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Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen

Titel: Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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zog die Luft ein und roch die feuchtkalte Luft eines Krankenzimmers. Stäelmaere House war das Versteck der Glasfrau gewesen und hatte alle, die dorthin kamen, dem Verfall anheimgegeben. Der alte Diener des Herzogs hatte dunkle Ringe um die Augen, teigige Haut und bleiches Zahnfleisch – und das nach Wochen der Genesung. Phelps befragte den Diener. Svenson trat zu einem verhängten Fenster am Ende des Flurs.
    »Wohin gehen Sie?«, fragte Chang.
    Svenson antwortete nicht. Im Flur hingen Porträts nebeneinander, unduldsame Hakennasen über fliehenden Kinnen, wässrige Augen, die zwischen lächerlichen Perücken und Spitzenkrägen so starr und groß wie Servierplatten hervorblickten – eine Galerie der Beziehungen des Herzogs, deren Exil in das obere Stockwerk den Grad zeigte, bis zu dem sie vergessen worden waren. Gab es ein eindeutigeres Sinnbild für das völlige Vergessen, dem sie anheimgefallen waren?
    Das Kriegsministerium versperrte den Blick auf den St.-Isobel’s-Platz, aber jenseits der Schieferdächer ertönten regelmäßig Musketenschüsse. Dieses Gefechtsfeuer setzte sich hinter den Lanzenreitern fort, und die Infanteriedivision bestätigte nur das Ausmaß des Aufstands und die Brutalität, mit der dieser niedergeschlagen wurde.
    Zu seiner Linken befand sich eine kleine Holztür. Svenson legte ein Ohr dagegen. Miss Temple machte Zeichen zurückzukommen. Stattdessen drehte der Doktor vorsichtig den Knauf und öffnete die Tür: ein leerer Treppenabsatz mit einer Treppe, die nach unten und unerwartet auch nach oben führte. Gab es noch ein Stockwerk, das Phelps nicht erwähnt hatte? Er kehrte zu den anderen zurück.
    »Was haben Sie gefunden?«, fragte Miss Temple.
    »Gar nichts«, sagte er. »Auf dem Platz wird noch immer geschossen.«
    »Eine gute Ablenkung«, sagte Chang, der hinter Svenson und Miss Temple trat und sie vorwärtsschob. Chang beugte sich dicht an Svensons Ohr. »Was haben Sie gefunden?«
    Svenson schüttelte den Kopf. »Nichts – wirklich …«
    »Was ist dann los mit Ihnen?«
    In diesem Moment erreichten sie Phelps, der eine Hand an die Tür hinter sich legte und eilig und nervös sagte: »Stäelmaere House ist so gut wie verlassen, unter Quarantäne. Die unteren Stockwerke sind eine Krankenstation. Der Kronrat ist in den Palast umgezogen, und Axewith und Vandaariff werden sich in der Marble Gallery treffen, die nur eine Minute Fußweg von der Königin entfernt ist. Axewith muss verzweifelt sein und bettelt bei Vandaariff praktisch um das Geld zur Bewältigung der Krise.«
    »Geht es denn um Geld?«, fragte Miss Temple.
    »Nein, was Axewith nicht begreift. Ohne vernünftige Strategie ist Vandaariffs gesamter Schatz wie ein Pflaster auf einer ungenähten Wunde. Die Krise wird sich fortsetzen, und Vandaariff muss das wissen.«
    »Warum taucht er dann auf?«, fragte Chang. »Warum bringt er sich mit Axewiths Scheitern in Verbindung?«
    »Vielleicht sucht er nur nach einem Vorwand, um in den Palast zu kommen«, entgegnete Cunsher.
    Daraufhin öffnete Phelps die Tür und scheuchte sie hindurch. »Wir sind jetzt im Palast. Wir gehen leise hinunter und weiter Richtung Westen – ich wiederhole, Westen –, bis das Dekor erst zitronengelb wird und dann in ein dunkleres Gelb übergeht, wie von einem frisch pochierten Ei. Es handelt sich um konzentrische Schichten – ah … hier ist die Galerie.«
    Svenson zwang sich zu einem Gähnen, weil er hoffte, dass das quälende Pfeifen in seinen Ohren damit vielleicht ein Ende finden würde. Er betrachtete die verblichene und rissige Tapete. Warum hatte man diesen Palastflügel so verkommen lassen? Wann war sein letzter königlicher Bewohner gestorben – und war die Vernachlässigung ein Ausdruck von Armut oder von Trauer? Svenson fand den erbärmlichen Zustand tröstlich.
    Phelps stieg die Treppe hinunter, und Svenson folgte als Letzter, der Revolver schwer in seiner Hand. Sein Blick glitt über die gegenüberliegenden Galerien und brachte ihm eine lang zurückliegende Mission nach Wien in Erinnerung, eine Suche nach Dokumenten, die ihn zu einem verlassenen Bordell geführt hatte … Bettlaken, die über ein Fass gebreitet waren, auf dem eine schwindsüchtige Hure mit einem einbeinigen Pensionär Karten spielte …
    Unten an der Treppe zeigte Phelps auf eine schwere Tür und zischte: »Denken Sie an die Wände: blau, dann zitronengelb …«
    »Dann ein Geflügelhof, ja«, seufzte Chang. »Wir haben die Reihenfolge begriffen.«
    »Eine Vorsichtsmaßnahme,

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