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Treibhaus der Träume

Treibhaus der Träume

Titel: Treibhaus der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Staatsanwalt, dachten sie. Frankfurter Luft. Wenn der den Bornemann nicht fertig kriegt …
    Bornemann taumelte durch die Schlucht. Er sah nach allen Seiten; versuchte sich vorzustellen, wie die Felsen aussehen ohne Schnee; seine Augen waren trüb vom Schweiß, der ihm über den Körper lief, und dabei fror er, denn er hatte nichts an als seinen dünnen Sommermantel, mit dem er geflüchtet war.
    »Na, wo denn?« brüllte der Staatsanwalt in Bornemanns Nacken. »Spielen Sie doch nicht den Doofen! Das zieht bei mir nicht. Wenn Sie glauben, Sie könnten uns hier aufs Kreuz legen, sind Sie schief gewickelt! Ein paar Jährchen abbrummen, und dann hin zu den Millionen und ab durch die Mitte … Nicht bei mir, Bornemann! Ich kriege Sie in Sicherungsverwahrung, wenn Sie uns nicht die Millionen zeigen!«
    Das war maßlos übertrieben, denn Sicherungsverwahrung war im Falle Bornemann unmöglich, da er kein rückfälliger Gewohnheitsverbrecher war, aber wer kennt schon die Gesetze? Bornemann glaubte es, er zuckte zusammen und begann zu zittern. Das bedeutet lebenslänglich, dachte er. Ich werde nie mehr aus den Mauern herauskommen. Und dabei habe ich keinen getötet, keinen bedroht, keinen verletzt. Nicht einmal eine Scheibe habe ich eingeschlagen …
    »Ich finde es nicht wieder, Herr Staatsanwalt«, stammelte er. Seine Augen flackerten vor Erschöpfung. In der Lunge stach es wieder. Er mußte husten und hatte dabei das Gefühl, als reiße innerlich alles wieder auf.
    »Lassen Sie den Quatsch, Mann!« brüllte der Staatsanwalt. »Sie finden die Stelle, und wenn es Scheiße regnet!«
    Bornemann stolperte weiter.
    Felsen. Schnee. Eis.
    Nirgends eine Blume mehr. Wo war das Bäumchen, das er umgepflanzt hatte? War es nicht weiter rechts gewesen? Das nächste Felsengebiet? Ein schmaler Weg führte zu der Stelle. Wie ein Riß zwischen den Felsen. Hier aber war eine breite Schlucht. Nein, hier war es nicht …
    Plötzlich sahen alle Berge gleich aus, wie uniformiert. Eine schreckliche Angst überfiel Bornemann. Wenn ich das Geld wirklich nicht wiederfinde, auch im Frühjahr nicht? Sie sperren mich lebenslang ein, sie machen mich zu einem lebenden Toten.
    Er lief. Er lief mit keuchenden Lungen durch den Schnee, so schnell, daß der Staatsanwalt nicht mehr mitkam. Die Angst machte ihn vollends blind, er taumelte herum, starrte die Felsen an, grub ein paarmal mit den Händen, wo ein windzerzaustes Bäumchen stand …
    Nichts. Die falsche Stelle. Ein Irrtum. O mein Gott, es sieht jetzt ja alles gleich aus!
    »Machen Sie keine große Schau, Bornemann!« rief der Staatsanwalt, als Bornemann erschöpft im Schnee kniete und die heiße Stirn gegen den vereisten Felsen drückte. »Sie wissen genau, wo Sie das Geld versteckt haben.«
    Bornemann gab keine Antwort mehr. Er rollte rückwärts in den Schnee, streckte sich, und sein Mund klappte auf, als ersticke er.
    »Der Arzt soll kommen!« rief der Staatsanwalt. Er sah auf Bornemann hinunter wie auf ein zerdrücktes Ungeziefer. »Wir suchen morgen weiter! Wo ist der Arzt?«
    Dr. Lorentzen kam langsam zur Schlucht. Er beugte sich über den besinnungslosen Bornemann und richtete sich dann auf.
    »Waidmannsheil, Herr Staatsanwalt!« sagte er laut.
    Mit steinernem Gesicht wandte sich der Staatsanwalt ab und ging zurück ins Tal.
    Es gab keine Fortsetzung am nächsten Morgen.
    Es gab überhaupt kein Suchen mehr.
    Am 23. Dezember starb Hans Bornemann. An einer Pneumonie. Sein geschwächter Körper hatte trotz aller Antibiotika, die man in ihn hineinpumpte, nicht mehr die Kraft, die Lungenentzündung zu besiegen.
    Bevor er starb, zehn Stunden vor dem Koma, sprach er noch flüsternd mit Lorentzen.
    »Ich habe keinen umgebracht«, stammelte er. »Ich hätte es auch nie gekonnt. Ich bin kein Verbrecher. Ich … ich wollte nur einmal leben, richtig leben … Das ist keine Entschuldigung … aber warum behandelt man mich so, als wenn ich zehn Menschen umgebracht hätte?«
    »Zwei Millionen sind mehr wert als zehn Menschen«, sagte Dr. Lorentzen bitter. »Wir leben heute in einer Umkehrung der Werte. Wenn du zehn Menschen tötest und sagst hinterher, du weißt nicht, warum, dann bekommst du den Paragraphen einundfünfzig Absatz eins und ein Psychiater wird dozieren, daß du dich im Augenblick der Tat in einem Affekttunnel oder sonstwas befunden hast. Man wird dich milde beurteilen. Wer aber zwei Millionen klaut, ist wesentlich schlimmer dran. Dazu braucht man Intelligenz. Die ist bei Gericht nie gefragt

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