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Traumfänger

Traumfänger

Titel: Traumfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlo Morgan
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noch kein richtiger Aborigine-Name war, aber zumindest in diese Richtung ging. Sie waren der Meinung, daß ich mehr als nur ein besonderes Talent besaß, und sie hatten erkannt, daß ich sie und ihre Lebensweise lieben und gleichzeitig meiner eigenen treu bleiben konnte. Deshalb tauften sie mich scherzhaft »Zwei Herzen«.
    Auf dem Fest zu ihren Ehren sagte ein jeder der Geheimnisbewahrerin, welch ein Gewinn es sei, sie in der Gemeinschaft zu haben und wie sehr alle ihre Arbeit schätzten. Bei aller Bescheidenheit glühte sie vor Stolz und nahm das Lob würdevoll entgegen. Es war ein wunderbarer Abend. Bevor ich einschlief, bedankte ich mich beim Universum für diesen außerordentlichen Tag und sprach ein »Danke« in den Himmel.
    Hätte man mir die Wahl gegeben, wäre ich niemals mit diesen Menschen aufgebrochen. Von keiner Speisekarte der Welt hätte ich Kaulquappen bestellt. Doch jetzt erkannte ich, wie bedeutungslos bei uns die meisten Feste und Feiertage geworden sind und wie wundervoll sie eigentlich sein konnten.

27 • Ausgelöscht
    Der Boden vor uns war von der Erosion zerfurcht. Bis zu drei Meter tiefe Schluchten hinderten uns daran, einfach geradeaus zu wandern. Plötzlich verdunkelte sich der Himmel. Riesige graue Gewitterwolken türmten sich über uns auf, und wir konnten am Himmel verfolgen, wie das Gewitter immer näher kam. Nur wenige Meter von uns entfernt schlug ein Blitz in den Boden, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Knall. Jetzt folgte ein gezackter Blitz dem anderen. Jeder rannte los, um irgendeinen Unterstand zu suchen. Obwohl wir in alle Richtungen auseinanderstoben, schien keiner von uns einen geschützten Ort zu finden. In diesem Teil des Landes war die Gegend nicht ganz so unfruchtbar. Es gab verkrüppelte Büsche, ein paar einsam vor sich hin kämpfende Bäume und eine stachelige Bodenflechte.
    Wir sahen, wie die Wolke aufbrach und eine Regenwand aus ihr herausströmte. Ich konnte das Prasseln in der Ferne hören - es war wie das Geräusch eines Zuges, der stampfend näher kommt. Der Boden unter meinen Füßen bebte. Riesige Wassertropfen fielen vom Himmel. Blitze durchzuckten die schwarze Wolkenwand, und die Donnerschläge waren laut genug, um mein Nervensystem in Alarmbereitschaft zu versetzen. Instinktiv griff ich nach dem Riemen, der um meine Taille gegürtet war. Daran trug ich ein Wassergefäß und einen kleinen geflochtenen Beutel aus Pflanzenfasern, den mir die Heilerin mit vielen Gräsern, Ölen und Pudern gefüllt hatte. Sie hatte mir genau erklärt, woher jedes einzelne stammte und wozu es gut war, aber ich hatte bereits erkannt, daß ihre Behandlungsmethoden genauso schwer zu erlernen waren wie unsere Schulmedizin; sie zu begreifen und zu beherrschen würde genauso lange dauern wie ein Medizinstudium. Ich legte meine Hand auf den Knoten, um sicherzugehen, daß er fest saß. In all dem Lärm und Aufruhr hörte ich noch etwas.
    Durchdringend übertönte es alles andere; es war ein neues, aggressives Geräusch, das ich von diesen Menschen nicht kannte. Ooota schrie mir zu: »Greif nach einem Baum! Halt dich an einem Baum fest!« Aber es gab keinen in meiner Nähe. Suchend blickte ich mich um und sah etwas über den Wüstenboden angerollt kommen. Es war riesig, schwarz und ungefähr zehn Meter breit, und es kam unglaublich schnell auf mich zu! Bevor ich noch einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte es mich erreicht. Eine Welle wirbelnden, schlammigen und schäumenden Wassers schlug über meinem Kopf zusammen. Die Lawine riß mich fort.
    Ich rang nach Luft. Meine Hände kämpften sich nach draußen und versuchten irgendwo Halt zu finden. Ich wußte nicht mehr, wo oben und unten war. Schwerer, zäher Schlamm drang in meine Ohren. Ich wirbelte herum und überschlug mich. Als ich seitwärts gegen einen sehr festen Gegenstand geworfen wurde, blieb ich endlich liegen. Ich hatte mich um einen Busch gewickelt. Soweit es möglich war, reckte ich Hals und Kopf vor, um endlich Luft zu kriegen. Meine Lungen schrien nach Sauerstoff. Ich mußte einatmen, mir blieb keine andere Wahl mehr, selbst wenn ich noch immer unter Wasser war. Meine Angst war unbeschreiblich.
    Ich glaubte mich Gewalten ergeben zu müssen, die ich noch nicht einmal verstand. Doch obwohl ich jetzt fest damit rechnete, zu ertrinken, atmete ich Luft ein und kein Wasser. Ich konnte meine Augen nicht öffnen, weil der Schlamm zu schwer auf meinem Gesicht lag. Der Busch stach mir immer heftiger in die Seite, aber die

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