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Traumtagebuecher

Traumtagebuecher

Titel: Traumtagebuecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Sarafin
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clever genug, augenblicklich das Weite zu suchen.
    »Schade, dass du das nicht bedacht hast, bevor das Zeug in meinem Spind platziert wurde.« Ungerührt von seinem Näherkommen, ließ ich auch die Bücher, die den Abschusswinkel erhöht hatten, auf den Boden fallen. Trotzdem fiel es mir schwer, David selbst zu ignorieren. Schließlich war er so dicht bei mir stehen geblieben, dass er mich beinahe berührte. An sich nichts Dramatisches, aber was für den einen nicht-dramatisch war, war für den anderen eine Drohgebärde. Ich hasste es, wenn mich Leute dazu zwangen, zu ihnen aufzusehen – und aufsehen musste ich, da ich ihm nur bis zum Kinn reichte und meine Nase in Normalposition fast gegen seine muskulöse Brust stieß.
    »Was willst du damit sagen?« Die Betonung seiner Worte hätte gereicht, einen Krieg zwischen Nationen zu provozieren.
    Aber anscheinend begannen meine Übungen nun doch zu wirken. Ich trat einen Schritt zurück, um nicht nur David, sondern auch seine Freunde zu mustern. »Pass auf, David. Weder bin ich blöde, noch gerne hier und es wäre mir ganz lieb, wenn du nicht mir die Schuld gibst. Wenn deine Eltern …«
    »Lass die beiden aus dem Spiel«, unterbrach er mich und brachte mich zum Lächeln. Dieses Mal war es sogar ehrlich. Er hasste es, wenn ich betonte, dass SEINE Eltern MEINE Stiefeltern waren. Deswegen wiederholte ich es noch einmal expliziter und genoss jede Sekunde seines Zorns. »Also wenn Tante Meg und Onkel Klaus der Meinung sind …«
    »Das hat nichts mit den beiden zu tun.« David überbrückte den Abstand zwischen uns und brachte mich wieder in die gefährliche Höhe seiner Brust. »Das hier ist zwischen dir und mir!«
    Einatmen, ausatmen … Ich bin ein guter Mensch, om … Beinahe glaubte ich mir selbst.
    »Du benimmst dich kindisch!«, behauptete ich mit der gesamten selbstbeherrschten Ruhe, die mir zur Verfügung stand. Dabei betete ich stumm zu allen Göttern und schloss sogar verschiedene Religionen in meine Wünsche mit ein. Und tatsächlich trat David einen Schritt zurück. Sein Blick, eben noch herausfordernd herablassend, wurde weicher. Er erinnerte mich an den David, den ich einmal mehr gemocht hatte, als mir jetzt lieb war.
    »Vielleicht hast du Recht?!« Er klang versöhnlich und warf seinem rot-weißen Gefolge einen Blick zu. Sie blickten verwirrt zurück.
    Das zweite Klingeln schreckte mich auf. Wenn David nicht bald ging, würde ich zu spät kommen. Ausgerechnet!
    »Hei, Liz!«
    Ich hatte nicht gemerkt, dass ich mich bereits sehnsüchtig gen Spind gedreht hatte. Der erste Fehler. Der zweite war, auf den Ruf zu reagieren. Die Farbe traf mich vollkommen unvorbereitet. Dass es keine zweite Falle gewesen war, sondern David den Farbballon geworfen hatte – vor Zeugen – schockierte mich. Unfähig mich zu bewegen, starrte ich meinen Stiefbruder an und fühlte einen Moment lang nichts. Gar nichts. Zeitverzögert traf mich die Tat psychisch – mehr, als es ein Schlag ins Gesicht gekonnt hätte – und sekundenlang rang ich um Fassung. Es gab nichts mehr schönzureden, keine Ausreden wie sonst. David machte ernst und offensichtlich waren ihm Kollateralschäden ebenso egal wie eine Strafe.
    Bevor ich die veränderte Situation einordnen und mich aus meiner Lähmung lösen konnte, trat er wieder an mich heran.
    »Ich werde dir die Zeit hier zur Hölle machen. Du wirst dir wünschen, du wärst in Saint-Blocks geblieben.« Seine Stimme war drohend. Er flüsterte so nahe an meinem Ohr, dass ich normalerweise zusammengezuckt wäre. Zum Glück war ich noch immer erstarrt. Wie durch Watte gefiltert, nahm ich die triumphierenden und beglückwünschenden Rufe der Spieler war, die ausnahmslos ihrem Quarterback David galten. Als ich mich endlich aus der Starre lösen konnte, war er bereits wieder zu seinem Team zurückgekehrt.
    »Wünsche ich mir doch schon!«, brüllte ich ihm hinterher. Schon seit Wochen. Seit ich erfahren hatte, auf welcher Schule ich meine Chance zur Rehabilitation bekommen würde.
    Natürlich war mein Brüllen vergeblich, David hörte nicht zu, hatte er nie.
    Mehr frustriert als wirklich wütend, stopfte ich die Bücher, die ich in der nächsten Stunde nicht brauchen würde, in den Spind. Dann sperrte ich wieder ab. Gleich morgen würde ich mir ein neues Schloss besorgen und gegen die erste Schulregel verstoßen müssen. Meine Finger schlossen sich wieder fester um den kantigen Schlüssel, während ich in dieselbe Richtung ging, die das blonde Mädchen

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