Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
Sie spielte Fußball im Verein, lief in Jungsklamotten herum und hasste Kleider oder Röcke. Und das lag bestimmt nicht daran, dass sie die Hosen ihres Bruders auftragen musste. Wie gesagt, ihre Familie war ziemlich gut gestellt. Jedes der drei Kinder hatte ein eigenes großes Zimmer mit eigenem Fernseher, Computer, Stereoanlage und Playstation. Das würden Karos Eltern nicht mal erlauben, wenn sie das Geld dafür hätten. Papa sagte immer, ein Fernseher oder ein Computer hätten nichts im Kinderzimmer zu suchen. Karo genoss es trotzdem, wenn sie sich alle bei Jo trafen, um Videos zu gucken oder Computermatches auszutragen. Und Jo war zwar großzügig, aber sie gab nie mit dem an, was sie hatte. Sie wusste halt nur nicht wirklich, was es bedeutete, wenn jemandem das Geld nicht so locker saß.
Wolle hieß richtig Theresa Wollenweber. Dieser Nachname und vielleicht auch die Tatsache, dass ihr Kopf umrahmt war von vielen dichten kleinen rotblonden Locken, hatten ihr diesen ungewöhnlichen Spitznamen eingetragen. Aber das ärgerte sie nicht. Denn niemand meinte es böse oder gar abfällig. Nur ihre Mutter war ein wenig unglücklich darüber, weil Theresa doch ein weitaus hübscherer Name war, wie sie fand.
»Ist ja ’n cooler Schuppen!«, rief Jo, als sie das Häuschen betrat und zwei Flaschen Sprite und eine Tüte Kartoffelchips auf den weißen Gartentisch mit der geblümten Wachstuchdecke knallte.
Die drei sahen sich in dem kleinen Häuschen um. In dem einzigen Raum gab es ein gemütliches altes Sofa und einen abgewetzten Sessel. Ein Kachelofen sorgte vermutlich im Winter für behagliche Wärme. Hinter einer Tür verbarg sich eine winzige Kochecke mit Herd. Eine schmale Treppe führte zu dem niedrigen Dachboden, auf dem ein Bett und ein paar Gartenliegen standen.
»Mann, das müsste unsere Bude sein«, meinte Wolle begeistert. »So ’n richtiges eigenes kleines Quartier, wo wir uns treffen und Pläne schmieden können.«
»Was denn für Pläne?«, fragte Karo verwundert.
»Na, Pläne eben. Ideen, Streiche, gute Aktionen.«
»Sag mal, wie krank ist deine Nachbarin denn?«, erkundigte sich Jo.
»Na hör mal! Ich wünsch ihr schon, dass sie bald wieder auf die Beine kommt«, empörte Karo sich. »Andererseits habt ihr wirklich recht. Ich bin hier total gerne. So ein eigenes kleines Haus – das wär’s doch.«
»Wir könnten eine eingeschworene Bande sein, mit Kennwort und Erkennungszeichen«, schwärmte jetzt auch Jo, »und wann immer wir Zeit haben, treffen wir uns hier.«
»Eine Bande?« Bruno runzelte die Stirn. »Eh, Mädels, sind wir dafür nicht etwas zu groß?«
»Na und! Dann werden wir eben wieder klein. Mensch, ich wollte immer schon eine Bande.«
»Und wie sollen wir heißen? Etwa die Schrebergärtner?« Wolle seufzte. »Ist doch uncool.«
»Wie wär’s mit unseren Initialen?«, schlug Jo vor. » KBWJ , zum Beispiel. Oder JKBW .«
»Warum nicht gleich JWD oder KGB ?«, meinte Bruno ironisch. »Was sagst du denn dazu, Karo?«
Karo überlegte und starrte etwas abwesend aus dem Fenster.
»Ich müsste erst mal mit Frau Erichsen sprechen, ob es überhaupt geht, dass wir uns hier treffen …«, sinnierte sie vor sich hin. Dann sah sie die anderen an. »Aber wenn das klappt, ist doch völlig klar, wie wir heißen: Parzelle 4. Und dann wird das hier das ganz große Ding. Ob wir nun ’ne Bande sind oder ’ne Gang, ein Club oder einfach nur Freunde, ist mir ehrlich gesagt völlig egal. Hauptsache kein eingetragener Verein.«
2
Geheime Schriften & coole Shirts
A m nächsten Morgen musste Karo erst später zur Schule, weil Englisch ausfiel. Karo wollte die Zeit nutzen und nach ihrer obligatorischen Runde mit Bodo noch kurz bei Frau Erichsen im Krankenhaus vorbeischauen. Zu dumm, dass Hunde dort nicht erlaubt waren. Leider musste der Arme wieder einmal allein im Garten bleiben.
»Bodo, Bodo, ich hör immer nur Bodo!«, hatte ihre Mutter zum Abschied gemault. »Du bist ja mehr im Garten als zu Hause.«
Der Garten ist mein Zuhause, dachte Karo im Stillen und grinste verschwörerisch. Vielleicht sollte sie ihr von der Idee mit dem Bandenquartier lieber noch nichts erzählen. Eltern hatten manchmal etwas komische Ansichten. Außerdem musste sie auch nicht alles wissen. Laut rief sie im Hinausgehen:
»Ich schick dir bei Gelegenheit eine SMS ! Als Lebenszeichen! Bye, Ma! Hab dich lieb!«
Als sie das Krankenhaus betrat, wurde ihr natürlich wieder flau im Magen. Es roch unerträglich nach
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