Treibgut - 11
passen.
»Hat er schon einen Namen?« fragte ihr Gatte.
Sie zuckte mit den Schultern: »Du kennst doch den Brief. He, du, wie hat dich dein Herr Zordaphero genannt?«
»Zurbaranzisco«, antwortete der neue Sklave, wohlbedacht darauf, es nicht seiner Herrin zu sagen, sondern dem Bonzen, der mit abwesendem Blick vor ihm stand.
»Welch scheußlicher Name!« rief Imelde aus. »Du wirst ab heute Liva heißen. Kannst du dir das merken, Liva?«
»Ja«, antwortete er und wandte dabei den Blick von dem Bonzen ab und seinen neuen Gebietern zu.
»Nestorio«, ergriff nun Marno das Wort, »Liva wird hungrig sein, also zeig ihm die Küche. Wenn er fertig gegessen hat, soll ihn Zeradia zu einem Barbier bringen, damit seine Haare gerichtet werden. Etwas Schminke wäre vielleicht auch ganz gut. Außerdem muß das Familienzeichen … Ach, schick sie einfach her, damit ich es ihr erkläre. Du machst derweil eine Kammer für ihn frei. Er ist der Lehrer meiner Kinder und soll nicht mit den anderen hausen. Und jetzt ab!«
Der Oberste aller Sklaven nickte knapp und ging voran zur Luke, gefolgt von dem Neuen, der sich dabei entspannte und zu seinen natürlichen Bewegungen zurückfand.
»Liva!« rief Imelde scharf. »Wie sollst du gehen?« Liva nahm die verkrampfte Haltung wieder ein.
Nur Curma und Querinia waren in der großen Küche, als Liva sie betrat. Er schaute sich flüchtig um und trat zu dem Mädchen. »Ich habe Hunger, Maid«, sagte er. »Wenn du mir etwas zu essen geben könntest?« Querinia blickte unsicher auf den Fremden, von dem sie nicht wußte, wer oder was er war. »Ich bin neu im Besitz unserer Herrschaften«, erklärte er. »Ich werde der Hauslehrer ihrer Kinder sein. Und wenn du mir jetzt etwas zu essen geben könntest … Ich habe wirklich Hunger, Maid.«
Querinia füllte eine Schale mit Linsenbrei. Sie war verwirrt, da sie nicht einschätzen konnte, welches die Stellung des Neuen war. Als Sklave stand er natürlich unter den Beschützern und wahrscheinlich auch unter Nestorio, aber stand er jetzt über ihr, oder war er ihr gleichgestellt? Das war eine schwierige Frage.
»Nun mach schon, M-a-i-d«, kam es spöttisch von Curma. »der Herr hat Hunger, M-a-i-d.«
Querinia errötete und reichte Liva die Schale. Er nahm sie entgegen und sagte dabei laut: »Ich wußte nicht, daß Kröten sprechen können.«
Querinia lachte nicht, aber ein fröhlicher Funke blitzte in ihren Augen auf. Für Liva war er wie ein einzelner Sonnenstrahl während der Regenzeit. Liva grinste zurück: »Ich heiße Liva, und welches ist dein Name?«
»Querinia. Und das ist Curma. Sie ist die Köchin. Ich helfe ihr.«
»Hast du nichts Besseres zu tun als zu schwatzen, du faules Ding?« kam es grob von der Dicken. »Soll ich denn immer alles allein machen?«
Das Mädchen blickte zur Köchin, dann zu Liva, und als dieser nichts sagte, ging sie wieder ihrer Arbeit nach. Der Schwarzhaarige hatte nichts dagegen eingewendet, daß Curma sie von ihm weggerufen hatte, also war er ihnen wohl gleichgestellt.
Schweigsam aß Liva zu Ende, dann gab er Querinia die Schale zurück. Im Hinausgehen zwinkerte er ihr noch einmal aufmunternd zu. Nachdem er schon einige Zeit fort war, schlug Curma das Mädchen. Als Kröte wollte sie sich nun doch nicht bezeichnen lassen.
Wie ihn Nestorio geheißen hatte, lenkte Liva seine Schritte zum Sklavenquartier, einem länglichen einstöckigen Gebäude mit vier winzigen Anbauten mit kegeligen Dächern. Diese Anbauten waren ursprünglich für die Wöchnerinnen unter den Sklavinnen gedacht gewesen, aber schon kurz nach seiner Erwerbung hatte sich Nestorio im größten davon ausgebreitet, und es gab niemand, der es ihm streitig gemacht hätte. Damit Liva ein eigenes Quartier bekommen konnte, wie es der Herr befohlen hatte, hatte der Bonze Galiner und ihren Zwillingen befohlen, wieder zurück ins Haupthaus zu den anderen fünfzehn Sklaven und Sklavinnen zu ziehen. Dieses bestand lediglich aus einem einzigen Raum, in dem seine Bewohner ihre Schlafstätten hatten und ihre unbedeutenden Besitztümer aufbewahrten. Hier wurden die Sklaven geboren, hier lebten sie, und hier starben sie auch, wenn sie nicht vorher weiterverkauft wurden.
Livas neue Bleibe war winzig. Sie war groß genug, um darin zu liegen, ohne daß seine Füße zum Ausgang hinausragten, aber nicht hoch genug, um aufrecht darin zu stehen. Dennoch war es ein Privileg, hier schlafen zu dürfen, fernab von den Gerüchen, den Zänkereien, dem nächtlichen
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