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Trauma

Trauma

Titel: Trauma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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Attraktionen, keine Tierkäfige, keine Verkaufswagen für Hotdogs, Eiskrem, Popcorn.
    Ganz allein dastehend machte das Zelt einen wesentlich größeren Eindruck, als wenn es inmitten des üblichen Jahrmarkttrubels gestanden hätte.
    Vier Mastspitzen ragten aus dem Dach. Auf jedem flatterte, von einem Scheinwerfer angestrahlt, eine rote Fahne mit einer silbernen Scheibe in der Mitte. In der Scheibe leuchtete in Schreibschrift ein rotes V, gefolgt von einem Ausrufezeichen.
    In regelmäßigem Abstand führten Lichterketten vom Zeltfirst bis zu den Seitenkanten, abwechselnd bestückt mit roten und weißen Glühbirnen. Der Haupteingang war mit funkelnden weißen Lichtern geschmückt.
    Der Strom kam offenbar aus einem der vier Tieflader. Das einzige Geräusch, das die nächtliche Stille störte, war das rhythmische Tuckern eines Dieselgenerators.
    Über dem Lichtermeer des Haupteingangs warnte ein Banner: LASST EUCH VERZAUBERN!
    Wir beherzigten die Warnung, zogen unsere Pistolen und schauten nach, ob das Magazin vollgeladen war, obwohl wir das schon zu Hause vor der Abfahrt getan hatten. Dann übten wir einige Male, die Waffen ins Halfter zu stecken und wieder herauszuholen, um uns zu vergewissern, dass nichts uns daran hinderte, sie rasch zu ziehen.

    Niemand war erschienen, um uns zu empfangen, als wir geparkt hatten und ausgestiegen waren. Trotz des Zelts und der Lichter sah die Wiese verlassen aus.
    »Wahrscheinlich schätzen wir den guten Virgilio falsch ein«, sagte Jimmy.
    »Wenn Konrad Beezo ihn für ein Ungeheuer gehalten hat, dann ist er wahrscheinlich ein wahrer Heiliger«, schloss ich mich seiner Überlegung an. »War nicht alles, was Konrad gesagt hat, voll und ganz daneben?«
    »Genau«, sagte Jimmy. »Und wenn Punch meint, sein Großvater sei eine Eiterbeule auf Satans Arsch …«
    »… ein mieses Schwein …«
    »… sprechender Klärschlamm …«
    »… ein Wurm aus den Eingeweiden eines syphilitischen Wiesels …«
    »… die Ausgeburt einer Hexentoilette …«
    »… dann ist er wahrscheinlich ein richtig netter Kerl«, schloss ich.
    »Genau.«
    »Genau.«
    »Bereit?«
    »Nein.«
    »Los geht’s.«
    »Okay.«
    Wir hatten die silberne Schachtel wieder zugebunden. Jimmy trug sie an einem neuen roten Band, während wir gemeinsam über die Wiese zum Zelt gingen. Wir betraten es.
    Im Innern hatte man das Gras ganz kurz gemäht, aber kein Sägemehl verteilt.
    Auch die Tribünen für zahlende Zuschauer waren nicht aufgebaut worden. Offenbar war dies eine Vorstellung für ein gerade mal zweiköpfiges Publikum.

    An zwei Enden des Zelts hatte man stabile Gerüste für die Plattformen und Trapeze der Artisten errichtet. Strickleitern und Seile führten hinauf.
    Mehrere Scheinwerferbatterien tauchten den Raum über uns in gleißendes Licht. Dort schwangen sich Menschen durch die Luft. Mit ihren silbernen und roten Trikothosen sahen die Männer aus wie Superhelden ohne Umhang. Die Frauen trugen knappe, silbern-rote Einteiler ohne Bein und zeigten viel nackte Haut.
    Sie hingen an Händen oder Knien am Trapez. Sie schwangen sich hin und her, machten Saltos, wirbelten herum, flogen durch den Raum und fingen einander in der dünnen Luft.
    Es spielte keine Zirkuskapelle, aber Musik war auch gar nicht nötig. Die Artisten waren selbst Musik, elegante Harmonie, perfekter Rhythmus, eine Symphonie aus komplexen Bewegungen.
    Jimmy stellte die Schachtel mit dem Geld auf den Boden.
    Einige Minuten standen wir gebannt da. Wir spürten zwar noch das Gewicht der Pistolen, die schwer im Halfter steckten, aber alle Gedanken an Gefahr waren in den Hintergrund verbannt.
    Die Artisten beendeten ihre Vorstellung mit einer besonders faszinierenden Reihe von fliegenden Wechseln, bei der sie mit verblüffend genauem Timing von Trapez zu Trapez flogen. Dabei waren sie zu dritt in der Luft, obwohl es nur zwei Trapeze gab, sodass es jederzeit zu einem katastrophalen Zusammenprall hätte kommen können.
    Aus diesem schillernden Schwarm flügelloser Vögel löste sich ein Mann von einer Stange, wirbelte in der Luft herum, faltete sich wie zum Salto zusammen und stürzte mit dem Rücken nach unten in die Tiefe. Im letzten Augenblick breitete er die Arme aus wie Flügel, streckte die Beine und landete sicher auf dem Rücken im Netz.

    Einmal, dann noch einmal schnellte er wieder ein Stück weit in die Luft, dann rollte er sich zur Netzkante und schwang sich auf den Boden. Er kam auf den Zehenspitzen auf wie ein Balletttänzer, die Arme hoch

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