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Traveler - Roman

Traveler - Roman

Titel: Traveler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Wasser. Der aus Gelatine bestehende Schild hatte eine gräulich-weiße Farbe, war dünn und empfindlich; er wirkte, als wäre er ein Stück Eingeweide eines Tiers.
    Maya holte einen Parfümflakon heraus und sprühte sich den Klebstoff, den er enthielt, auf ihren linken Zeigefinger. Sie tauchte den Finger ins Wasser, streifte den Schild über und zog rasch ihre Hand zurück. Ihr Fingerabdruck war nun unter einem anderen verborgen, damit sie die Kontrolle am Flughafen problemlos passieren konnte. Kurz vor der Landung des Flugzeugs würde sie mit einer Nagelfeile den Teil des Schildes abkratzen, der den Fingernagel bedeckte.
    Maya wartete zwei Minuten, bis der erste Schild trocken war, dann öffnete sie das Reagenzglas mit dem Schild für den rechten Finger. Das Flugzeug schien in eine Wetterturbulenz geraten zu sein, denn es hüpfte plötzlich auf und nieder. In der Toilette leuchtete ein rotes Warnsignal auf. BITTE BEGEBEN SIE SICH AN IHREN PLATZ.
    Konzentrier dich, ermahnte sie sich. Du darfst keinen Fehler machen. Gerade als sie den Finger in den Schild schob, sackte das Flugzeug nach unten, und sie zerriss die hauchdünne Gelatineschicht.
    Maya fiel rückwärts gegen die Wand, und ihr wurde übel.
    Sie hatte nur einen Reserveschild dabei, und wenn sie es nicht schaffte, ihn überzuziehen, war die Gefahr groß, dass man sie am Flughafen verhaftete. Die Tabula hatten sich wahrscheinlich
während der Zeit, als sie für die Designfirma arbeitete, ihre Fingerabdrücke beschafft. Und es wäre diesen Leuten ein Leichtes, falsche Informationen in den Computer der US-Einwanderungsbehörde zu schmuggeln, mit dem die Geräte zur Fingerabdruckkontrolle verbunden waren. Verdächtige Person. Kontakte zu Terroristen. Sofort festnehmen .
    Maya öffnete ein drittes Reagenzglas und schüttete den Reserveschild ins Wasser. Erneut sprühte sie Klebstoff auf ihren rechten Zeigefinger. Sie holte tief Luft und streckte den Finger ins Wasser.
    »Entschuldigung!« Die Stewardess klopfte an die Toilettentür. »Bitte begeben Sie sich sofort an Ihren Platz!«
    »Ja, gleich.«
    »Der Pilot hat Anweisung gegeben, die Sicherheitsgurte anzulegen! Sie sind verpflichtet, sich sofort an Ihren Platz zu begeben!
    »Ähm … mir ist übel«, sagte Maya. »Ich komme gleich. Nur noch eine Minute.«
    Schweiß lief ihr den Hals hinunter. Dieses Mal atmete sie ganz langsam ein, stülpte dann den Schild über und nahm ihre Hand aus dem Wasser. Der Schutzschild schimmerte feucht auf ihrem Finger.
    Als Maya an ihren Platz zurückkehrte, warf die Stewardess, eine ältere Frau, ihr einen entrüsteten Blick zu. »Haben Sie das Signal denn nicht gesehen?«
    »Es tut mir wirklich Leid«, flüsterte Maya. »Aber ich hatte Magenprobleme. Dafür haben Sie doch bestimmt Verständnis.«
    Als sie sich anschnallte und sich im Geiste auf einen feindlichen Angriff einstellte, machte das Flugzeug erneut eine ruckartige Bewegung. Ein Harlequin, der zum ersten Mal in ein fremdes Land kam, wurde normalerweise von einer Kontaktperson vor Ort in Empfang genommen und mit Revolvern, Geld und einem Pass versorgt. Maya hatte ihr Schwert
und ihre Messer in dem Kamerastativ verstaut. Sowohl die Waffen als auch das Stativ stammten von einem Waffenschmied in Barcelona, der alles, was er verkaufte, vorher mit seinem eigenen Röntgengerät testete.
    Shepherd hatte ursprünglich versprochen, sie abzuholen, aber der amerikanische Harlequin erwies sich als so unzuverlässig wie immer. Während der Tage vor Mayas Abflug aus London hatte er mehrfach seinen Entschluss geändert, ehe er dann in einer E-Mail mitteilte, dass er verfolgt werde und deshalb besonders vorsichtig sein müsse. Shepherd kontaktierte daraufhin eine Jonesie und beauftragte sie, Maya am Flughafen abzuholen.
    Jonesie war der Spitzname für die Mitglieder der Divine Church of Isaac T. Jones. Es handelte sich dabei um eine kleine Gruppe Afroamerikaner, die glaubten, dass der Traveler Isaac Jones der bedeutendste Prophet sei, den die Welt je gesehen hatte. Jones war Schuster gewesen und hatte in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts in Arkansas gelebt. Wie viele andere Traveler verbreitete er anfangs spirituelle Botschaften und später dann Gedankengut, das die herrschende Ordnung in Frage stellte. Im südlichen Arkansas hingen sowohl weiße als auch schwarze Kleinpächter von wenigen mächtigen Großgrundbesitzern ab. Der Prophet sagte diesen armen Bauern, dass sie die Verträge brechen sollten, durch die sie in

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