Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tribunal

Tribunal

Titel: Tribunal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
Vom Netzwerk:
legte die Stirn in Falten. »Das müssen Sie mir erklären, Kollege Knobel.«
    »Sie haben ihr eine vermeintliche Stellenzusage geschickt und diese dann wieder aus der Wohnung geholt. Dass Marie sich bewirbt, wussten Sie aus unserem ersten Gespräch mit Büllesbach. Da hat Löffke es erwähnt. Es ist mir erst jetzt wieder eingefallen. Und einen Briefbogen der Bezirksregierung Arnsberg zu besorgen, dürfte für Sie nicht schwer sein. Irgendwo in Ihrem Justizpalast in Hamm finden sich auch Briefe der Bezirksregierung, deren Briefbogen Sie herauskopiert haben.« Stephan nickte. »Ja, ich bin mir sicher, Sie waren auch gestern Abend in ihrer Wohnung. Ich weiß es.«
    »Was wollen Sie denn eigentlich wissen, Herr Knobel?«
    Stephan schwieg.
    »Sie können nur bluffen, weil Sie es nicht wissen können, Herr Knobel. Sie sind einer gefährlichen Idee aufgesessen.«
    Frodeleit betrachtete nachdenklich seine Waffe.
    »Es ist ein Erbstück meines Vaters, wissen Sie. Nichts Besonderes, aber tauglich. Als Richter sollte man so etwas im Haus haben. Selbstverständlich mit Waffenschein. Den habe ich. – Also, Herr Knobel! Ich werde Sie, glaube ich, nicht erschießen, aber ich will den Vorfall aktenkundig haben. Ich will dokumentiert haben, dass Sie hier eingedrungen sind. Rufen Sie Ihren Anwalt an! Holen Sie Löffke hinzu!«
    Er stand auf, holte Stephans Handy, reichte es ihm und blieb mit der Waffe neben ihm stehen.
    »Wir klären das, Herr Knobel! Holen Sie Löffke und niemand anderen!«
    Stephan drückte die entsprechende Kurzwahltaste. Nach dem Gespräch nahm ihm Frodeleit das Handy wieder ab.

18.
    Löffke erschien wenige Minuten später. Er trug Hose und Jackett und eine kleine Mappe, setzte sich unaufgefordert und zündete sich eine Zigarette an. Frodeleit schenkte sich einen Whisky ein. »Sie auch, Knobel?« Er hielt noch immer seine Waffe in der Hand.
    Jetzt begriff Stephan. »Sie sind noch immer Freunde«, sagte er.
    »Warum auch nicht?«, erwiderte Frodeleit.
    »Sie gehören alle zusammen: Sie beide, Dörthe und Verena.«
    Löffke schüttelte den Kopf. »Dörthe weiß nichts. Sie denkt wirklich, wir hätten keinen Kontakt mehr zueinander, aber das musste so sein. Mir war doch klar, dass Sie sie fragen würden, Kollege Knobel! Manchmal ist es so leicht, Sie zu lenken. Man serviere nur ein einziges Mal Nussecken statt Fleischwurst und schon erforschen Sie, ob unsere Ehe in die Brüche gegangen oder sonst etwas nicht in Ordnung ist. Dörthe ist glaubwürdig und eine liebenswerte Frau. Ich versichere Ihnen: Das ist das erste Mal, dass ich ihr etwas vorgemacht habe. Es ging nicht anders.«
    »Warum nur?« Stephan rutschte tiefer in den Sessel. »Sie beide haben zusammengewirkt. Sie sind der zweite Mann, Löffke! Wir haben Sie nur ausgeschieden, weil wir Dörthe geglaubt haben.«
    »Na, sehen Sie!« Löffke lachte auf.
    »Was sollten die Übergriffe auf Marie? Sie waren doch in ihrer Wohnung, Frodeleit, auch gestern Abend.«
    »Ich möchte wirklich wissen, wie Sie darauf kommen, Herr Knobel!«, sagte Frodeleit; er wirkte amüsiert.
    Stephan blickte abwechselnd zu Löffke und zu Frodeleit.
    »Keine Sorge, wir werden Sie nicht erschießen«, lächelte Frodeleit. »Aber wir werden heute hier einen Pakt besiegeln. Wie Sie wissen, bestreite ich ohnehin, der Geist aus der U-Bahn und der Eindringling in Marie Schwarz’ Wohnung zu sein. Sie können also unbesehen Ihre Vermutung zu belegen versuchen, Herr Knobel!« Er sah aufmunternd zu Stephan. Die Waffe wirkte wie ein Spielzeug in seiner Hand.
    »Sie haben das Fenster geöffnet, Herr Frodeleit – oder vielleicht auch Sie, Herr Löffke. Wer war es?«
    Beide blickten ihn erwartungsvoll an.
    »Nun, Herr Knobel?«, setzte Frodeleit nach.
    »Marie hatte mich angerufen, weil das Fenster geöffnet war«, sagte Stephan. »Zu diesem Zeitpunkt war ich gerade ein paar Minuten weg. Ich habe ihr gesagt, dass ich es geöffnet hatte. Als ich einige Stunden später wiederkam, stand das Fenster offen, aber es muss zwischendurch geschlossen gewesen sein. Denn es war noch recht warm im Raum, obwohl ein kalter Wind hineinblies. Und es waren trotz des starken Windes nur zwei Blätter vom Schreibtisch geweht worden. Das Fenster muss also erst kurz vorher ein zweites Mal geöffnet worden sein. Marie wird es nach unserem Telefonat geschlossen haben, aber sie hat es nicht später wieder geöffnet. Abgesehen davon, dass sie dies aus Angst nicht getan hätte, war sie viel zu betrunken, um aufzustehen und

Weitere Kostenlose Bücher