Truthahn um zwölf
Tantchen, was haben Sie vor? Haben Sie Caleb etwa bei sich aufgenommen?«
Sie mußte wider Willen lachen. »Sie meinen, was hat Tony vor? Das Mädchen ist wirklich eine Gefahr für die Allgemeinheit. Nachdem sie Edith erfolgreich verheiratet hat, konzentriert sie sich jetzt auf Caleb.»
»Ich hoffe bloß, sie hat Ihnen nicht diesen hilflosen, alten Mann aufgehalst. Er ist doch für Sie nur eine Last, aber keine Hilfe.«
»Sie sind voreingenommen, Susan. Nur weil er auf der Hochzeit Vanilleeis verkleckert hat — und wie schlecht hat sich diese junge Frau benommen — und weil er eine armselige kleine Farm nicht führen kann, muß er doch nicht auch beim Heben von schweren Kisten und Abwiegen von Sachen ungeschickt sein. Er kann auch das Telefon bedienen und Bestellungen annehmen, wenn die Leute langsam genug sprechen — ein Haufen lästiger Arbeiten, für die Tony und ich keine Zeit mehr haben, seit Edith weg ist. Natürlich hat Mick die besten Vorsätze, aber dabei bleibt es auch oft. Caleb ist uns eine große Hilfe.«
»Soll das heißen, daß Sie ihn anstellen? Wo soll er wohnen?«
»Hinter dem Supermarkt ist Ediths Wohnung, und er hält alles außerordentlich sauber. Fest anstellen? Ich weiß nicht recht, aber ich hab’ das Gefühl, er ist es schon.«
»Da haben Sie sich was Schönes eingebrockt! Tantchen, ich hätte Tony nie herschicken sollen. Sie zieht Sie in alles mögliche hinein. Sie steckt ihre Nase immer in die Angelegenheiten anderer Leute.«
»Was sind denn ihre eigenen Angelegenheiten — oder meine? Steht da nicht etwas in der Bibel von einer Pflicht gegen den Nächsten? Tony scheint das ernster zu nehmen als wir alle. Sie kümmert sich wirklich um ihren Nächsten.«
»Das ist gut, solange sie Ihnen nicht ihre Schützlinge aufhalst. Ja, sie sorgt sicherlich für andere. Ich möchte wissen, warum. Peter Anstruther sagte bei der Hochzeit zu mir, mit neunzehn sei man nicht selbstlos — und das stimmt.«
»Wenn die neunzehn Jahre schon fast vorbei sind und sehr unglücklich waren, dann lernt man, über anderer Leute Nöte nachzudenken. Nein, Susan, machen Sie sich keine Sorgen. Tony macht mir Freude und zieht mich in nichts hinein. Ich bin alt genug, um auf mich selbst aufzupassen, und fühle mich nicht mit solcher Leidenschaft für die ganze Welt verantwortlich wie dieses Mädchen. Caleb wird uns eine Hilfe sein. Natürlich wird er Fehler machen und Sachen fallen lassen, aber wir sind nicht alle Ursula Maitlands, und wir werden dafür sorgen, daß er immer etwas zu tun hat und zufrieden ist. Das Allerwichtigste ist: Er ist absolut ehrlich — und sauber.«
Tony erzählte mir die ganze Geschichte auf der Heimfahrt. Sie freute sich sehr darüber.
»Weißt du, Susan, Trilby war an allem schuld. Ich meine damit, wenn ich nicht ihre Zwillinge hätte sehen wollen — und sie sind ganz gleich und schrecklich süß — hätte ich gar nichts von der Geschichte gemerkt, und Caleb wäre einfach verschwunden.«
»Was gemerkt?«
»Daß er von seiner Farm geflogen war und seine armseligen paar Sachen gepackt hatte, und daß er und sein Kater verschwunden wären, sobald Ted und Edith heimkamen. Stell dir nur vor, bloß mit einer Katze und einem kleinen Koffer.«
»Was ist mit dem Fischernetz passiert?« war meine erste Reaktion.
»Er hat es dem Mann verkauft, der die Schweine genommen hat. Der hat eine Hütte an der Bucht. Was er für die Schweine und das Netz bekam und was Ted ihm zahlte, war all sein Bargeld. Er und sein Kater wollten zusammen weggehen. Er wußte nicht, wohin. Das klingt romantisch, findest du nicht auch?«
»Vielleicht, wenn man noch sein ganzes Leben vor sich hat, aber Caleb ist alt und wußte nicht, wohin er gehen sollte. Der arme alte Mann. Vermutlich bist du heimgestürzt und hast alles Miss Adams erzählt und sie überredet, ihn zu sich zu nehmen? Wirklich, Tony, du darfst nicht länger anderen Leuten solche Sachen aufhalsen. Erst die Hochzeit und Teds Auto, dann die Hochzeitsreise und das Fest beim Colonel, und jetzt Caleb.«
»Du bist nicht ganz gerecht, Susan. Für Ted ist es höchste Zeit gewesen, sich ein neues Auto zu kaufen. So was kann er sich leisten, und die ganze Wirkung wäre beim Teufel gewesen, wenn sie in der scheußlichen alten Karre weggefahren wären. Man hat ihn nur erst auf die Idee bringen müssen, genau wie mit der Hochzeitsreise. Und das Fest hat der Colonel selbst angeboten.«
»Nachdem du es ihm recht deutlich nahegelegt hattest. Niemand hätte
Weitere Kostenlose Bücher