Traumfresser 3 - Die Alchemie des Bösen
konnte, traf ihn Svenson am Ohr. Der Mann bäumte sich auf und ging zu Boden. Ohne zu zögern, kniete sich die Contessa hin, zerrte ihr Kleid weg und schnitt ihm mit einer Handbewegung die Kehle durch.
»Sie Barbarin!«, rief Svenson aus. »Lieber Gott …«
»Er hat uns beide gesehen«, stellte sie nüchtern fest. Ein Blutstropfen war ihr auf die Wange gespritzt. Mit wutverzerrtem Gesicht wischte ihn die Contessa mit einer Fingerspitze ab und steckte sich ungeduldig den Finger in den Mund. Sie erhob sich, trat vorsichtig über die größer werdenden Blutlachen hinweg und teilte dem bleichen, wie angewurzelt dastehenden Svenson mit: »Pont-Joule ist Zeremonienmeister der Königin.«
»Zeremonien?«
»Etikette und Sicherheit – wenn wir an ihm vorbei sind, haben wir auch die Soldaten hinter uns gelassen, die inzwischen an jedem Ausgang stehen werden. Doch unser Weg dürfte frei sein – kommen Sie.«
»Dann können wir nicht entkommen?«
»Oh Doktor, schämen Sie sich! Wenn die Wiege unbewacht zu unseren Füßen liegt?«
Svenson eilte hinter ihr her in einen Raum, der nur die Marble Gallery gewesen sein konnte – ein farbenprächtiges elegantes Zimmer, das mit Kristallen geschmückt war. Ihre Schritte hallten auf dem schachbrettartigen Parkettboden. Sie waren allein.
»Ist das nicht ein herrlicher Raum?«, rief die Contessa, und ihre Stimme tönte von den Wänden zurück. Wie ein Mädchen drehte sie sich mit ausgestreckten Armen im Kreis und lachte. Svenson trottete hinter ihr her und blickte zu dem ausladenden Stuhl auf einem Podium, wo einst die Königin gesessen haben musste. Zwei weitere standen für Axewith und Vandaariff daneben. Noch immer waren die Tische für die Teestunde gedeckt, mit dick glasierten rosafarbenen Gebäckstücken. Die Contessa schnappte sich eins, biss mit einem zufriedenen Knurren hinein und ging weiter, nachdem sie den Rest hatte auf den Boden fallen lassen.
Im tiefsten Inneren verurteilte Doktor Svenson diese drei neuen Morde … ertappte sich jedoch erneut dabei, wie er jede Schuld von sich wies. Vor der Doppelflügeltür blieb die Contessa stehen und betrachtete mit gleichmütiger Miene sein Gesicht. Er konnte sich vorstellen, wie sie in den letzten Wochen jede Gelegenheit ergriffen hatte, mit dem armen Pont-Joule zu flirten, nur um ein solches Massaker zu ermöglichen. Die Wandpaneele rings um die Türen waren mit Spiegeln verkleidet, aber der Mann, der darin gespiegelt wurde, hatte nur wenig Ähnlichkeit mit dem Offizier, der er einst gewesen war. Diese Gestalt war unrasiert und hohläugig. Sogar an seinem bleichen Haar schienen sich die vernichtenden Erlebnisse zu zeigen.
Es war keine Angst gewesen, die ihn davon abgehalten hatte, sie in dem Schlafzimmer zu erschießen. Der Doktor wusste, dass es für alle, die ihm noch etwas bedeuteten, besser war, dass er auf die Contessa di Lacquer-Sforza gestoßen war. Phelps oder Cunsher hätten gezögert und wären getötet worden. Miss Temple und Chang hätten keine Gnade walten lassen und sie getötet oder wären selbst getötet worden. Aber ihre Prinzipien basierten auf Hoffnung, und sein Spiegelbild zeigte, dass er sie verloren hatte. Svenson war pragmatisch. Unter seinen Mitstreitern war er der Einzige, der sich vielleicht selbst opfern, eine solche Allianz eingehen, Unschuldige töten, in ungeahnte Tiefen sinken würde – und die anderen damit rettete.
»Was für ein gequältes Gesicht«, stellte die Contessa fest. »Ich sage Ihnen, wir stehen vor einer höchst fruchtbaren Zusammenarbeit …«
Svenson packte sie am Handgelenk und drückte ihre Hand mit dem Dorn gegen die Tür. Sie starrte ihn an, fragend und wild, aber sein Gesicht war ruhig – er hatte sogar das Gefühl, nicht in seinem Körper zu sein, wenn er sich bewegte. Ihre linke Hand war bereit, die juwelenbesetzte Tasche zu schwingen. Bewusst steckte er seinen Revolver in den Gürtel.
Er strich über die sanfte Kurve ihres Kinns. Sie rührte sich nicht.
Seine Hand glitt tiefer, folgte dem sanften Pulsschlag ihrer Halsschlagader mit der Fingerspitze und strich dann mit der flachen Hand über ihr entblößtes Schlüsselbein, ihren Busen und Oberkörper, spürte die Seide und die Walknochen, bis er die schmale, geschnürte Taille erreichte und die weit ausladenden Hüften. Die Contessa sagte noch immer nichts. Svenson maß ihren Taillenumfang mit seinen Fingern, ließ sie dann höher gleiten und drückte noch einmal zu, wobei er ihre Rippen unter dem Korsett
Weitere Kostenlose Bücher