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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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der korrekten Etagennummer drücken. Nun wusste der Computer genau, wo sie sich befand: im Fahrstuhl auf dem Weg vom Erdgeschoss in das sechzehnte Stockwerk.
    Im Wohnzimmer der Suite stand ein riesiger Fernseher. Die Möbel und Einbauten im Badezimmer waren größer dimensioniert als in jedem englischen Hotel. Viele Amerikaner waren von relativ kräftiger Statur, dachte Maya. Aber es ging noch um etwas anderes – den Wunsch nach pompösen, beeindruckenden Möbeln.
    Maya hörte Geschrei und ein ratterndes Geräusch. Als sie die Vorhänge öffnete, entdeckte sie auf dem Dach eines fünfhundert Meter entfernten Gebäudes eine Achterbahn. Sie ignorierte
diese Ablenkung, ließ Wasser in die Wanne und das Waschbecken laufen, benutzte ein Stück Seife und befeuchtete ein paar Handtücher. Auf einen der Beistelltische im Wohnzimmer legte sie die Straßenkarten und einen Bleistift. Neben dem Fernseher deponierte sie fettige Verpackungen eines Fastfood-Imbisses. Jeder der von ihr bewusst platzierten Gegenstände war ein Bestandteil der Geschichte, die sie sich für die Tabula ausgedacht hatte. Es war inzwischen zehn Minuten her, dass die Kreditkartennummer in das System eingespeist wurde. Maya ging zurück ins Schlafzimmer, öffnete die Koffer und hängte ein paar Kleidungsstücke in den Schrank. Dann nahm sie die kleine Automatikpistole, die sie bei Resurrection Auto Parts mitgenommen hatte, und schob sie unter ein zusammengefaltetes Hemd.
    Die Waffe sollte der definitive Beweis für ihren Aufenthalt in dem Hotel sein. Die Tabula würden es für undenkbar halten, dass ein Harlequin freiwillig eine Waffe zurückließ. Selbst wenn wider Erwarten die Polizei die Pistole fände, würde die Registriernummer in eine Datenbank eingegeben und binnen kurzem von den Tabula-Computern, die ständig das Internet absuchten, entdeckt werden.
    Maya war gerade dabei, die Bettlaken zu zerwühlen, als sie aus dem Nebenraum ein leises Klicken hörte. Jemand hatte eine Keycard in das Schloss geschoben und konnte nun die Tür öffnen.
    Ihre rechte Hand berührte reflexartig den Schwertköcher. Der für einen Harlequin typische Impuls war natürlich, anzugreifen und die Gefahr für die eigene Sicherheit zu beseitigen. Aber dadurch würde sie ihren Plan, die Tabula auf eine falsche Fährte zu locken, selbst zunichte machen. Maya sah sich um und ging zu den Vorhängen an der Balkontür. Sie zückte ihr Stilett und schnitt eilig zwei Stoffstreifen ab.
    Im Nebenzimmer schien jemand vorsichtig durch den Raum zu schleichen. Dann blieb der Eindringling stehen, und
Maya fragte sich, ob er zögerte, weil er nicht wusste, was ihn im Schlafzimmer erwartete.
    Sie nahm die Stoffstreifen, öffnete die Glasschiebetür und trat auf den Balkon. Warme Wüstenluft umfing sie. Die Sterne waren noch nicht aufgegangen, aber unten auf der Straße blinkten schon grüne und rote Neonlichter. Keine Zeit, ein Seil zu flechten. Sie knotete die Streifen am Geländer fest und kletterte auf die andere Seite.
    Die Vorhänge bestanden aus dünner Baumwolle, und kaum hing Maya mit ihrem ganzen Gewicht an den beiden Streifen, riss einer davon. Einen Moment lang baumelte sie in der Luft, dann seilte sie sich bis zum nächsten Stockwerk ab. Über ihr rief ein Mann. Vielleicht sah er sie.
    Sie hatte keine Zeit, nachzudenken oder Angst zu haben. Der Harlequin griff nach einem Balkongeländer und schwang sich hinüber. Wieder zückte Maya das Stilett und bemerkte, dass sie eine Wunde in der Handfläche hatte. Verdammt durch das Fleisch. Gerettet durch das Blut. Sie brach eine Glasschiebetür auf und rannte durch ein leeres Zimmer.

SECHSUNDVIERZIG
    Z u den Dingen, die Michael an seinem Aufenthalt im Forschungszentrum gefielen, gehörte die Art und Weise, wie man sich auf seine Wünsche einstellte. Als er das erste Mal von den Grenzen zurückgekehrt war, hatte er sich schwach und benommen gefühlt, war sich nicht ganz sicher gewesen, ob sein Körper wirklich existierte. Nach ein paar medizinischen Tests hatten ihn Dr. Richardson und Lawrence Takawa in die gläserne Galerie zu General Nash gebracht. Michael hatte um Orangensaft gebeten, und fünf Minuten später stand ein Viertelliterkarton vor ihm. Nun lag seine zweite Erfahrung im Überqueren der Grenzen hinter ihm, und man hatte sich vorbereitet. Auf einem kleinen Tisch auf der Galerie stand eine Karaffe mit gekühltem Orangensaft. Daneben befand sich ein Silberteller mit frisch gebackenen Schokoladenkeksen.
    Kennard Nash saß ihm

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