Treibland
italienischen Offizier mit einer Handbewegung zum Schweigen auf, aber Sonia Vespucci vom «Animation Team» sagte, als gelte das Handzeichen nicht für sie und als übersetze sie gewissermaßen die Gedanken des Offiziers in praktisch akzentfreiem Deutsch: «Der Kapitän und der Erste Offizier sind sich darüber im Klaren, dass sie keine Möglichkeit haben, das Eindringen Ihrer staatlichen Organe an Bord zu verhindern, ohne abzulegen. Sie legen aber Wert darauf zu betonen, dass sie Sie hier nur unter Protest agieren lassen.» Danowski sah, dass der Offizier noch etwas sagen wollte, aber da sie sich entfernte, hatte er keine Wahl, als sich ebenfalls zu entfernen.
«Was ist denn hier los?», erkundigte sich Kristina Ehlers. «Eingeschränkter Zugang, Tropeninstitut: Das klingt nach erhöhter Ansteckungsgefahr. Gibt es hier schon Quarantänepläne? Und können wir mal was über die Krankheit erfahren? Das ist sozusagen mein Beruf.»
«Am Anfang hieß es Grippe, dann Salmonellen, dann Norovirus», sagte der Bundespolizei-Beamte, nachdem er durch einen kaum merklichen Rundblick sichergestellt hatte, dass sie außer Hörweite von Passagieren und Crewmitgliedern waren. «Jetzt weiß ich nur, dass Verdacht auf einen Erreger besteht, der Sicherheitsmaßnahmen der Klasse 2 bis 4 erfordert. Was auch immer das bedeutet. Jedenfalls hat das die Frau vom Tropeninstitut vorhin an ihre Abteilung durchgegeben.»
«Okay», sagte Kristina Ehlers. «Wir haben in Eppendorf Sicherheitslaboratorien bis Klasse 2 , nachgerüstet maximal Klasse 3 . Das erklärt, warum das Tropeninstitut hier mit an Bord ist. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass hier wirklich ein Biohazard Stufe 4 vorliegt, ist verschwindend gering. Sind Sie sicher, dass ich nicht vielleicht doch …? Ich frage mich, wie die Gesundheitsbehörde das einschätzen wird, wenn jemandem vom Uniklinikum hier der Zugang verwehrt wird.»
Danowski, dem der Bundespolizei-Beamte ein weißes Paket in durchsichtiger Plastikhülle gereicht hatte, registrierte, dass ihre Augen sich leicht verengt hatten und dass in ihrer Stimme trotz aller Beharrlichkeit ein uncharakteristischer Anflug von Sorge und aufkeimender Furcht lag. Der Bundespolizei-Beamte schien verwirrt davon, dass diese Frau unbedingt an Bord eines Schiffes wollte, das alle anderen am liebsten verlassen hätten.
«Moment mal.» Danowski war alarmiert. «Heißt das, das hier ist gefährlich?»
Sie zögerte einen Moment zu lange. «Schön den Schutzanzug anziehen», sagte sie dann und zeigte auf das weiße Paket. «Und das mit dem gemeinsamen Kochen verschieben wir auf ein andermal.»
Danowski roch die klimatisierte Luft im Schiffsinneren und sehnte sich danach, draußen am Auto zu lehnen und nichts zu tun.
«Danke fürs Mitnehmen», sagte er düster zu Finzi.
«Kein Problem. Ich warte draußen auf dich.»
«Das Hospital ist auf Deck 6 , die Kollegen haben den Gang dahin abgesperrt», informierte sie der Bundespolizei-Beamte. «Ich würde Sie bitten, den Schutzanzug erst dahinten anzuziehen, wo Sie keiner mehr sehen kann. Könnte sonst unruhig werden hier.»
Danowski durchquerte die Lobby, an einer Reihe von Beamten vorbei, wobei er den dicken Teppich unter seinen Füßen als vage tröstlich empfand. Sein Blick suchte die rothaarige junge Frau, die geweint hatte, um sich an ihr festzuhalten. Beiläufig, aber enttäuscht stellte Danowski fest, dass sie verschwunden war. Stattdessen sah er, dass am Ende des Ganges eine Gestalt in einem weißen Schutzanzug stand. Die Luft an Bord roch nach synthetischer Aprikose.
Dann vibrierte sein Telefon. Er blieb stehen, wo er durch ein Fenster auf den Anleger sehen konnte. Der schwarze BMW schien ihm unerreichbar fern. Es war Leslie. Und er war ein Idiot.
«Adam?»
«Ja. Mist. Es tut mir leid.»
«Ich sitze hier seit einer Stunde und mache mir …»
«Ich weiß. Ich weiß. Es ist was dazwischengekommen. Ich wollte dich gleich anrufen.»
«Das ist nicht dein Ernst. Kannst du dir vorstellen …»
«Es tut mir leid.»
«Und?»
«Es ist alles in Ordnung. Also, so gut wie.»
«Was soll das heißen, so gut wie?»
«Ich bin nicht krank oder so.»
«Aber es ist trotzdem nicht alles in Ordnung? Sag mal, spinnst du, mich nicht anzurufen?»
«Hör zu, ich kann jetzt hier nicht so gut reden.»
«Wo bist du denn?»
«Ich … ich bin auf einem Schiff.»
«Wieso das denn?»
«Wie gesagt, es ist was dazwischengekommen.»
«Und was?»
«Eine Sache.» Er hörte, wie Leslie die
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