Trantüten von Panem
meiner Kräfte –, kann ich meinen Augen kaum trauen: Sämtliche Champagnerflaschen liegen leer getrunken herum, die Erdbeeren sind verschwunden, und der Matrosenwelpe ist tot, während sich Pita im Whirlpool aalt und Musik auf dem iPod hört, den ich gestern für meinen Superkuss bekommen habe.
»He, das hat ja ganz schön lange gedauert«, begrüßt er mich. »Hast du vor, auch noch etwas Zeit mit mir zu verbringen?«
»Ich habe mich um unser Essen gekümmert. Was ist mit dem Matrosenwelpen passiert, und warum ist er nicht standesgemäß beerdigt worden?«
»Bin ich jetzt dein Sklave, nur weil ich nicht jagen kann? Soll ich jetzt alles für dich tun?«
»Weißt du, du bist heute ziemlich unverschämt, Pita. Bitte sei so nett und sag mir: Wer kümmert sich hier um alles? Ach ja, dieses Mädchen«, erkläre ich und zeige mit dem Finger auf mich. »Ich schufte hier, um dich zu ernähren. Ist es denn zu viel verlangt, zu einem prasselnden Feuer und einer entspannenden Fußmassage nach Hause zu kommen, anstatt von einem toten Welpen begrüßt zu werden, der vor sich hin gammelt?«
Ehe Pita antworten kann, erfüllt Ansager Gregs unverständliche Stimme die Arena. Nachdem er es viermal wiederholt hat, glaube ich, den Sinn seiner Worte verstanden zu haben. »Nicht vergessen: Zwei Tribute können gewinnen. Wenn ihr euch also in einer Höhle streitet wie Kantkiss und Pita, solltet ihr besser damit aufhören und die Liebe zwischen euch erblühen lassen.«
Ich seufze, denn ich erkenne den Wink mit dem Zaunpfahl sofort. Die Zuschauer wollen einen weiteren Kuss. Ich strecke also die Zunge raus, so weit es nur geht, als plötzlich die Stimme von Gregs Supervisor aus den Lautsprechern donnert: »Ach, und noch was: Ihr seid alle herzlich zu einem Buffet am Prollhorn eingeladen, wo für jeden von euch genau das wartet, was ihr am dringendsten braucht. Worauf wartet ihr noch? Kommt und holt es euch!«
»Kantkiss, weißt du, was das bedeutet? Vielleicht haben die da ein Pflaster für mich, vielleicht sogar ein Aspirin!« Ehe ich antworten kann, fährt Pita fort: »Aber du hast recht. Das ist einfach zu gefährlich für mich. Das ist wirklich sehr nett von dir, dass du mir meine Sachen gleich mitbringst.«
»Entschuldige mal – du kannst keine zehn Minuten aus deinem übervollen Terminkalender opfern, um den Hund zu begraben, erwartest aber von mir, dass ich Kopf und Kragen wegen einer Verletzung riskiere, die du wahrscheinlich nur simulierst? Das hat wenig mit dem köstlichen Körpergeruch zu tun, in den ich mich verliebt habe.«
Pita schnieft und wendet sich voller Scham von mir ab. »Findest du mich eigentlich noch attraktiv?«, will er von mir wissen.
»Ich weiß nicht, ob ich das je getan habe.« Mit diesen Worten schnappe ich mir den Welpen und suche nach einem geeigneten Ort, um ihn zu begraben. Als es mir dämmert, dass es ganz schön schwierig wird, ein Loch mit meinen bloßen Händen zu buddeln, fällt ein Fallschirm mit einer Schaufel neben mir zu Boden. Na super, noch so eine Denksportaufgabe von Edelkitsch! Was soll ich jetzt mit dieser blöden Schaufel?
Ich lege sie beiseite und versuche, mir einen Reim auf Edelkitschs Geschenk zu machen, während ich mit den Händen zu graben anfange. Da taucht Pita neben mir auf und fängt zu meckern an. »Nein, nein, nein, Kantkiss! So schmutzig kommst du mir nicht in die Höhle! Ist das klar?« Er stemmt eine Hand in die Hüfte und droht mir mit dem Zeigefinger der anderen. »Du machst mir hier alles bloß voll Dreck, und dreimal darfst du raten, wer das alles morgen wieder sauber machen muss! Nur weil ich nicht jagen gehe, heißt das noch lange nicht, dass ich nichts zu unserer Gemeinschaft beitragen würde!«
Auf einmal geht mir ein Licht auf, und ich weiß, warum Edelkitsch mir die Schaufel geschickt hat. Ich packe sie und verpasse Pita damit einen Hieb auf den Kopf, und bei ihm geht das Licht aus.
1 2
Ich verbringe die nächsten Stunden damit, Pita aus der Höhle in die freie Wildbahn zu rollen. Etwas frische Luft wird ihm guttun, während ich zum Buffet gehe.
Ich mache ein kleines Feuer neben dem bewusstlosen Pita, damit ihm nicht kalt wird, und bitte das Streichquartett, die ganze Nacht hindurch so laut wie möglich zu spielen, damit er auch schön sanft geweckt wird, wenn er irgendwann aufwacht. Ich will mich schon zum Buffet aufmachen, als mir in letzter Sekunde einfällt, dass die Zuschauer sicher noch eine Portion unglücklicher Liebe sehen wollen. Ich beuge
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