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Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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großflächige, bräunlich getönte Scheibe. Oberhalb und unterhalb fiel etwas Licht nach draußen. Von innen hörte Stephan ein undeutliches Stimmengewirr, dazwischen auch kurzes Gelächter. Frodeleits Gäste, dachte er. Stephan drückte die Klingel und wartete. Es tat sich nichts. Er klingelte wieder. Innen wurde laut gelacht. Er griff zu seinem Handy. Frodeleits Nummer war ihm nicht bekannt. Er fragte die Telefonauskunft, doch Frodeleits waren dort nicht registriert. Das Stimmengewirr schwoll von der Seite her an, so, als hätte jemand dort ein Fenster geöffnet. »Wir müssen die Sträucher nachschneiden«, hörte er Frodeleit heraus. Es war, als ob Bierflaschen in einen Kasten fielen. Dann wurde wieder gelacht. Stephan klingelte ein letztes Mal, dann ging er zur Straße zurück und hielt sich links, entlang einer kleinen Hecke, die das Grundstück einfriedete. Die Hecke führte im rechten Winkel von der Straße weg, von einem Pfad begleitet auf den hinteren Grundstücksteil. Stephan ging weiter. Links führte eine Außentreppe in den Keller.
    Dann stand er auf der geräumigen Terrasse. Die Stimmen und das Gelächter waren unverändert laut, doch er sah niemanden. Er stolperte über einige herumliegende Holzscheite, die offenbar für den Kamin bestimmt waren. Stephan blieb irritiert stehen. Eine große Panoramascheibe links und eine Schiebetür einige Meter vor ihm, die rechtwinklig zum Fenster stand, schlossen die Terrasse ein, die von dem Flachdach überragt wurde. Hinter der Schiebetür und hinter dem Fenster hingen ebenfalls Vorhänge. Woher kamen die Stimmen? Jetzt hörte er sie noch deutlicher als auf der Straße. Stephan sah sich unsicher um. Zur Gartenseite hin sah er eine dunkle Wand aus hohem, dichtem Gebüsch, davor eine kleine Rasenfläche, die im Mondlicht bleich schimmerte. Er hörte ein Klopfen an der Scheibe. Erschrocken wandte er sich um und suchte die großflächige Scheibe ab. Hinten, kurz vor der angewinkelten Schiebetür, fiel ein schmaler Lichtstreif nach draußen. Der Vorhang bewegte sich etwas. Stephan sah, dass die Tür nicht ganz geschlossen war. Er schlich dorthin, fasste an den Türgriff, schob die Tür und dann den Vorhang etwas zur Seite. Vor ihm stand ein gedeckter Tisch. Eine Kerze auf einem langstieligen Ständer schob sich in seinen Blick, daneben eine Schüssel mit buntem Salat. Der Tisch war feierlich gedeckt, eine große weiße Decke fiel bis zum Boden.
    »Hallo?«
    Er wagte keinen Schritt nach vorn. Die Stimmen schienen nicht aus dem Wohnzimmer zu kommen, vor dem er stand. Links hinten konnte er die Diele sehen. Musste dort nicht die Wohnungstür sein, an der er vergeblich geklingelt hatte? Er öffnete die Tür etwas weiter. Da war noch ein anderes Geräusch. Es klagte gegen die heiteren Stimmen an. Wieder einige Lachsalven, aber das andere Geräusch stach dazwischen. Es kam woanders her, vom Tisch. Stephans Blicke irrten suchend umher. Die Kerzenflamme flackerte. Ein Luftzug strich ihn von hinten. Er wich zurück, wandte sich um, doch indem er es tat, fiel ein Stuhl an der gegenüberliegenden Seite des Tisches um. Das Tischtuch glitt ein Stück nach hinten weg; es schien, als würde es von einem Strudel verschluckt. Die Kerze fiel um und das Besteck klirrte. Stephan beugte sich im Reflex über den Tisch. Die Hand, die sich ihm entgegenstreckte, war blutig. Stephan schrie auf. Verena lag gekrümmt auf dem Teppich hinter dem Tisch. Ihr Pullover war von Blut durchtränkt, das Gesicht zur Fratze verzerrt.
    »Frau Frodeleit!«
    Sie röchelte, die Hand fiel schlaff zurück. Stephan griff zitternd nach seinem Handy, doch bevor er es fassen konnte, merkte er den Schatten, der von hinten auf den Tisch fiel. Stephan griff intuitiv auf den Tisch, erfasste wie ein Automat ein Messer und umgriff es zittrig, so gut er konnte.
    Frodeleit grinste. Er hatte eine Waffe in der Hand. »Auf Sie ist Verlass! Sie sind pünktlich. Ich mag diese Tugenden – und zugleich hasse ich sie. – Kennen Sie das? Tugenden haben den Muff der biederen Verlässlichkeit – man schätzt sie und zugleich bekennt man sich nicht offen zu ihnen.«
    Er bedeutete Stephan mit einer Handbewegung, zur Seite zu gehen. Stephan hielt verkrampft das Messer.
    »Es steht Ihnen nicht, Herr Knobel! Los, setzen Sie sich.«
    Er deutete auf die Sitzecke hinter der Panoramascheibe.
    »Los, legen Sie das Messer und Ihr Handy auf den Tisch!« Er fuchtelte mit der Waffe.
    Stephan tat mechanisch, was er wollte. »Ihre Frau

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