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Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Titel: Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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Glasscherbe auszuwickeln, bevor die Contessa zurück war. Ihr Atem blies Miss Temple warm ins Genick.
    »Sie riechen wie ein Pony.« Die Contessa griff nach einer Bernsteinflasche, Signora Melinis Mielissima, und kam mit einer Schüssel Wasser zurück. »Arme hoch.«
    Miss Temple gehorchte. Die Contessa rieb mit einem Lappen grob über Miss Temples Achselhöhlen, ihren Busen und Hals und schließlich, mit kleinen Bewegungen, über ihr Gesicht. Miss Temple hielt still wie ein Katzenjunges, das sich von der Zunge seiner Mutter lecken lässt. Die Contessa ließ den Lappen in die Schüssel fallen. Mit geschürzten Lippen verteilte sie das Parfüm sehr viel großzügiger, als Miss Temple es jemals getan hatte, unter ihren Armen, an den Handgelenken, hinter den Ohren und zog schließlich den mit Parfüm befeuchteten Stöpsel über ihre hervorstehenden Schlüsselbeine, wie zum Zeichen einer alkoholseligen, durchgemachten Nacht. Sie steckte den Stöpsel zurück in die Flasche und warf sie achtlos aufs Bett. In einem Anfall von Misstrauen schob die Contessa eine Hand in Miss Temples Korsett und fuhr ihr auf beiden Seiten unter die Brüste, um zu sehen, ob sie etwas versteckt hatte. Als sie nichts fand, zog sie die Hand wieder heraus und beugte sich ein letztes Mal schnuppernd vor.
    »Zumindest wird Sie niemand für ein unparfümiertes Pony halten.«
    Die Contessa griff nach einem Kleid, schüttelte es auf und hob es über Miss Temples Kopf.
    »Aber das ist ein Trauerkleid …«
    Ihre Worte gingen in einer Masse schwarzen Seidencrêpes unter. Sie hatte es ein einziges Mal getragen, beim Begräbnis von Rogers Cousin, zu Beginn ihres Liebeswerbens. Die spontane Anschaffung, die allein seinetwegen erfolgt war, hatte ihr große Freude bereitet.
    »Arme in die Ärmel. Beeilen Sie sich.«
    Sie stellte fest, dass das Kleid der Contessa, das Miss Temple für dunkelviolett gehalten hatte, eher von einem schimmernden Dunkelgrau war. »Wer ist gestorben?«
    »Oh, wer nicht?«
    Die Contessa zog die Schnürbänder so rücksichtslos fest wie ein Bauer, der seine Ziegen anbindet. Mit flinken Händen streifte sie die Röcke über Miss Temples Füße, schlug den Überrock über die Petticoats und zog abwechselnd das Korsett nach unten und schob den Busen nach oben. Während der ganzen Zeit hielt Miss Temple das zerknüllte Seidentaschentuch in der Hand.
    Mit einem resignierten Seufzer trat die Contessa zurück. »Ihr Haar würde einen Schäferhund beschämen. Haben Sie einen Hut?«
    »Ich mag keine Hüte. Wenn Sie meinem Dienstmädchen erlauben würden …«
    »Nein.«
    Die Contessa umfasste Miss Temples Locken mit beiden Händen. Sie standen dicht voreinander, die Contessa ganz auf ihre Tätigkeit konzentriert, während Miss Temple, die kleiner war, ihren Blick auf den Hals der anderen Frau gerichtet hatte, nur Zentimeter entfernt.
    Die Contessa runzelte die Stirn. »Mit ein wenig Wohlwollen könnte man sagen, Sie sehen wie eine Schweizerin aus. Doch wir sind bereits spät dran. Was haben Sie mit Oskar gemacht? Ist er gesund, Celeste? Ich meine seinen Verstand.«
    »Wir haben kaum miteinander gesprochen. Ich war verwundet …«
    »Ja, das hat ihm bestimmt gefallen. Wahrscheinlich hätte er Sie am liebsten ganz verspeist.«
    »Warum haben Sie Doktor Svenson nicht getötet?«
    »Wie bitte?«
    Die Frage war Miss Temple entschlüpft. »Sie haben ihm die Glaskarte gegeben und ihn am Leben gelassen.«
    »Habe ich das?«
    »Ein Teil von ihm möchte sterben, wie Sie wissen. Wegen Eloise. Ihretwegen.«
    Die Contessa begegnete ihrem strafenden Blick und lachte laut heraus. Noch immer lächelnd öffnete sie die Tür, verließ den Raum und überließ es Pfaff, Miss Temple hinauszuführen. Er hakte sie unter, blieb jedoch neben dem Beistelltisch stehen, auf den sie Rogers Notizbuch gelegt hatte.
    »Sie braucht eine Tasche«, rief er. »Es sieht seltsam aus, wenn sie keine hat.«
    Man hörte die Contessa im Foyer schnauben – wahrscheinlich eher wegen Miss Temples Geschmack hinsichtlich Taschen, als wegen der Notwendigkeit. Pfaff schnappte sich eine Handtasche, steckte rasch das Notizbuch hinein und schob Miss Temple durch die Tür. Die Contessa verdrehte die Augen.
    »Ach, du liebe Güte!«
    Pfaff sah gekränkt aus. »Sie passt perfekt.«
    »Wie Kopfschmerz zu Übelkeit. Vielleicht erregt sie ja Mitleid.«
    Marie war verschwunden, und obwohl Miss Temple überlegte, den Mann an der Rezeption mit lauten Hilferufen auf sich aufmerksam zu machen, ließ sie

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