Trieb: Paul Kalkbrenner ermittelt. Bd. 3 (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
angezeigt: Auf dem Desktop herrschte ein wildes Durcheinander an Ordnern und Dateien, das zu dem Bild passte, das Kalkbrenner von Sackowitz’ Persönlichkeit gewonnen hatte.
Den Zettel mit dem Dateipfad, der zu den erwähnten Fotos und Videos führte, den Schöffel an den Rechner geklebt hatte, beachtete Kalkbrenner nicht. Stattdessen klickte er sich selbstständig durch die Ordner und stieß auf eine große Anzahl von Artikeln, die der Reporter selbst verfasst hatte. Sogar ein Bericht über Kalkbrenner war darunter, in dem einige Fälle nachgezeichnet wurden, die der Ermittler erfolgreich gelöst hatte. Sackowitz hatte den Artikel im letzten Sommer begonnen, war aber offenbar nie zu einem Ende gekommen.
»Ich wusste gar nicht, dass du so prominent bist«, witzelte Muth.
»Ist mir auch neu.«
»Weißt du, warum Sackowitz den Text geschrieben hat?«
»Er ist Polizeireporter. Ich denke, er wollte sich bei mir einschleimen, um auf diese Weise einen direkten Draht zu mir und eventuellen Infos von zukünftigen Ermittlungen zu bekommen.«
»Klingt gar nicht so dumm.«
»Klingt nach Sackowitz.« Kalkbrenners Kiefer mahlten ununterbrochen schmatzend auf dem Kaugummi herum. Er aktivierte Spotlight, eine Suchfunktion speziell für Macs, welche die komplette Festplatte inklusive aller Dateiinhalte nach bestimmten Begriffen durchforstete. Als Kalkbrenner den Namen »Fielmeister« eingab, öffnete sich ein halbes Dutzend Dateien: allesamt Berichte, die Sackowitz seit Bekanntwerden des Mordes an dem Unternehmer veröffentlicht hatte.
Unter »Radomski«
wurden ungleich mehr Einträge gefunden, die allerdings zumeist nur aus Stichwörtern bestanden. Manche sollten wohl einen Zusammenhang zum Tod Jan-Sönken Schulzes herstellen, ohne dass sie jedoch genaue Details lieferten, welche die Verbindung hätten bestätigen können. Auch einen Hinweis auf die ermordeten Kinder enthielten sie nicht.
Dafür entdeckte Kalkbrenner in den biografischen Daten Radomskis den Vermerk zu dessen politischem Fachgebiet. Die Kollegen aus Grünau hatten es bereits am Samstag erwähnt, dennoch regte sich Unwohlsein, als Kalkbrenner die Bezeichnung las: »Bildungs- und Schulpolitik.«
»Da bekommt Radomskis Arbeit gleich eine ganz neue Bedeutung«, äußerte Muth voller Abscheu.
Kalkbrenner tippte »Manuel«
in die Suchmaschine ein. »Kein Objekt gefunden.« Auch mit »Gregori«
konnte der Rechner nichts anfangen. Dann folgte Kalkbrenner Schöffels Pfadangabe, woraufhin sich ein Ordner mit Bildern öffnete.
»O … mein … Gott«, stammelte Rita.
Muth presste die Lippen aufeinander. Kalkbrenner verschluckte seinen Kaugummi.
»Das kann ich mir nicht ansehen.« Rita verließ den Raum.
Kalkbrenner war drauf und dran, ihr zu folgen, überwand sich aber und klickte sich durch den Dreck, bis er endlich Manuel und Gregori auf den Fotos entdeckte. Die beiden Jungs standen nackt in einem Zimmer, das mit seinen weißen Fliesen und den ebenso hellen Wänden einem OP-Saal nicht unähnlich war. Etwas verloren stand in der Mitte des Raumes ein Sofa, auf dem sich die Kinder in übertrieben lasziver Pose räkelten. Der Anblick war abstoßend und widerwärtig. Den Dateinamen nach schien es auch mehrere Videos mit den Jungs zu geben, aber die wollte sich Kalkbrenner vorerst ersparen.
»Aber wir müssen uns das noch ansehen, oder?«, fragte Muth mit belegter Stimme.
»Wenn wir erfahren wollen, was geschehen ist, dann ja.«
Natürlich wussten sie schon längst, was passiert war, aber möglicherweise enthielten die Filmclips Hinweise auf den Ort des Verbrechens – oder auf den Täter.
Auf Fielmeister. Radomski. Oder sogar …
»
Paul!« Rita brachte ihm das Telefon, während sie die Muschel mit der Hand abdeckte. »Ein Gespräch für dich.«
131
Am anderen Ende der Leitung konnte er aufgeregt tuschelnde Stimmen hören, bevor diese mit einem Mal gedämpft wurden. Eine Hand war auf den Hörer gelegt worden.
Verdammt
,
warum dauert das so lange?
Sackowitz war nahe daran, in das Telefon zu schreien.
Es geht um mein Leben!
»Hat Ihre Exfrau Ihnen ins Gewissen geredet?«, meldete sich der Kommissar ohne Begrüßung.
»Was meinen Sie damit?«
»Sie haben doch gestern Abend bei ihr angerufen, oder nicht?«
Sackowitz schluckte. Woher hatte Kalkbrenner davon erfahren? Hatte Karin ihn verraten? Aber dann hätte sie die Show nicht abziehen müssen.
»Ihre Flucht am Samstag …«, begann Kalkbrenner.
»Ich bin nicht geflohen«, unterbrach ihn
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