Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
begehen. Dass er Chang abgrundtief hasste, war nicht von Belang.
Miss Temple kauerte mit Svenson unter einer weiteren Metallluke, wo sie auf Chang und Phelps warteten. Der Doktor bemerkte Changs leeren Ausdruck, sagte jedoch nichts. Phelps räusperte sich lediglich und entschuldigte sich dafür, sie aufgehalten zu haben.
»Anscheinend haben Sie einen weiteren Raum gefunden«, sagte er. »Wie raffiniert.«
»Es ist kein Raum«, flüsterte Miss Temple, »sondern unser Ausgang.«
Chang hob einen Fuß, weil der Boden feucht war. »Sie haben uns zu einem Abwasserkanal geführt.«
»Versuchen Sie Ihr Glück mit Mr. Foison«, erwiderte sie. »Ich bin sicher, er hat alles vergessen und vergeben.«
Diesmal schob Svenson den Lukendeckel beiseite, zog sich hoch und verschwand. Dann streckte er eine Hand nach unten, und Miss Temple war die Nächste, gefolgt von Chang. Er tauchte in einem weiteren Raum mit Zementmauern wieder auf. Hier reihten sich jedoch große Tanks aneinander, und jeder hatte am Sockel einen Auslass vom Durchmesser einer Zwölfpfundkanone. Er machte sich nicht die Mühe, Phelps zu helfen.
»Hier drin befinden sich die verschiedenen Lösungen«, erklärte Miss Temple mit belegter Stimme, »die in den Tunnels freigesetzt werden, um verschiedene Arten von Sprengstoffrückständen zu neutralisieren. Der Comte war angetan vom … Ingenieurwesen.«
»Wie bringt uns das hier heraus?«, fragte Phelps, der sich steif erhob. Miss Temple zeigte auf das größte Becken, das eine Ecke des Raums ausfüllte und fast bis zu den Dachbalken reichte.
»Weil das da mit Wasser gefüllt ist – um die anderen Chemikalien wegzuspülen – und die Rohre, die es befüllen, in den Kanal führen.«
»Ich werde gerade wieder trocken!«, jammerte Phelps.
»Aber Celeste«, sagte Svenson, »wir haben es beim Kanal versucht – er ist zu streng bewacht.«
Miss Temple schüttelte ungeduldig den Kopf. »Nicht das Kanaltor am Fluss. Wir sind unter dem gesamten Werk hindurch, vom Fluss weg und hin zu einer Abzweigung des Orange Canal selbst, auf dem Güter in die andere Richtung transportiert werden, zum Bahnhof von Raaxfall. Diese Rohre führen unter den Grenzzäunen hindurch zum Wasser.«
»Wir sollen durch die Rohre schwimmen?«, zeterte Phelps. »Dieser Plan ist vollkommen idiotisch!«
Miss Temple wurde von einem weiteren Erstickungsanfall heimgesucht. Er wollte nicht aufhören, und sie beugte sich vor, als wäre ihr schlecht. Svenson starrte Phelps an, der mit den Schultern zuckte und ein feuchtes Taschentuch hervorzog, um sich die Nase zu schnäuzen. Miss Temple richtete sich wieder auf. Ihre Augen waren rot und feucht.
»Es gibt Ventile«, keuchte sie. »Das Wasser kann abgestellt oder abgelassen werden – die Rohre werden auch fürs Abwasser verwendet. Es wird ekelhaft, aber es ist keine große Entfernung, und vielleicht kommen wir durch.«
»Wie kommen wir hinein?«, fragte Svenson.
Miss Temple blickte zum oberen Rand der Zisterne hoch über ihnen. »Da ist eine Leiter – vielleicht müssen wir ein Stück springen.«
» Ah. Vielleicht …«
Chang brachte sie mit einer Handbewegung zum Schweigen. Sie folgten seinem Blick zum Lukendeckel, den Phelps nicht wieder geschlossen hatte, und bemerkten das Flackern von Licht im Tunnel unter ihnen.
Chang winkte sie energisch zum Wasserbecken, wo Miss Temple den anderen beiden Männern zeigte, welche Ventile zu schließen waren. Das Quietschen wurde im Tunnel gehört: Lichtstrahlen fielen in den Raum. Chang ging zu einem kleineren Becken, drehte am Auslass und sprang beiseite, als eine grüne Flüssigkeit herausschoss. Der Fußboden war genau zu diesem Zweck geneigt, und die dampfenden Chemikalien liefen direkt auf die Luke zu. Chang rannte zur Leiter. Phelps kletterte als Erster hinauf, gefolgt von Miss Temple. Dann kam Svenson, der im Schneckentempo die Sprossen erklomm.
Wütende Schreie hallten durch den Tunnel, gefolgt vom Bersten des Laternenglases beim Kontakt mit der Flüssigkeit. Chang drückte den Doktor am Hinterteil nach oben. Eine Hand tauchte in dem ekelhaften grünen Strom auf und dann ein keuchender und sich schüttelnder Kopf – einer von Xoncks Soldaten, der kühner als die anderen war. Chang blickte nach oben und sah Phelps’ Füße in einem Rohr oberhalb der Beckenöffnung verschwinden. Miss Temple unmittelbar hinter ihm balancierte auf dem glitschigen Rand. Svenson griff nach dem oberen Ende der Leiter, hatte jedoch Angst vor der über einen Meter
Weitere Kostenlose Bücher