Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser
konsequenter Erziehungsstil beider Eltern, eine positiv erlebte Beziehung zum getrennt lebenden Elternteil, zu den Geschwistern und zu den Großeltern. Das Kind braucht die Möglichkeit, den Verlust des Zusammenlebens mit beiden Eltern zu betrauern und wütend zu sein. Es braucht die innere Erlaubnis, trotz der Trennung beide Eltern lieben zu dürfen.
Kinder, die einen guten und regelmäßigen Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil haben, sehen diesen als zur Familie gehörend und sind weniger auffällig. Wichtiger als die Quantität des Kontaktes zum getrennt lebenden Elternteil ist die Qualität der Beziehung. Ein konsequentes Erziehungsverhalten mit Regeln und entsprechenden Kontrollen sowie hoher Zuwendung und Unterstützung zählt mehr für die Entwicklung des Kindes als die Zahl der Besuchskontakte. Grundsätzlich gilt es als günstig, wenn Kinder in der gewohnten Umgebung mit Schulbesuch und allen sozialen Kontakten bleiben können. Kontinuität in außerfamilialen Bezügen gibt den Kindern Halt und Sicherheit. Kinder bewältigen die Scheidungihrer Eltern unterschiedlich. Resiliente (widerstandsfähige) Kinder verhalten sich der neuen Lebenssituation gegenüber aktiv. Sie haben die innere Gewissheit, dass sie geliebt und wertgeschätzt werden, das heißt, sie haben eine positive Selbsteinschätzung. Diese Kinder kennen ihre Stärken und Schwächen und wissen, was sie sich zutrauen können und was nicht. Sie versuchen zunächst, selbst Lösungen zu finden, und holen sich nach Bedarf Hilfe. Grundsätzlich zeigt sich, dass Kinder, die vor der elterlichen Trennung psychisch stabil waren, auch hinterher stressresistenter sind und bessere Anpassungsleistungen in der veränderten Lebenssituation aufweisen. Das bedeutet, dass die nicht stabilen Kinder in der Trennungssituation einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen und oft therapeutische Hilfe benötigen.
Auch bei einer sogenannten »parallelen Elternschaft« bei fortlaufender gegenseitiger Ablehnung der Ex-Partner, aber separat positiver Zuwendung und verlässlichem Kontakt, haben Trennungskinder vergleichsweise gute Entwicklungschancen. Als günstig gelten jedoch Familienkonstellationen, in denen die Eltern in der Erziehung kooperieren. In diesen Trennungsfamilien bleiben beide Eltern nach der Scheidung in hohem Maße mit den Kindern verbunden und haben auch zueinander eine distanzierte, aber positiv getönte Beziehung, ohne die veränderte und getrennte Beziehungssituation zu leugnen. Damit vergrößert sich die Chance für die Kinder, vor Loyalitätskonflikten und einseitigen Allianzen bewahrt zu werden.
▶▶ Beispiel: Lieber bleib ich klein
Anna, fünf Jahre alt, reagiert auf die Trennung der Eltern unauffällig bis gar nicht. Sie hat sich daran gewöhnt, dass ihr Vater abends angetrunken von der Arbeit heimkommt und vor dem Fernseher einschläft. Wenn die Mutter es erlaubt, kuschelt sie sich in den Arm des Vaters. Ansonsten schläft Anna im Bett des Vaters, damit der Vater auf dem Sofa die Nacht verbringt und die Mutter nicht stört. Die abendlichen Auseinandersetzungen der Eltern behindern Anna oft beim Einschlafen. Annas Mutter kommt nach langem Ringen zu dem Entschluss, sich bis zum Schulanfangihrer Tochter von ihrem Mann zu trennen. Als Anna mit ihrer Mutter verreist ist, zieht der Vater aus und geht zurück ins Haus seiner alten Eltern. Anna scheint den Vater nicht zu vermissen und freut sich auf den Schulanfang. Da der Vater mittlerweile aufgrund seines Alkoholproblems seine Arbeit verloren hat, will die Mutter den Besuchskontakt zum Vater mithilfe des Gerichts aussetzen lassen, bis er sich therapeutische Hilfe holt. Am ersten Schultag fragt Anna, ob der Papa kommt. Die Mutter verneint es, und wieder scheint es Anna nichts auszumachen. Am zweiten Schultag klagt Anna über Bauchschmerzen und will nicht mehr in die Schule gehen.
CHECKLISTE ZU KLÄRENDER ELTERNFRAGEN
Wann und wie erklären wir unseren Kindern die Trennung?
Wie können wir als Eltern konstruktiv im Kontakt bleiben, obwohl wir nichts mehr voneinander wissen wollen?
Was wird sich für unsere Kinder verändern und was nicht?
Wie können wir unseren Kindern helfen, die notwendigen Veränderungen zu bewältigen?
Welchen Kontakt sollten unsere Kinder zu neuen Partnern haben, welchen nicht?
Welche Unterstützungssysteme könnten hilfreich sein?
Wie regeln wir die Umgangsfragen?
Wie erschaffen wir für unsere Kinder an zwei Orten ein Zuhause?
Wie wichtig ist der Erhalt der Beziehungen
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