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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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1 Entender
    Sie griffen mich in Dover auf, als ich wieder einreisen wollte. Ich hatte schon irgendwie damit gerechnet, aber trotzdem war es ein Schock, als die Schranke unten blieb. Es ist komisch, wie sich manche Dinge entwickeln. Nachdem ich so weit gekommen war, hatte ich gehofft, dass ich es unbehelligt bis nach Hause schaffen würde. Es wäre schön gewesen, wenn ich meiner Mutter alles hätte erklären können. Bevor sich andere Leute einmischen konnten.
    Es war ein Uhr morgens. Ich hatte Mr. Petersons Wagen vor das Häuschen mit der Aufschrift »Nichts zu verzollen« gefahren, wo ein einzelner Beamter Dienst hatte. Er schaute aus dem Fenster des Zollhäuschens, dabei hatte er sein Gewicht auf die Ellbogen gestützt, die auf der Ablage ruhten, und das Kinn auf die Hände gelegt. Es sah so aus, als würde er ohne den Halt der Holzablage jeden Moment wie ein Sack Kartoffeln zu Boden sinken. Er hatte Nachtschicht – die Friedhofsschicht –, und das bedeutete tödliche Langeweile von Sonnenuntergang bis zum Morgengrauen. Ein paar Herzschläge lang wirkte dieser Zollbeamte, als ob ihm die Willenskraft fehlte, auch nur die Augäpfel zu bewegen und meinen Ausweis zu begutachten. Doch dieser Moment ging vorbei. Sein Blick wanderte, seine Augen weiteten sich. Er bedeutete mir zu warten und sprach in sein Funkgerät. Alle Müdigkeit war von ihm gewichen. In diesem Augenblick wusste ich es. Später fand ich heraus, dass mein Bild an jeden größeren Hafen zwischen Aberdeen und Plymouth geschickt worden war. Die Suchmeldungen im Fernsehen taten ihr Übriges. Ich hatte nicht den Hauch einer Chance.
    An das, was als Nächstes geschah, kann ich mich nur noch verschwommen erinnern, aber ich bemühe mich, die Ereignisse so gut es geht zu beschreiben.
    Die Seitentür des Zollhäuschens schwang auf, und im selben Moment spülte ein Duft von Flieder über mich hinweg, als stünde ich in einem blühenden Garten. Es kam ganz plötzlich, und ich wusste sofort, dass ich mich unbedingt konzentrieren musste, um in der Gegenwart zu bleiben. Im Nachhinein betrachtet, hatte sich ein solcher Vorfall schon eine ganze Weile angekündigt. Man muss bedenken, dass ich mehrere Tage kaum geschlafen hatte, und fehlende Nachtruhe war schon immer ein Auslöser gewesen. Stress ist ein weiterer.
    Ich starrte stur geradeaus und konzentrierte mich. Ich konzentrierte mich auf die Scheibenwischer, die von rechts nach links schwangen. Ich versuchte, meine Atemzüge zu zählen, aber als ich bei fünf angelangt war, wurde mir klar, dass es nicht ausreichte. Alles verschwamm vor meinen Augen; die Zeit verlangsamte sich. Ich hatte keine andere Wahl: Ich drehte die Anlage im Auto voll auf. Händels Messias durchflutete den Wagen; der Chor sang sein Halleluja so laut, dass der Auspuff vibrierte. Ich hatte das nicht geplant. Wenn ich Zeit gehabt hätte, um mich vorzubereiten, hätte ich etwas Einfacheres und Ruhigeres gewählt. Chopins Nocturnes oder eine Cellosuite von Bach vielleicht. Aber seit Zürich hatte ich mich systematisch durch Mr. Petersons CD-Kollektion gearbeitet, und es war reiner Zufall, dass genau in diesem Moment der Chor das Halleluja aus Händels Messias schmetterte. Als würde das Schicksal mir eine lange Nase zeigen. Natürlich gereichte mir dieser Umstand später nicht zum Vorteil. Der Zollbeamte erstattete der Polizei einen ausführlichen Bericht, in dem er behauptete, dass ich mich lange Zeit der Festnahme verweigert hätte, dass ich einfach nur »dasaß und in die Nacht starrte, während diese religiöse Musik auf voller Lautstärke dröhnte. Er sah aus wie der Engel des Todes oder so etwas Ähnliches.« Vermutlich haben Sie dieses Zitat schon gelesen. Es stand in allen Zeitungen. Die lieben solche saftigen Details. Aber Sie müssen verstehen, dass ich zu dem Zeitpunkt einfach keine andere Wahl hatte. Ich konnte den Zollbeamten am Rande meines Blickfelds wahrnehmen, wie er mit krummem Rücken in seiner gelben Signalweste neben meinem Fenster stand, aber ich zwang mich, ihn zu ignorieren. Er leuchtete mit seiner Taschenlampe in meine Augen, aber auch das ignorierte ich. Ich starrte nur geradeaus und konzentrierte mich auf die Musik. Das war mein Anker. Der Flieder war immer noch da und tat sein Möglichstes, um mich abzulenken. Die Alpen schoben sich in meinen Sinn – zerklüftete, mit Eis bekränzte Erinnerungen, so spitz wie Nadeln. Ich wickelte sie in Musik ein. Ich redete mir ein, dass es nichts gäbe außer der Musik – rein gar

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