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Traumland der Ambe

Traumland der Ambe

Titel: Traumland der Ambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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ist. Und noch einer deiner Träume hat sich bewahrheitet, ein Traum, der schon längere Zeit zurückliegt. Ich werde Ascilaia verlassen und nach Gavanque gehen – als Trägerin des weißen Mantels.«
    Das war zuviel für mich, mehr als ich noch ertragen konnte.
    Ich hatte einen körperlichen und geistigen Zusammenbruch, von dem ich mich in diesem Leben nicht mehr erholte. Irgend etwas in mir starb schon damals, der Rest war ein langwieriges Siechtum. Zumindest stellte es sich mir zu diesem Zeitpunkt so dar. Ich wußte selbst nicht, welche wunderbare Verwandlung in mir vorging.
    Niemand wußte es.
*
    »Gavanque wurde zum Ort der Entscheidung auserwählt«, erzählte mir Prysca. »Du weißt, daß mitten durch diese Insel die Grenze verläuft, die Zahdas Einflußbereich von dem der Zaem trennt. Es gibt keinen geeigneteren Ort als diesen, um dort über die Nachfolge der Zuma zu entscheiden. Unsere Zaubermutter hat mich als Anwärterin auserwählt und mich in den zwölften Rang erhoben. Meine Mitbewerberin um die Nachfolge der Zuma wird Gaidel, Weißbemantelte von Zaems Gnaden, sein. Du hast es vorausgesehen, wie so vieles… Aber hörst du mir überhaupt zu?«
    Ich nickte schwach.
    »Ich kann alles wahrnehmen, was um mich vor sich geht«, flüsterte ich. »Aber sonst nichts. Ich habe keine Träume mehr.«
    »Soll ich dir welche geben?«
    Ich verneinte.
    Prysca verstand.
    »Dir kann geholfen werden, Ambe«, versicherte sie mir. »Wir werden herausfinden, an welcher Krankheit du leidest, und dich heilen. Wir Hexen können Berge versetzen, es wäre gelacht, wenn unsere Kunst an dir versagen soll.«
    »Vielleicht helfe ich mir selbst«, sagte ich und fügte in Gedanken hinzu: Indem ich aus diesem Leben fliehe, dem ich nicht mehr gewachsen bin.
    Ich hatte mich im Labyrinth meiner eigenen Träume gefangen. Anfangs war alles noch leicht gewesen, meine Träume waren geordnet und leicht überschaubar. Aber mit dem Zahda-Traum, in dem ich mich als die Zaubermutter sah und mich selbst durch deren Augen ans Krankenbett gefesselt, mit diesem Traum, in dem ich Prysca über kommende Träume reden ließ, geriet ich in eine ausweglose Situation.
    Traum und Wirklichkeit, Vergangenes, Gegenwärtiges und Kommendes verstrickten sich zu einem unentwirrbaren Knoten.
    Ich konnte keine Nahrung mehr zu. mir nehmen.
    Ich bat Prysca, mich durch einen Schacht in das Herz des Vulkans zu stoßen. Ich wollte sterben, aber Prysca verweigerte mir diese Gnade.
    »Wir wissen jetzt, woran du leidest«, redete sie mir zu. »Deine eigene Gabe ist dir zum Verhängnis geworden. Du hast zuviel und zu schwer geträumt. Aber das ist nun vorbei. Du träumst nicht mehr. Und nun kann Rescina darangehen, dich mit ihren heilenden Händen ins Leben zurückzuführen.«
    Aber Rescina versagte, ich wurde schwächer und schwächer. Hexen kamen und gingen. Sie strahlten Zuversicht aus, wenn sie vor mich hintraten, und sie waren noch während der Behandlung voller Hoffnung, doch schwand diese mit Fortdauer des magischen Rituals, und wenn sie sich verabschiedeten, ließen sie Enttäuschung und Niedergeschlagenheit zurück.
    Sie versagten alle.
    Ich hätte ihnen sagen können, daß das was mit mir passierte, keinen Schmerz verursachte. Aber ich war längst zu schwach zum Sprechen. Und ich träumte nicht mehr.
    »Auch Fronja will dir helfen«, sprach Prysca mir zu, »darum will sie dich mit ihren Träumen nicht belasten.«
    Meine Glieder waren steif geworden, ich konnte mich nicht mehr bewegen. Es gelang mir nicht einmal mehr, meinen Kopf zu drehen. Ich schrieb das dem Umstand zu, daß ich schon so viele Tage reglos das Bett hütete. Erst als ich das Gespräch zwischen einer Heilkundigen, die man eigenst von Ibrillan geholt hatte, und Prysca belauschte, erfuhr ich den wahren Grund.
    »Hast du keine Mittel, mit denen du Ambes Haut wieder weich und geschmeidig machen kannst?« fragte meine Lehrmeisterin.
    »Ich habe alles versucht«, sagte die Heilkundige. »Aber Ambes Körper verhornt sich immer mehr. Gestern war ihre Haut noch wie Leder, heute ist sie bereits knorpelig. Und sie verhärtet sich weiter.«
    Das also war die Wahrheit. Mein häßlicher Körper wurde mir nun wirklich zum Gefängnis. Aber war es nicht das, was ich im Grunde genommen selbst gewollt hatte? Der Wunsch nach völliger Selbstaufgabe, die Sehnsucht nach dem Tod mit folgender Wiederauferstehung als neue, völlig ausgewechselte Ambe. Eine Flucht aus diesem Leben in ein anderes, um neu beginnen zu können. Wer

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