Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser
waren jünger als wir“, sagte Carla.
„Was nicht heißt, dass er uns nicht auch eine Chance gegeben hätte“, sagte Tracy.
„Die ihr euch aber habt entgehen lassen?“
„Ich stehe um einiges mehr auf meinen Mann als auf Ash Prince“, sagte Tracy.
„Um einiges mehr“, sagte Carla.
„Studentinnen?“
„Na, und ob“, sagte Tracy.
„Stand er auf irgendeine ganz besonders?“
„Das wechselte von Semester zu Semester“, sagte Tracy. „Aber normalerweise war es immer eine aus seinem Seminar“, sagte Carla.
„Er hat jedes Semester das Seminar ‚Realismus in den Niederlanden‘ gegeben“, sagte Tracy.
„Und da hat er geschaut, welche ihm auf den Leim geht“, sagte Carla. „Er ist so etwas wie eine Legende unter den Studentinnen.“
„Was wird denn jetzt aus seinem Seminar?“
„Alle kriegen ihre Zwischennote als Endnote. Ash war bekannt dafür, wie leicht man bei ihm eine gute Note bekam. Also wird niemand was dagegen haben.“
„Sie wissen nicht zufällig, wer seine gegenwärtige Favoritin war?“
„Keine Ahnung, wie sie heißt“, sagte Tracy. „Aber da war diese große Blonde, die so auf Künstlerin machte. Sie wissen schon. Lange, glatte Haare, hohe Stiefel, zu lange Kaschmirpullis, Designerjeans mit vorgefertigten Löchern. Sie war ganz schön oft bei ihm im Büro.“
„Wo findet das Seminar denn statt?“
„Dienstags von zwei bis fünf, im Haus der schönen Künste“, sagte Carla. „Raum 256.“
„Das haben Sie so einfach parat.“
„Ich habe fast einen ganzen Tag damit zugebracht, eine Vertretung für Ash zu organisieren, als er ermordet worden ist. Es hat sich mir ins Gedächtnis gebrannt.“
Ich gab jeder der beiden meine Visitenkarte.
„Hey“, sagte Tracy. „Sie sind überhaupt kein Cop.“
„Ich arbeite selbständig. Wenn Ihnen irgendwas einfällt, können Sie mich gern anrufen.“
„Ein Privatschnüffler?“, sagte Carla. „Tragen Sie eine Waffe?“
„Das tue ich.“
„Je damit jemanden erschossen?“
„Meistens verschaffe ich mir nur eine Verabredung damit“, sagte ich.
13
Ich ging rüber zur Universitätspolizei und setzte mich mit dem Leiter zusammen, einem großen, gutmütig wirkenden Mann mit kurzen rotblonden Haaren und Hornbrille. Er hieß Crosby.
„Frank Belson meinte, ich sollte mich mal mit Ihnen unterhalten“, sagte er. „Ich habe mit Frank im Streifendienst angefangen. Damals, als wir noch zwei Mann pro Wagen waren, von der alten Zentrale in Brighton aus.“
„Direkt gegenüber vom Saint Elizabeth’s.“
„Richtig. War toll mit den Krankenschwestern damals. Für Frank und für mich. Ging ganz schön hoch her nach Feierabend und manchmal auch während der Schicht.“
„Was wissen Sie über Ashton Prince?“
Crosbys Gesicht wurde ernst, und er saugte kurz die Wangen ein. „Belson meinte, auf Ihr Wort ist Verlass.“
„Ist es, ja.“
„Er und ich sind im Polizeidienst groß geworden, bis ich nach zwanzig Dienstjahren aufgehört habe und hier anfing.“
„Belson hört erst auf, wenn sie ihn in Rente schicken.“ „Keine Frage. Dass Frank große Stücke auf Sie hält, hat für mich einiges Gewicht. Und es geht hier um einen Mord, und der Tote ist einer von uns, auch wenn er ein ziemlicher Flachwichser war.“
„Von denen gibt’s in der akademischen Welt ja eine Menge.“ „Das können Sie laut sagen.“
Ich wartete.
Er saugte wieder an seinen Wangen. „Na schön. Was ich in diesem Zimmer sage, bleibt auch in diesem Zimmer.“
Ich nickte.
„Habe ich Ihr Wort drauf?“
„Ich werde von dem Wissen Gebrauch machen, aber ich werde ohne Ihre Erlaubnis nicht sagen, woher ich es habe.“
„Gut.“ Er lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück und legte die Beine auf den Tisch. Er trug rahmengenähte Schuhe, die von Politur glänzten. „Ist ein leichter Job hier. Die meiste Zeit über trage ich nicht mal eine Waffe. Wir sorgen dafür, dass alle an den vorgesehenen Stellen parken. Wir halten die Kinder davon ab, die Bude abzufackeln, wenn sie einen draufmachen. Wir gehen auf Streife.“
„Um die Marodeure fernzuhalten.“
„So was in der Art. Hier mal eine Vergewaltigung. Dort mal ein Raub. Aber meistens halten wir praktisch nur den Laden in Schuss und, na ja, vertuschen ab und zu was.“
„Vertuschen ab und zu was?“
„Die Universität möchte Skandale vermeiden. Das wurde mir bei der Einstellung eindringlich vermittelt. Es gehört zu meiner Jobbeschreibung, alles zu deckeln, was sich schädlich auf
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