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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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Männer würden Farina lieber jetzt als später über Bord werfen.«
    Was sollte Mythor darauf erwidern? Was vermochte eine Handvoll Legionäre, die auf Golads Seite standen, gegen diese Übermacht auszurichten?
    Er hatte sich bisher nicht als Sohn des Kometen zu erkennen gegeben, weil er keine Sonderrolle unter den Schicksalsgefährten einnehmen wollte. Außerdem – weit über die Hälfte der Männer waren Anhänger des Shallads und glaubten daran, dass Hadamur die Reinkarnation des Lichtboten sei. Sie würden sich nicht von einem Sohn des Kometen beeindrucken lassen, der für sie nur ein Frevler sein konnte.
    »Warte bis zur Ablösung«, sagte Mythor wieder und blickte dabei zum Himmel auf. Die Sonne neigte sich dem Horizont zu. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis der dreifache Gongschlag ertönte. »Jejed mag sein, wie er will. Aber auch er ist anderen Rechenschaft schuldig und wird sich hüten, Kämpfer für Logghard zu opfern.«
    »Es gibt viele Wege, unbequeme Gegner so beiseite zu schaffen, dass es später als Unglück hingestellt werden kann«, murmelte Golad mutlos.
    »Jetzt seid still und wartet ab!« sagte Yellen.
    Mythor dachte an Steinmann Sadagar, von dem er wusste, dass er den Gurt mit den zwölf Messern irgendwo an Deck versteckt hatte. Aber warum zeigte er sich nicht mehr?
    Die Gasihara glitt weiterhin in Richtung Süden, durch eine ruhige See. Wo blieben die gefährlichen Strömungen, von denen vor dem Auslaufen die Rede gewesen war? Es war wie die Ruhe vor einem alles vernichtenden Sturm, und Mythor fragte sich, ob die bisher ruhige Fahrt, abgesehen von dem kurzen Unwetter, allein den Künsten des Seemagiers zuzuschreiben war oder ob dämonische Mächte die fünfhundert Kämpfer des Lichts in trügerischer Sicherheit wiegen wollten.
    Weiter neigte sich die Sonne dem Horizont zu, und der Himmel im Westen färbte sich blutrot. Mythor wartete darauf, durch den Gongschlag endlich erlöst zu werden, als sein Blick über den Rand der Ruderbank wanderte und er glaubte, sein Herzschlag müsste aussetzen.
    Golad sah die Hand, die sich tastend über das Holz schob, im gleichen Augenblick, und kaltes Grauen erfasste die Männer.
    *
    Die Hand tastete am Holz entlang, dann folgte eine zweite. Ein Arm schob sich auf die Ruderbank. Jetzt sahen es die Männer vor und hinter Mythor, und einige schrien entsetzt auf. Wenige Atemzüge später brach ohrenbetäubender Tumult aus. Die Legionäre vergaßen das Rudern, und dadurch, dass auf der zweiten Bank auf der anderen Schiffsseite weitergerudert wurde, begann das Schiff sich leicht zu drehen. Vom Reck her war das Fluchen des Steuermanns zu hören, das im Geschrei der Legionäre unterging.
    Sofort waren Jejeds Seefahrer heran und ließen die Peitschen auf die Rücken der Erschöpften niedersausen, bis auch sie sahen, wer sich da auf die Ruderbank schob.
    »Das ist… der Geist von Oblak«, flüsterte Golad entsetzt.
    »Kein Geist!« war die Stimme des Kapitäns dröhnend zu hören. »Das ist Oblak!«
    Im Nu war der Morone die Stufen herunter und warf dem vor Nässe Triefenden, der jetzt den Oberkörper über den Rand der Bank geschoben hatte, den Peitschenriemen entgegen. Oblak griff hastig danach und ließ sich von Jejed ziehen.
    Dann stand er direkt neben Mythor. Das Wasser lief von seinen Kleidern und den im Gesicht klebenden Haaren herab. Oblak, der von der Statur her Jejed glich, atmete schwer, wischte sich mit den Armen übers Gesicht und schob sich an Mythor, Golad und Yellen vorbei.
    Unwillkürlich machte Jejed einen Schritt zurück. Sein Kopf fuhr herum, und er sah Rachamon mit verschränkten Armen und wie versteinertem Gesicht auf den Stufen stehen.
    »Nein!« schrie er dann. »Du blendest mich nicht, Magier!«
    »Ich… glaubte nicht mehr, dass ich es schaffen würde«, stieß der Totgeglaubte endlich hervor. »Ich konnte mich am Kiel festklammern und…«
    »Du lebst!« rief der Morone aus, wobei er Rachamon wieder trotzige Blicke zuwarf. »Du lebst, Oblak! Erzählen kannst du, wenn du gestärkt bist! Komm mit mir! Und ihr Kerle sollt rudern!«
    Doch auch den Aufsehern schien die Angst in den Gliedern zu sitzen, denn es dauerte eine Weile, bis wieder die Peitschen knallten.
    Mythor legte sich in die Ruder, die Zähne aufeinandergebissen und finster blickend. Er hatte es gespürt, das Fremdartige, das von Oblak ausging, als dieser sich an ihm vorbeidrängte. Mit Oblak, das fühlte Mythor, war das Verhängnis an Bord der Gasihara gekommen, etwas

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