Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Traumfrau mit Geheimnis

Traumfrau mit Geheimnis

Titel: Traumfrau mit Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Winstead Jones
Vom Netzwerk:
gar nicht mitgezählt.
    „Nicht, wenn Sie mir keinen Grund dafür geben“, gab sie zurück.
    Gleichmütig verschränkte er die Arme vor der Brust. Wieso hatte sie dennoch das Gefühl, dass seine Gelassenheit nur gespielt war?
    „In diesem Viertel gibt es ein paar wunderbare alte Häuser“, sagte er mit seiner ruhigen, tiefen Stimme. „Ich bin nur ein bisschen herumgelaufen und habe sie mir angesehen, weil ich mich für die Architektur des 19. Jahrhunderts interessiere.“
    „Die Details dieser Epoche kommen bei Tageslicht noch viel besser zur Geltung“, entgegnete Reva kühl.
    „Wie gesagt, ich bin gerade erst angekommen.“ Er zuckte die Achseln. „Ich konnte es einfach nicht abwarten, mich umzusehen. Wohnen Sie in der Nähe?“
    „Nein“, sagte sie. „Ich laufe nur hier im Dunkeln herum, um mir die Architektur anzusehen.“
    Ihre Antwort bewirkte ein weiteres schiefes Lächeln auf dem Gesicht des Fremden. Er wirkte ganz eindeutig nicht wie ein Verbrecher, aber ganz harmlos war er auch nicht. Unter dem Anzug verbarg sich ein durchtrainierter Körper, das konnte sie an seinem Gang und seiner Haltung erkennen. Er hatte nichts Weiches an sich, wenn man seine Stimme nicht zählte.
    Reva war vor Männern immer auf der Hut, besonders vor solchen wie diesem hier. Er war zu glatt, zu selbstsicher und zu sehr auf ihrem Grundstück. Von seinem Architekturfimmel konnte er seiner Großmutter erzählen.
    „Ich gehe jetzt“, sagte er und trat einen Schritt zurück. „Ich würde sagen nett, Sie kennengelernt zu haben , aber leider weiß ich Ihren Namen nicht.“
    Er hielt inne, doch sie schwieg.
    „Und ich kann auch Ihr Gesicht nicht sehen“, fuhr er fort und legte den Kopf schräg, als würde das helfen. „Jedenfalls nicht unter der Schirmmütze. Aber wenn ich jemals eine misstrauische Frau sehe, die einen großen Ast mit sich rumträgt, werde ich auf jeden Fall Hallo sagen.“
    Reva hob den Ast etwas höher. Flirtete er etwa mit ihr? Unmöglich. Sie beschloss, überhaupt nicht zu antworten.
    „Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe“, sagte er.
    „Haben Sie nicht“, gab sie zurück.
    Dean nickte, sah aber so aus, als glaubte er ihr kein Wort. Konnte er etwa hören, wie laut ihr Herz schlug? Oder hatte er das leichte Zittern in ihrer Stimme erkannt?
    „Ich glaube, ich sollte meine Erkundungstouren ab jetzt tagsüber machen. Ich wusste nicht, dass hier so früh die Bürgersteige hochgeklappt werden.“
    „Jetzt wissen Sie’s“, erwiderte sie knapp.
    „Gute Nacht, Ma’am“, sagte er, senkte leicht den Kopf und drehte sich auf dem Absatz um. Reva beobachtete, wie er durch den Garten ging, die Straße überquerte und vor Evelyn Fisters Haustür stehen blieb. Tatsächlich stand in der Einfahrt des Hauses, in dem Dean angeblich das Zimmer mietete, ein ihr unbekannter Wagen.
    Also hatte er vielleicht doch die Wahrheit gesagt. Vielleicht.
    Dennoch nahm sie den Ast mit, als sie zum Haus ging.
    Beschattungsjobs waren nicht gerade Deans Lieblingsaufgabe in seinem Beruf. Stunden-, tage- oder wochenlang herumzusitzen und darauf zu warten, dass sich etwas tat, war ein mühseliger, aber unumgänglicher Teil der Arbeit eines stellvertretenden Polizeichefs der Bundesbehörde.
    Obwohl er gut geschlafen hatte, ging ihm seine derzeitige Aufgabe bereits auf die Nerven. Dabei waren er und sein Partner, Alan Tanner, erst seit dreizehn Stunden in Somerset, Tennessee, das mit seinen zweitausenddreihundertzweiundfünfzig Einwohnern nicht gerade eine Großstadt darstellte.
    Alan, der die Nachtschicht übernommen hatte, stand auf, als Dean aus dem Schlafzimmer der gemieteten Mansarde kam. Nach sechs Stunden auf seinem Posten war er ganz offensichtlich müde.
    Als Junggeselle war Alan dünn und drahtig gewesen, doch jetzt bekam er langsam einen Bauch, ein Anzeichen für die Kochkünste seiner Frau. Er war ein paar Jahre älter als Dean, bekam die ersten grauen Haare und marschierte stramm auf die vierzig zu.
    Ihr neues Zuhause umfasste den gesamten dritten Stock des Hauses, das im Jahr 1820 gebaut worden war. Alles quietschte, knarrte oder brauchte dringend einen neuen Anstrich, doch immerhin hatte das Haus einen gewissen Charme.
    Den großen Raum im dritten Stock hatte ihre Vermieterin ihnen als den Salon vorgestellt. Die Möblierung war älter als die reizende alte Dame selbst, und einige der Polstermöbel rochen etwas muffig. Doch ihr Quartier war sauber und lag in idealer Entfernung zu Miss Reva’s , dem Restaurant auf

Weitere Kostenlose Bücher