Tropfen im Ozean
endlich verschwinden!“
Heike und ich taumelten mehr nach draußen, als dass wir gingen. Der Film war aus dem Sendeprogramm gelöscht, aber noch im System. Unser Film lag für den Neu-Download daneben.
Mit gemischten Gefühlen saß ich mit Heike wieder auf der kleinen Ledercouch.
„Nun hilft nur noch beten“, sagte ich.
„Wieso, ist doch alles paletti?“ Mit großen Augen sah mich Heike an. „Der neue Film liegt doch auf dem Schreibtisch!“
„Nein, ist es nicht! Ich hab den Film im Papierkorb nicht gefunden und ich hatte keine Gelegenheit, den Namen im Suchfeld einzugeben! Du hast ja gesehen, was da drin los war!“
„Aber sie werden sehen, dass der Film nicht mehr da ist... und das Nächstliegende tun: Die Festplatte anstecken und ihn runterladen!“
„Aber was, wenn sie ihn doch im Papierkorb suchen, weil sie nicht verstehen können, warum er nicht mehr da ist? Was, wenn sie merken, dass auf der Platte ein anderer Film ist, als der, den sie ursprünglich aufgespielt haben?“
Heike stand wie vom Donner gerührt. Und wurde bleich.
„Und es gibt nichts, was wir tun können?“, krächzte sie.
„Willst du noch mal reingehen?“ fragte ich sarkastisch. „Und wir dürfen nicht vergessen, dass J Ersatz hat. Er hat auch noch Exemplare!“
Heike starrte mich an. Und wankte.
„Halt die Augen offen“, sagte ich zu ihr. Heikes Job begann und ich musste zurück, das Kleid übergeben. „Du hast noch eine Kopie in deiner Clutch... halt einfach die Augen offen. Wirklich – jetzt hilft nur noch beten“.
Dann ging ich zurück zum Auto, wo Heikes Kollegin auf mich wartete. Ich schälte mich aus dem Kleid und bedankte mich bei ihr.
„Keine Ursache“, sagte sie. „Und? Hat’s geklappt?“
„Jein“, antwortete ich. „Beide Versionen sind in der Regie – auch die richtige. Ich hoffe, sie verwenden sie“.
Flattrig startete ich den Motor und fuhr zu mir, wo mich alle mit einem hoffnungsvollen Blick erwarteten. Ich setzte mich zu ihnen, erstattete Bericht, erntete wie erwartet betroffenes Schweigen und trank nur Wasser. Erst, wenn alles gut gelaufen wäre, würde ich einen Sekt trinken. Oder zwei. Oder drei. Angespannt drückte ich Florians Hand. Die Menschen in meinem Wohnzimmer sprachen kein Wort. Alle schauten auf den Bildschirm. Und alle beteten.
***
„Noch nie hat ein B-Promi einen solchen Aufruhr verursacht“, sagte die adrette, wie aus dem Ei gepellte Moderatorin. „Noch nie war so ein Hype um ein ... ja... junges Mädchen, das im Grunde nur eines tut: Sich selbst in Szene setzen, aber das nahezu in Perfektion.
Von ihren Eltern will sie nichts mehr wissen, als sie mit dem reichen Jens Lasse in der Glamour-Welt Fuß fasst, nach der Trennung von Lasse war sie liiert mit dem Regisseur Sören Beinke. Ihre Auftritte sind bizarr, weit ab von jeder Norm. Geheimnisse, Mysterien... geradezu akribisch hat sie dieses Image um sich herum aufgebaut. Sie taucht auf und - sie taucht ab. Stets maskiert kennt niemand ihr wahres Gesicht: Wie sieht diese E!Liza, deren bürgerlicher Name ‚Elisabeth Hänsler’ ist, wirklich aus? Doch gerade in letzter Zeit jagen explosive Gerüchte durch Presse und Öffentlichkeit.
Von Sexsendungen ist die Rede, vom Wahn der Selbstdarstellung, der Sucht nach Aufmerksamkeit, die sich bis zur Obsession zu steigern scheint.
E!Liza – ein Phänomen – exklusiv hier bei uns. Sehen Sie einen schonungslosen Aufklärungsfilm über einen B-Promi - gleich nach der Werbung. Bleiben Sie dran“.
Werbung. In meinem Wohnzimmer ist es totenstill. Jeder zählt gequält die Minuten, Sekunden. Dann: Zurück ins Studio. Rob hat die Fernbedienung in der Hand, stellt die Lautstärke hoch.
Nun muss der Film kommen. Aber er kommt nicht. Im Studio sitzt die Talkmasterin und verkündet, dass E!Liza für ein Statement erwartet wird, es aber nicht sicher ist, ob sie nach diesem Film kommen wird. Und dann kündigt sie Ryss an. Und J.
Aufschreie gellen durch den Raum. „J! Oh, Gott! J ist im Studio! Was macht der denn da? Oh, Gott, nein!“
Ich habe beide Hände an meinem Mund. J ist im Studio! Rob fährt instinktiv die Lautstärke runter, meine nächsten Worte fallen wie Gewichte auf den Boden.
„Scheiße!“ flüstere ich. „Scheiße! J hat noch ein Exemplar... Rob, er hat noch ein Exemplar!“
Alles schweigt. Entsetzt sehen wir, wie Ryss herein kommt und es sich selbstgefällig auf den Sessel bequem macht. Js Stuhl ist noch leer.
Mein Handy brummt. Laut
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