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Treibgut der Strudelsee

Treibgut der Strudelsee

Titel: Treibgut der Strudelsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Hoffmann
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erscheint!«
    »Chrandor, wir müssen zu den anderen, bevor…«
    »Ach was! Siehst du, dass sie nach uns suchen? Unten bei den Ruderern scheint sich etwas zu tun. Sie haben andere Dinge im Kopf als uns.«
    »Chrandor, lieber Freund, was soll ich dem Kleinen Nadomir denn sagen, wenn er erscheint? Dass hier jemand ist, der ihn gerne kennenlernen möchte?«
    »Du könntest ihm befehlen, die Mannschaft und den Kapitän außer Gefecht zu setzen und die Ruderer zu befreien.«
    Das war nicht die schlechteste Idee, sagte sich Sadagar, obwohl er immer noch zauderte. Er schielte verstohlen nach Chrandors Handschuhen. Wenn er wirklich Hände darunter hatte, mussten es phantastische Hände sein. Und wenn nicht…
    »Also gut«, brummte der Pirat. »Gehen wir. Ich wusste, dass du nur Märchen erzählst.«
    »Halt, warte!«
    Schon halb erhoben, drehte Chrandor sich um.
    »Also schön. Ich… ich versuche den Kleinen Nadomir zu beschwören, wenn du mir zeigst, was unter den Handschuhen ist.«
    »Aß und Baß…«
    Wieder betrachtete Chrandor die sich windenden, anscheinend nie zur Ruhe kommenden Finger der Stulpenhandschuhe. Dann nickte er. »Aber zuerst du!«
    Sadagar seufzte und streckte die Beine von sich. Mit dem Rücken gegen eine der Kisten gelehnt, sagte er: »Dann sei jetzt ruhig und achte auf die Aufseher.«
    *
    Sadagar bereute seinen Entschluss, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. Aber er konnte nicht mehr zurück, wollte er sich nicht zum Gespött machen. Er wartete darauf, dass irgend etwas geschah, was ihm die Herbeirufung unmöglich machte. Aber kein Aufseher erschien und trieb ihn und Chrandor aus ihrem Versteck heraus.
    Mit einem letzten Seufzer schloss der Steinmann die Augen. Wenn schon, so wollte er Chrandor ein Schauspiel bieten, das der andere nicht so schnell vergessen sollte. Sadagar ging in sich und vollführte mit beiden Armen fuchtelnde Bewegungen. Über seine Lippen kamen beschwörende Formeln, alles, was ihm gerade so einfiel.
    Natürlich durfte er den wahren Namen des Kleinen Schönen Nadomir nicht laut aussprechen. Niemand außer ihm durfte ihn wissen. Also rief er in Gedanken nach dem Königstroll. Nexapottl!
    Dabei nahm er sich die drei von Nadomir erhaltenen Halsringe ab und drehte sie gegeneinander. Kurz blinzelte er und sah, wie Chrandor beeindruckt auf die Ringe blickte.
    Das steigerte sein Selbstvertrauen ganz erheblich. Sadagar vergaß seine Zweifel. Der Kleine Nadomir würde schon Verständnis für seine Situation haben. Und schließlich befand er sich ja wirklich in einer gewissen Notlage. Und Mythor ging es noch viel schlimmer.
    Nexapottl! Erscheine mir!
    Anscheinend hatte der Troll gerade wichtige Dinge in den Götterbergen zu erledigen, denn er ließ sich Zeit, und Chrandor murrte schon wieder etwas von »faulem Zauber«.
    Dann aber war es soweit. Sadagar schlug die Augen auf und sah Nadomir vor sich schweben, wobei er den Eindruck hatte, als rage ein Teil des gedrungenen, nur drei Fuß großen Wesens halb aus Chrandor heraus.
    Was willst du von mir? war die Stimme des Trolls in Sadagars Kopf. Warum rufst du mich immer dann, wenn gerade wichtige Dinge zu tun sind?
    Natürlich konnte Chrandor ihn nicht hören. Der Troll war nur als Vision vorhanden. Für Chrandor sah es so aus, als spreche Sadagar zur Luft.
    »Entschuldige, Nadomir, aber…« Der Steinmann suchte nach Worten. Jetzt, da er Nadomir vor sich sah, das kleine verkniffene Gesicht auf dem blätterhaarigen Kugelkopf, schwand seine Selbstsicherheit dahin wie die Butter in der Sonne. Er schalt sich einen Narren und begann zu schwitzen.
    Du rufst mich und weißt selbst nicht, warum?
    »Die… die Aufseher dort drüben«, sagte der Steinmann schnell. Etwas Besseres wollte und wollte ihm nicht mehr einfallen. »Sie bedrohen uns. Kannst du sie…?«
    Bedrohen sie dich? Wie ich sehe, geht es dir ganz gut!
    »Nicht mich, Nadomir!« Was sollte er noch sagen? Der Schweiß brach ihm in Strömen aus allen Poren. Er wand sich und wollte irgend etwas sagen, etwas zu seiner Verteidigung.
    Herumzeigen wolltest du mich! rief Nadomir schrill und empört. Während in den Götterbergen… Oh, Feged, nannte ich dir dafür meinen wahren Namen?
    Sadagar zuckte zusammen, als auch er mit seinem wahren Namen angeredet wurde. Seine Hände fuhren flehend in die Luft, aber da war kein Kleiner Nadomir mehr, der sich gestammelte Entschuldigungen angehört hätte.
    Dafür begann die Kiste über den Köpfen der beiden Drückeberger zu rucken und zu ächzen.

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