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Ich bin ein Genie und unsagbar böse

Titel: Ich bin ein Genie und unsagbar böse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Josh Lieb
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Kapitel 1
    Fürchtet mich
    Eines Tages werdet ihr darum betteln, mir die Füße lecken zu dürfen. (Ich werde mich barfuß in einen dampfenden Hundehaufen stellen, um es noch ekelhafter zu machen.) Und wenn ich guter Laune bin und mich die dämlichen Tränen eurer verzerrten Gesichter nicht allzu sehr anwidern, werde ich euch tatsächlich die Ehre erweisen, meine Füße sauber lecken zu dürfen - auch wenn ihr es nicht verdient.
    Aber all das ist Zukunftsmusik. Im Moment gehe ich in die siebte Klasse. Genauer gesagt, sitze ich in diesem Moment im Klassenzimmer, während mein Englischlehrer Mr. Moorhead uns die Ohren über den Roman Fahrenheit 451 vollsülzt. Moorhead betrachtet sich selbst als unheimlich »coolen« Lehrer ( siehe Bild 1 ), was bedeutet, dass er immer noch dieselben Klamotten anhat, die er schon auf dem College getragen hat. Da war er allerdings zehn Kilo jünger. Seine Beine sehen aus wie zwei hellblaue Wasserbomben, weil er sich in viel zu enge Jeans quetscht. Natürlich kriegt er nicht mehr alle Hosenknöpfe zu (echt cool, Mr. M!) und trägt karierte Flanellhemden, die sich über seinem Schweinchenbauch spannen und das rosafarbene Fleisch hervorquellen lassen. Außerdem kriegt er bereits eine Glatze, was er dadurch zu kaschieren versucht, dass er seine restlichen Haare komplett in die Stirn kämmt und nach innen föhnt. In der Brusttasche seines Hemds steckt immer eine Zigarettenschachtel. »Ich bin ein Lehrer, aber kein Heiliger«, will er damit sagen. Die wahre Botschaft ist: »Ich rieche schlecht.« 1 Außerdem treten seine schlaffen Männertitten umso deutlicher hervor.

    Bild 1 : Moorhead betrachtet sich selbst als unheimlich »coolen« Lehrer.

    Moorhead gehört zu den bedauernswerten Typen, die nur deshalb Lehrer geworden sind, um sich von den einzigen Menschen anhimmeln zu lassen, die noch ärmer dran sind als sie selbst - den Schülern. Bestes Beispiel: die unausstehliche Streberin und Arschkriecherin Polly Quattlebaum, die in der ersten Reihe sitzt und Moorhead mit ihrem dicken Kürbiskopf ständig zunickt, um ihm zu zeigen, dass sie nicht nur die Lektüre gelesen hat, sondern ganz genau versteht, worauf er hinauswill.
    Ich sitze währenddessen am anderen Ende des Klassenzimmers und male kleine Häschen auf den Einband meines Heftes.
    Moorhead ist natürlich viel zu cool, um einfach im Stehen oder im Sitzen zu unterrichten. Er lehnt lieber lässig an seinem Pult und stützt seinen Ellbogen auf das Wörterbuch, während er uns mit seinen Weisheiten versorgt: »Der Roman schildert eine Welt, die auf den Kopf gestellt ist.« (Polly nickt.) »Eine Welt, in der Feuerwehrleute Brände legen, statt sie zu löschen.« (Polly nickt noch eifriger.) »Eine Welt, in der die gefährlichste aller Waffen« - er hält sein Exemplar von Fahrenheit 451 hoch - »ein Buch ist.« (Polly nickt so enthusias-tisch,
dass ich ihr kleines Gehirn klackern höre wie ein Stück Popcorn in einem Marmeladenglas.)
    Moorhead fährt sich mit gespielter Nachdenklichkeit durch seine spärliche Haarpracht. »Was meint ihr? Sind Bücher gefährlich? Haben Sie … Macht ?«
    Polly kann sich kaum noch auf ihrem Stuhl halten, während ihr Arm in die Höhe schnellt. Wenn sie die Frage nicht beantworten darf, macht sie sich bestimmt in die Hose.
    Doch Moorheads Augen wandern zu mir herüber. »Was meinst du, Oliver?«
    Polly wirft mir einen bösen Blick zu. Einige meiner Mitschüler kichern ungeniert. Randy Sparks, der erbärmlichste Typ der ganzen Schule, hört für einen Augenblick auf, getrocknete Erdnussbutter von seinen Brillengläsern zu lecken, und lächelt mich mitfühlend an.
    Moorhead grinst, als hätte er einen Superwitz gerissen. Ich bin ziemlich sicher, dass ich nur deshalb in diesen Kurs aufgenommen wurde (der meilenweit von meinem Leistungsstand entfernt ist), damit er außer Randy noch jemand hat, über den er sich lustig machen kann.
    Ich warte, bis er mich ein zweites Mal aufruft, ehe ich antworte: »Keine Ahnung.«
    Moorheads Gesicht zieht sich enttäuscht zusammen, doch seine Augen strahlen zufrieden. »Hast du denn das Buch nicht gelesen, Oliver?«
    Ich schüttele betrübt den Kopf. Moorhead seufzt. Er sieht so aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. Oder laut loslachen. Als könnte sich sein Gehirn nicht entscheiden.
    Ehrlich gesagt habe ich das Buch schon als Zweijähriger gelesen. Und schon damals wusste ich, dass es gequirlte Hühnerscheiße ist, die sich allenfalls für
Schwachköpfe und

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