Trixie Belden 01 - Trixie Belden und das Geheimnis des Landhauses
nadelübersäte Boden würde seine Schritte verschlucken.
„Warte auf mich!“ rief ihm Trixie nach. „Wenn er dir etwas tun will, kann ich ihm mit irgend etwas über den Kopf schlagen. Bitte, Uli, geh nicht ohne mich!“
„Von mir aus.“ Widerwillig wartete Uli, bis sie ihn eingeholt hatte. „Aber paß auf, daß du auf keinen Zweig trittst oder sonst irgendein Geräusch machst, das ihn warnen könnte. Ich möchte unbedingt sehen, wozu er fähig ist.“
„Ich komme auch mit“, entschloß sich Brigitte auf einmal. „Wenn etwas schiefgeht, kann ich immerhin so laut schreien, daß Reger uns hört.“
Als sie zur Hecke kamen, tauchte Uli als erster in das dichte Gestrüpp. Die beiden Mädchen krochen vorsichtig hinterdrein und wagten kaum zu atmen. Auf der Lichtung vor dem Haus war kein Mensch zu sehen. Plötzlich hörte Trixie leise Schritte auf dem Kies und sah einen dünnen Mann mit hängenden Schultern um die Hausecke biegen.
„Ich habe mich nicht geirrt, es ist Hansen“, flüsterte Uli in Trixies Ohr.
Der Mann versuchte durch eines der Fenster ins Innere des Hauses zu sehen. Als er sich in dem hellen Mondlicht umwandte, konnte Trixie ganz deutlich sein Gesicht sehen. Mit einem leisen Schauer mußte sie sich eingestehen, daß sie noch nie in ihrem Leben ein so bösartiges Gesicht gesehen hatte. Die Lippen waren so schmal, daß sie nicht einmal die gelben, hervorstehenden Zähne bedeckten. In den Augen lag ein hinterhältiges Glitzern. Lange, muskulöse Arme baumelten — wie bei einem Affen — von den breiten, vornüberhängenden Schultern beinahe bis zu den Knien. Und als er sich eine Zigarette anzündete, bemerkte sie mit Schaudern die dicken, knorpligen Finger.
Er schlich sich vorsichtig im Schatten des Hauses weiter, bis er zu dem offenstehenden Wohnzimmerfenster kam. Hier blieb er regungslos stehen. Dann sah er sich forschend nach beiden Seiten um, wobei er genau auf die Stelle starrte, wo sich die drei versteckt hielten. Trixie war ganz sicher, daß sie im nächsten Moment einen Schluckauf bekommen, niesen oder husten würde. Doch endlich schien sich Hansen zu etwas entschlossen zu haben und schwang sich lautlos über das Fensterbrett.
Die glühende Zigarette zeigte ihnen, daß der Mann langsam von Zimmer zu Zimmer ging.
„Mein Becher“, flüsterte Uli verzweifelt. „Er steht mitten auf dem Kaminsims, und die Bibel mit dem Testament liegt daneben! Seine Katzenaugen sehen das bestimmt auch in der Dunkelheit. Er wird alles finden!“
„Warum haben wir auch heute nachmittag vergessen, beides mitzubringen?“ murmelte Trixie ärgerlich über sich selber.
„Psst!“ mahnte Brigitte. „Er hat seine Zigarette ausgelöscht. Jetzt können wir nicht mehr sehen, wo er ist.“
Kurz darauf tauchten die breiten, hängenden Schultern des Mannes wieder in dem offenen Fenster auf. Bevor er hinauskletterte, sah er sich vorsichtig nach allen Seiten um. Dann starrte er lange nachdenklich zu den Fenstern im ersten Stock hinauf. Wahrscheinlich überlegte er, ob er da oben auch noch nachschauen sollte, bevor er wieder abfuhr. Nachdem er sich eine neue Zigarette angezündet und sich noch ein paarmal nach dem alten Landhaus umgesehen hatte, verschwand er langsam über die holprige Einfahrt.
Die drei verharrten regungslos, bis sie das erlösende Motorgeräusch des Autos hörten. Rasch standen sie auf und konnten gerade noch sehen, wie der Wagen davonfuhr.
„Ich werde heute nacht hier oben bleiben und ein wachsames Auge auf das Haus werfen“, erklärte Uli, als sie auf die Lichtung vor dem Haus traten.
„Aber Uli“, wandte Brigitte ein, „was ist, wenn er zurückkommt und dich im Schlaf überrascht?“
„Das wird er nicht“, versicherte ihr Uli. „Ich werde im Sommerhaus schlafen, wenn ich schlafe.“ Er kletterte durchs Fenster und kam mit Taufbecher und Bibel zurück. „Wenigstens hat er das hier nicht mitgenommen. Aber er weiß jetzt, daß ich hier gewohnt habe.“ Er schob die Weinranke zur Seite, die den Zugang zur Veranda versperrte.
Bevor er zum alten Sommerhaus kroch, wandte er sich noch einmal nach den beiden Mädchen um. „Gute Nacht, ihr zwei“, sagte er. „Ihr braucht wirklich keine Angst zu haben. Bei Trixie zu Hause seid ihr vollkommen sicher. Hansen will euch genauso wenig begegnen wie ihr ihm.“
Nur sehr ungern machten sich Trixie und Brigitte den Hügel hinunter auf den Heimweg.
„So eine Schnapsidee, in dem kleinen, stickigen Haus zu übernachten“, schimpfte Trixie.
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