untätig leben, hatte absolut nichts zu tun- einen Monat lang, der wie eine Ewigkeit schien. Keiner kam dort so heraus, wie er hineingegangen war. Ich, einer der Härtesten von Doktor Janssen, fing erst in der dritten Woche an, diese wunderlichen Dinge zu sehen, die die anderen bereits am vierten oder fünften Tag bemerkten: gesichtslose Ungeheuer, gestaltlose Menschenmengen, die aus den tot leuchtenden Zifferblättern der Armaturen hervorkamen, um mit mir irrsinnige Gespräche zu führen, über meinem schweiß -nassen Körper - der seine Grenzen verlor - zu baumeln. Der Körper veränderte sich, wurde riesengroß, endlich - und das war das ekelhafteste - fing er an, sich irgendwie zu verselbständigen: zuerst zuckten die einzelnen Muskelfasern, dann - über Krabbelgefühle und Erstarrungen - kam es zu Krämpfen, endlich zu Bewegungen, die ich starr vor Staunen beobachtete, ohne etwas zu begreifen- und ohne einleitendes Training, ohne theoretische Hinweise wäre ich schon bereit gewesen zu glauben, daß meine Hände, mein Kopf, mein Nacken von Dämonen besessen waren. Der gepolsterte Innenraum dieses Behälters hatte - so wurde ge-munkelt- schon unbeschreibliche, unnennbare Szenen gesehen. Janssen und der Stab seiner Leute waren dank entsprechender Apparate die Zeugen dessen, was sich da drinnen abspielte, jedoch keiner von uns wußte - damals! - etwas davon. Das Isola -tionsgefühl mußte wirklich und vollständig sein. Deshalb war für uns das Verschwinden einiger Assistenten des Doktors unverständlich. Erst während der Fahrt sagte mir Gimma, daß sie ganz einfach zusammengebrochen waren. Einer von ihnen, ein gewisser Gobek, hatte wohl versucht, den Behälter mit Gewalt zu öffnen, da er die Qualen des

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