Transfer
dann weiter in einem Meer beweglicher Lichter, Schaufenster, die nicht verglast waren, zwischen gestikulierenden, sich wie Kreisel drehenden, schwungvoll mit Turnübungen beschäftigten Mannequins, die sich blitzende Gegenstände reichten, irgend etwas aufbliesen - ich schaute nicht einmal hin. In der Ferne gingen ein paar Menschen, ich war aber nicht sicher, ob es nicht schon wieder Puppen waren, und wollte ihnen nicht nachlaufen. Die Häuser traten auseinander, und ich sah eine große Inschrift PARK TERMINAL und einen leuchtenden grünen Pfeil.
Der laufende Gehsteig begann im Durchgang zwischen den Häuserfi und ging dann plötzlich in einen Silbertunnel über. Eine Art goldener Puls schlug in den Tunnelwänden, als ob unter ihrer Quecksilbermaske wirklich ein Edelmetall flösse, ich fühlte einen Hauch von Hitze, alles erlosch- ich stand in einem verglasten Pavillon. Er hatte die Gestalt einer Muschel, die faltige Decke strömte ein kaum wahrnehmbares Grün aus, es war das Licht ganz feiner Aederchen, wie die Luminiszenz eines einzigen, vergrößerten und zitternden Blattes. Türen gingen nach allen Seiten. Hinter ihnen - Dunkelheit und winzige, am Boden gleitende Buchstaben: PARK TERMINAL … PARK TERMINAL.
Ich ging hinaus. Es war wirklich ein Park. Die Bäume rauschten mit einem langgezogenen Laut, unsichtbar in der Dunkelheit.
Wind spürte ich nicht, er mußte wohl hoch oben wehen, und die gleichmäßige, würdevolle Stimme der Bäume umfing mich wie eine unsichtbare Kuppel. Zum ersten Mal fühlte ich mich allein, aber nicht so wie in der Menge, wo es mir wohl tat. Im Park mußten dennoch viele Menschen sein, ich hörte Flüstern, manchmal leuchtete ein Gesicht wie ein Fleck auf, einmal streifte ich jemanden sogar. Die Baumkronen waren miteinander verbunden, so daß man die Sterne nur in ihren Lücken sah. Ich besann mich, daß ich zu diesem Park nach oben gefahren war, ich hatte doch schon auf dem Platz mit den tanzenden Farben über mir einen - übrigens bewölkten - Himmel. Wie kam es also» daß ich nun, eine Etage höher, diesmal einen Sternenhimmel sah? Ich konnte es mir nicht erklären.
Die Bäume lichteten sich, und ehe ich es noch sah, spürte ich den Geruch von Wasser, den Geruch von Sumpf, von Moor, von nassen Blättern - ich erstarrte.
Das Dickicht umschloß den See mit einem dunklen Kranz. Ich hörte das Rascheln von Seegras und Schilf - und weit darüber, auf der anderen Seeseite, stand hochaufgerichtet - wie ein Riese
- ein Massiv lichtglasiger Felsen, ein halb durchsichtiger Berg über den Ebenen der Nacht. Ein gespenstisches Licht kam von den senkrechten Klippen, sehr blaß, bläulich, Bastionen auf Bastionen, zinnenartig erstarrter Kristall, Abgründe - und dieser leuchtende, unwahrscheinliche Koloß spiegelte sich mit langgezogenem, schwächerem Abglanz in den schwarzen Seegewässern.
Ich stand reglos und entzückt, der Wind brachte ganz leise, zerfließende Musiktöne. Aber als ich schärfer hinsah, erblickte ich einzelne Stockwerke und Terrassen des Riesen und verstand in diesem Augenblick, daß ich zum zweitenmal den Bahnhof, den gigantischen Terminal vor mir hatte. Dort war ich gestern umher geirrt, vielleicht blickte ich jetzt vom Grund jener dunklen Gefilde, die mich so erstaunt hatten, auf dieselbe Stelle, an der ich Nais getroffen hatte.
War es noch Architektur oder bereits eine Konstruktion der Berge? Sie mußten wohl verstanden haben, daß man - bei der
Überschreitung gewisser Grenzen- auf die Symmetrie, die ebenmäßige Gestalt verzichten muß und nur von dem Allergrößten lernen kann - die gelehrigen Planetenschüler!
Ich ging um den See herum. Der Koloß schien mich fast zu führen mit seinen reglos funkelnden Flug. Ja, kühn war es schon, eine solche Gestalt zu planen, ihr die Grausamkeit eines Abgrundes, die Rücksichtslosigkeit und Rauheit der Hängeklüfte und spitzen Gipfel beizugeben, ohne in ein mechanisches Kopieren zu verfallen, ohne irgend etwas zu verlieren, zu verfälschen. Ich kam zurück an den Wall der Bäume. Das blasse, ins Schwarz übergehende Blau des Terminals schien noch durch die Zweige, bis es erlosch, im Dickicht versank. Ich schob mit beiden Händen die biegsamen Ranken auseinander, Stacheln zerrten an meiner Wolljacke, kratzten an meinen Hosenbeinen, ein von oben geschüttelter Tau fiel mir wie Regen ins Gesic ht.
Ich nahm ein paar Blätter in den Mund, zerkaute sie, sie waren jung, bitter, zum erstenmal seit meiner Rückkehr war mir so: ich
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